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Das geheime Leben der CeeCee Wilkes

Das geheime Leben der CeeCee Wilkes

Titel: Das geheime Leben der CeeCee Wilkes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diane Chamberlain
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aber ihr wurde langsam klar, dass sie die Person wurde, die den wichtigsten Platz in Corys Leben einnahm: ihre Mutter.
    Marian bereitete in der Küche Thunfischsalat vor, während die Zwillinge malten und Cory von ihrem Kinderstuhl aus Regie führte. Bobbies kleine Tochter Shan war den Sommer über in einem Kindercamp, worüber Marian nicht unglücklich war. Vor wenigen Wochen erst hatte sie verkündet, die Kindertagesstätte aufgeben zu wollen.
    “Ich möchte gerne Zeichenunterricht nehmen. Und vielleicht auch Cello spielen lernen. Das war schon immer mein Wunsch, ich hoffe nur, dass meine knorrigen alten Finger da noch mitmachen.”
    Eve hob Cory aus ihrem Stühlchen und wirbelte sie herum. Das kleine Mädchen kreischte und kicherte.
    “Hast du Hunger?”, fragte Eve und setzte Cory wieder ab. “Was hättest du gerne? Erbsen? Karotten? Hühnchen?”
    Cory warf ihr ein zahnloses Lächeln zu. Sie war ein dünnes kleines Ding, aber für ihr Alter recht groß.
    Marian stellte Salat und Weißbrot vor die beiden Jungen. “Für dich ist Post gekommen”, sagte sie.
    Eve betrachtete den kleinen Umschlag. Normalerweise bekam sie nur Briefe von der Universität, doch dies hier sah eher nach einer Hochzeitseinladung aus. Ihr Name und ihre Adresse waren mit Schreibmaschine geschrieben, ein Absender stand nicht darauf. Ein wenig nervös öffnete sie den Umschlag und schnappte nach Luft.
    Drei gefaltete Hundertdollarscheine fielen heraus, außerdem eine Notiz:
Für das Baby.
    Sie warf das Geld auf den Tisch, als hätte sie sich verbrannt. “Ist das von dir?”
    Marian beugte sich über die Scheine. “Natürlich nicht. Ich würde es dir einfach geben und nicht schicken.”
    Eve dachte an die Kunden im Diner, die von ihrem Kind wussten, und an Lorraine, mit der sie inzwischen gut befreundet war, die aber keinesfalls einfach so dreihundert Dollar erübrigen konnte. Dann fiel ihr der Psychologieprofessor ein, der sie so sehr mochte und unterstützte. Aber die Briefmarke war in Oklahoma abgestempelt.
    Und dann erinnerte sie sich daran, wann sie das letzte Mal unerwartet Geld in der Post gefunden hatte.
    Marian schien ihre Gedanken lesen zu können. “Vielleicht Corys Vater?”
    “Ich weiß nicht.” Eve sank auf einen Stuhl und berührte die Scheine, die möglicherweise Tim vorher angefasst hatte. Noch immer hielt sie in jedem weißen Bus nach ihm Ausschau. Wenn sie ganz ehrlich war, musste sie zugeben, dass sie noch immer auf ihn wartete. Sie wollte ihn sehen, wollte wissen, was er zu Bets zu sagen hatte. Abends, bevor sie einschlief, sprach sie noch immer mit ihm, erzählte ihm, was sie lernte, und stellte sich vor, wie glücklich er darüber wäre, dass sie jetzt studierte. Manchmal träumte sie von ihm. Schöne Träume, keine Albträume wie über Genevieve, die sie immer wieder mitten in der Nacht hochschrecken ließen. An manchen Tagen konnte sie sich kaum noch erinnern, wie er ausgesehen hatte. An anderen Tagen erkannte sie sein Gesicht in jedem Mann, den sie traf.
    Ihr ging es inzwischen wirklich gut, doch schwelte unter der Oberfläche immer eine gewisse Traurigkeit, die sie manchmal spürte, ohne die Quelle dafür zu wissen. Und dann fiel es ihr wieder ein: eine tote Frau. Ein entführtes Baby. Sie wollte sich nicht einmal vorstellen, welche Strafe sie erwarten würde, sollte sie jemals geschnappt werden.
    “Gib das Geld für Cory aus”, sagte Marian. “Ist doch egal, wo es herkommt. Jetzt gehört es ihr.”
    Abends kamen zwei Polizisten ins Diner. Das war nichts Ungewöhnliches, und Eves Herzschlag setzte nicht mehr aus wie noch vor ein paar Wochen. Als sie zum ersten Mal einen Polizisten durch die Tür kommen sah, hatte sie die Kanne fallen lassen, doch der Mann bestellte nur Kaffee und Kuchen, und falls ihm ihre zitternden Hände aufgefallen waren, so hatte er sich zumindest nicht dazu geäußert.
    An diesem Abend jedoch sah es so aus, als ob die Polizisten beruflich hier wären. Eve beobachtete, wie die beiden auf eine ältere Frau zusteuerten und sie verhafteten. Anscheinend hatte sie Bier für Minderjährige gekauft. In Handschellen wurde sie aus dem Restaurant geführt. Die Frau erinnerte sie ein wenig an Marian, und wieder einmal wurde ihr zutiefst bewusst, dass Marian Tag für Tag ihren Hals für sie riskierte. Niemals, niemals durfte sie etwas tun, das Marian schaden konnte.
    An einem heißen Augustmorgen kam Eve in die Küche, wo Marian gerade Corys kleine Hände mit einem Waschlappen sauber machte.

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