Das geheime Leben des László Graf Dracula
Tür schloß sich leise hinter dem hinausgehenden Diener,
»Wir zählen fest auf Sie.«
Ich nippte vorsichtig an dem dampfenden Gebräu, einem faden Aufguß von Gewürznelken und Orangenschalen mit einem kaum wahrnehmbaren Beigeschmack von Wein.
»Ich stehe zu Ihren Diensten«, sagte ich, von unguten Vorahnungen beschlichen. »Sie wissen doch wohl, daß Sie sich hundertprozentig auf mich verlassen können.«
Diese höfliche Formel hatte leider nicht die erwartete Wirkung auf Rado. Er nahm sie für bare Münze. »Meinen Sie das wirklich?« fragte er tiefernst.
»Aber gewiß«, entgegnete ich leichthin.
»Sie müssen sich dessen ganz sicher sein.«
»Sie haben mein Ehrenwort.«
War es ein ironisches Lächeln, das da leise um seine Mundwinkel spielte?
Vielleicht hatte er aber auch nur vor innerlicher Anspannung die Lippen zusammengekniffen.
»Aber warum gerade ich?« fragte ich.
»Weil Sie der richtige Mann am richtigen Ort zur richtigen Zeit sind.«
Ich schwieg unbehaglich, versuchte, mir über die Situation klarzuwerden. Bis jetzt waren die Aktivitäten der Ungarischen Liga mir harmlos vorgekommen, und es schien unverfänglich genug, bei ihren konspirativen Spielchen mitzumachen. Aber Rado selbst war etwas anderes; er gab sich nicht mit müßigen Spielen zufrieden, und sein schrankenloser Fanatismus war sicher alles andere als harmlos.
»Ich habe Sie auch deshalb gewählt«, fuhr Rado jetzt fort und sah mich lauernd an, »weil Sie gar nicht ablehnen können.« Er lächelte drohend.
»Verzeihen Sie. Ich wollte nur sagen, Sie sind einfach so geeignet für die Aufgabe, daß Sie sich ihr nicht verweigern können.«
»Na gut«, erwiderte ich. »Könnten Sie mir jetzt wenigstens sagen, um was es eigentlich geht?«
Er formulierte seine Erklärung sorgfältig, und ich fragte mich, wieviel er dabei verschwieg. »Um die Fessel zu zerschneiden, die uns an Österreich bindet, müssen wir Ungarn unseren eigenen König haben. Als Anwärter auf die Magyarenkrone kommen aber nur die Habsburger selbst in Betracht. Daher haben wir beschlossen, Prinz Rudolph die Krone anzubieten.«
»Wir?«
»Es gibt noch andere, die hinter uns stehen. Einstweilen müssen sie sich aber noch bedeckt halten. Wenn die Zeit reif ist, werden sie in Erscheinung treten.«
»Was Sie da vorhaben, ist Hochverrat!«
»Aber nur aus österreichischer Sicht, nicht aus der unsrigen.«
»Und wie kommen Sie darauf, daß der Kronprinz daran interessiert sein könnte, König von Ungarn zu werden?«
»Da haben wir schon auf den Busch geklopft. Selbstverständlich müssen beide Seiten hier Vorsicht walten lassen – Sie wissen ja, wie Diplomaten sich verhalten, so zaudernd wie Stachelschweine beim Werbungsritual -, aber seitens des Prinzen besteht Interesse, daran haben wir gar keinen Zweifel.«
»Aber sein Risiko ist enorm. Ich verstehe gar nicht, welchen Anreiz das Angebot für ihn haben kann. Mit der Zeit wird ihm doch ohnehin alles zufallen.«
»Aber wie lange muß er noch darauf warten? Der Kaiser könnte noch zwanzig Jahre leben, vielleicht länger. Rudolph ist kein junger Mann mehr. Er ist ungeduldig. Er hat politische Ambitionen, die er in die Tat umsetzen will.
Wir bieten ihm jetzt ein Königreich an.«
»Ich kann mir nicht vorstellen, welche Rolle ich in diesem famosen Unternehmen spielen soll.«
»Aber Ihre Beteiligung ist ausschlaggebend«, beharrte er und packte mich wieder am Arm, als könnte ich ihm entkommen.
»Es ehrt mich sehr, daß Sie mich so hoch einschätzen.« Ich muß ihn angesehen haben, als wäre er nicht ganz bei Trost.
»Der Prinz kann Österreich nicht fallenlassen, bevor er sich der Unterstützung der Leute nicht sicher sein kann, die hier in Budapest die Fäden in der Hand haben. Unsere Männer im Schatten aber können nicht vortreten, bevor sie nicht sicher sind, daß sich der Prinz für Ungarn entscheidet. Wir haben also eine klassische Pattsituation. Ihr Schloß liegt da sozusagen auf halbem Weg. Wenn der Prinz bereit ist, uns so weit entgegenzukommen, werden unsere Hintermänner sich offiziell erklären. Und wenn der Prinz erst einmal ihrer Unterstützung sicher ist, wird er den Zug nach Budapest besteigen.«
»Ich verstehe.«
»Was wir brauchen, ist ein sicherer Ort«, setzte er hinzu, und nun begriff ich den Sinn jener Erkundungstour auf meinen Ländereien, die er so schlau als Jagdausflug getarnt hatte.
»Und ich soll einfach nur den Gastgeber spielen?«
»Genau.«
Es schien nicht allzuviel verlangt,
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