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Das geheime Leben des László Graf Dracula

Das geheime Leben des László Graf Dracula

Titel: Das geheime Leben des László Graf Dracula Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roderick Anscombe
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thermodynamischer Vorgang. Er bedeutet ihr nichts. Das sollten Sie wissen. Mir bedeutet er auch nichts.«
    Jetzt kam ich der Sache allmählich auf den Grund. Er muß es gesehen haben.
    Und ich hatte geglaubt, er wäre eifersüchtig, weil ich den Lymphknoten gefunden hatte! Der arme, enttäuschte Narr war in sie verliebt!
    »Liebe ist ihre Schwäche. Sie sehnt sich nach Zuneigung wie ein Apoplektiker nach Sauerstoff!« Er verteidigte sie mit immer größerer Inbrunst und wirkte jetzt gar nicht mehr betrunken.
    »Ich habe nicht die Absicht, etwas aufzufrischen, das nicht mehr als eine flüchtige Bekanntschaft war, das kann ich Ihnen versichern«, sagte ich nun, aber er achtete gar nicht auf meine Worte.
    »Ich sage Ihnen, sie ist sexuell völlig ungebunden! Hoffnungslos!« fügte er mit wildem Ausdruck hinzu, obwohl ich gar nicht erst den Versuch gemacht hatte, ihm zu widersprechen. Er stand auf und begann im Zimmer herumzugehen. »Verstehen Sie denn nicht, daß in Stacias Fall Promiskuität eine Krankheit ist? Sind Sie als Arzt so unerfahren, daß Sie das nicht verstehen? So naiv, daß Sie den Knoten finden, aber nicht die Ursache erkennen?«
    Ich verübelte ihm seinen Angriff, vor allem weil ich ihm ja angeboten hatte, aus Rücksicht auf seine tiefen Gefühle für die Frau die Liaison zu beenden. Ich habe mich großzügig gezeigt, dachte ich, muß ich jetzt auch noch seine Grobheiten ertragen?
    Was für einen Unterschied eine Stunde ausmacht! Was für ein selbstzufriedener Narr der Verfasser dieses Gedankens doch war! Wie verständnisvoll, wie gütig Roland in Wirklichkeit doch war!
    »Ich bin für sie wie ein Bruder«, fuhr er fort.
    Einem Betrunkenen widerspricht man besser nicht, und so verbarg ich meine Skepsis.
    »Sehen Sie denn nicht, daß sie nicht fähig ist, sich selbst zu helfen? Ich versuche sie vor sich selbst zu retten, andere vor ihr zu retten, aber sie gibt sich jedem hin, der ihr die geringste Aufmerksamkeit schenkt. Und hinterher ist sie voller Gewissensbisse, voller Abscheu vor sich selbst – das Ergebnis haben Sie ja heute selbst gesehen.«
    Ich konnte diese Beschreibung unmöglich mit der höchst erfahrenen Schäferin in Einklang bringen, die mich in dem besagten Etablissement so vergnüglich unterhalten hatte. Das Bild, das Roland von Stacia als willfährigem Opfer und mir als gefühllosem Verführer malte, war eine groteske Umkehrung der Tatsachen.
    »Sie schien mir sehr erfahren, aber vielleicht habe ich mich getäuscht.«
    Roland wischte diesen Einwand mit einer Handbewegung weg. »Sie denkt nicht an sich selbst. Sie will Ihnen nichts Böses antun. In Wirklichkeit macht sie sich Ihretwegen Sorgen.«
    »Aber in ihrem Schreiben steht, daß sie in Gefahr ist.«
    »Um Ihre Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Sie wollte, daß Sie zu ihr kommen. Sie würde alles tun, damit Sie ihr Aufmerksamkeit schenken; sie würde alles tun, um zu bekommen, was sie Liebe nennt.«
    Jetzt schwieg er zum erstenmal und sah mich fragend an, als könnte ich den Rest selber erraten. Das schwache Zeichen einer bevorstehenden Katastrophe, ein kleiner Luftzug nur, der über meinen Nacken strich, der mir aber erst jetzt bewußt wurde, jagte mir kalte Schauer über den Rücken.
    »Wissen Sie, warum sich der Bursche, der in Ihrem Zimmer gewohnt hat, umgebracht hat?« fragte er unumwunden.
    »Um ehrlich zu sein, habe ich nie danach gefragt«, sagte ich mit gespielter Tapferkeit.
    »Er hieß Guy Desmoulins. Er hat Stacia bewundert, genau wie Sie.«

    »Hören Sie, ich habe Ihnen doch schon gesagt, daß es vorbei ist.«
    »Er war ein glühender Bewunderer von ihr«, fuhr Roland beharrlich fort, wobei er die Betonung auf »glühend« legte.
    »Ich glaube wirklich, daß ich selbst auf mich aufpassen kann.« Irgend etwas war mir entgangen, aber ich wußte nicht, was es war.
    »Guy hat sich umgebracht, als er merkte, daß er Syphilis hatte. Er hat die Diagnose selbst gestellt.«

    I.JUNI l866, FRÜHER MORGEN

    Am Himmel ist schon das Glühen des anbrechenden Tages zu erkennen. Die Silhouette der Stadt, zuerst nur ein blasser Schatten in der Dunkelheit, ist schon deutlicher umrissen und wird mit jedem Augenblick kräftiger und greifbarer.
    Durch das Fenster höre ich die Geräusche der Menschen, die sich daranmachen, ihren Geschäften nachzugehen. Eine Köchin klappert mit den Töpfen, die sie in einem nahegelegenen Hof in einem Trog abwäscht. Auf der Straße bellt ein Hund einen Vorübergehenden an. Nichts bringt mir die Kürze des

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