Das geheime Leben der CeeCee Wilkes
gut mit Kindern umgehen.”
“Und wie soll ich unseren Freunden und Nachbarn ein neues Kind erklären?”
“Ich bin erst
sechzehn.”
“Eine Menge Sechzehnjährige haben Kinder.”
CeeCee blickte auf den Säugling in ihren Armen. Friedlich nuckelte die Kleine an dem Fläschchen und blinzelte mit ihren dunkelgrauen Augen. Was hatte ihre eigene Mutter gefühlt, als sie ihr Kind in den Armen hielt und zum ersten Mal fütterte? Hatte sie jemals darüber nachgedacht, es wegzugeben?
“Meine Mutter war auch sechzehn”, gestand CeeCee.
“Na siehst du”, sagte Naomi.
15. KAPITEL
V ersprich mir, dass du diese Briefe behältst. Vielleicht wirst du sie als junges Mädchen nicht besonders zu schätzen wissen. Am Ende findest du sie sogar dumm. Aber wenn du älter bist, dann wirst du froh sein, etwas von mir zu haben. Zumindest hoffe ich das.
Irgendwie war es schön, neben einem Baby zu schlafen. Und das, obwohl CeeCee die Vorstellung zuerst sogar schrecklich gefunden hatte. “Was ist, wenn ich mich aus Versehen umdrehe und auf sie lege?”, hatte sie zu Naomi gesagt. “Ich könnte sie erdrücken.”
“Keine Sorge”, meinte Naomi nur. “Es wird für euch beide gut sein.”
In der zweiten Nacht fragte sich CeeCee, ob Naomi ihr dazu geraten hatte, damit sich zwischen ihr und dem Kind eine intensivere Beziehung entwickelte. Falls ja, funktionierte es gut. Zwar schlief sie nicht viel, weil das Baby so häufig Hunger hatte und unglaublich oft gewickelt werden musste. Aber jedes Mal, wenn sie es in den Arm nahm, sein wackliges kleines Köpfchen hielt und sein rotes Haar küsste, war sie von diesem leichten, köstlichen Duft geradezu berauscht.
Dahlia war überglücklich, CeeCee zu sehen, und noch glücklicher, als sie das Baby entdeckte.
“Wie heißt sie?” Dahlia stützte sich auf der Armlehne des Schaukelstuhls ab und beobachtete CeeCee beim Füttern.
“Also …” CeeCee warf Naomi einen fragenden Blick zu.
“Gänseblümchen”, sagte Naomi.
Dahlia lachte. “Das ist ein blöder Name.”
“Warum meinst du denn das? Ein Gänseblümchen ist eine Blume genauso wie Dahlia.”
“Echt? Und welche ist hübscher?”
“Sie sind völlig unterschiedlich”, erklärte Naomi.
Dahlia kicherte. Dann berührte sie vorsichtig den Rücken des Babys. “War sie in deinem Bauch?”, fragte sie CeeCee.
Wieder blickte CeeCee Naomi Hilfe suchend an.
“Ja, war sie”, sagte Naomi.
Dahlia musterte das Baby interessiert. “Jetzt hast du selbst eine Puppe, die Pipi machen kann.”
Sie hatte nicht die geringste Ahnung, wie die Verhandlungen mit dem Gouverneur verliefen. Naomi und Forrest besaßen keinen Fernseher, nur ein kleines Transistorradio, über das ausschließlich ein christlicher Sender empfangen werden konnte, mehr nicht.
Sie flehte Naomi an, mit Tim sprechen zu dürfen. War er noch in Jacksonville? Oder war er bereits untergetaucht?
“Es wäre zu gefährlich, ihn von uns aus anzurufen”, sagte Naomi, während sie einen Berg Windeln in ihre alte, grüne Waschmaschine stopfte. “Ich habe ihn nur ein einziges Mal angerufen, weil ich keine andere Wahl hatte.”
CeeCee zog ein Handtuch aus dem Trockner, faltete es zusammen und legte es in den Wäschekorb. “Gib mir die Nummer. Dann kann ich zu einer Telefonzelle fahren”, schlug sie vor.
“Du darfst das Haus nicht verlassen.” Naomi stellte die Waschmaschine an. “Vergiss ihn, CeeCee. Lass ihn gehen. Er hat genug eigene Probleme, und auch wenn du es nicht einsiehst, du auch.”
“Das weiß ich”, entgegnete CeeCee ein wenig genervt.
“Dann benimm dich entsprechend. Konzentrier dich auf deine Zukunft, nicht auf deine Vergangenheit.”
“Was für eine Zukunft denn? Ich habe doch keine. Wo soll ich hin? Was soll ich tun?”
“Jetzt klingst du wirklich wie ein hysterischer Teenager. Wir lassen uns schon was einfallen, reg dich ab.”
“Was soll das nun wieder bedeuten?”
“Wir haben ein paar Möglichkeiten und überlegen momentan, welche die beste ist. Ich werde dir erst davon erzählen, wenn wir alles geregelt haben.”
“Was meinst du mit Möglichkeiten?”
“Orte, wo du leben kannst. Ein neues Leben. Eine
Zukunft.
Keine Sorge, du bekommst eine.”
Mit Naomi zu streiten war sinnlos. CeeCee musste abwarten und legte schweigend die Wäsche zusammen.
Sie kannte das Gefühl, ein völlig neues Leben beginnen zu müssen, ohne vorher gefragt worden zu sein. Damals hatte sie alles verloren, was ihr wichtig war, die Zukunft hatte sich vor
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