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Das geheime Lied: Roman (German Edition)

Das geheime Lied: Roman (German Edition)

Titel: Das geheime Lied: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrés Pascual
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zerstoben in schäumendem Zischen, andere hingegen beruhigten sich wieder und verschmolzen mit der unendlichen Wassermasse, in deren Inneren es nur das Murmeln der Algen und die Blicke der Fische gab, die sich mit energischem Flossenschlag dem Schiff näherten.
    Das Meer war Stille. Matthieu zupfte an den Saiten seiner Geige und atmete tief durch. Um etwas Neues zu komponieren, so kam es ihm vor, musste er nur den Arm ausstrecken und nach den Noten greifen, die sich ihm darboten; seit dem göttlichen Atemhauch zu Beginn der Zeiten, der in sich alle Musik der Vergangenheit und Zukunft trug, schienen sie dort auf ihn zu warten.
    Leider wurde diese Reihe idyllischer Eindrücke bald getrübt. Sobald sie die Iberische Halbinsel umrundet hatten und sich der afrikanischen Küste näherten, machte sich an Bord eine andere Art von Stille breit: die der Seeleute. Der Schoner war mit vierzig Kanonen ausgestattet, weshalb sich unter den vielen Männern an Bord auch eine stattliche Gruppe Artilleristen befand. Es handelte sich um für ein Handelsschiff ungewöhnliche Vorsichtsmaßnahmen, die Bedeutsamkeit ihrer Mission machte sie aber notwendig. Viele der Piraten, die jahrzehntelang in der Karibik ihr Unwesen getrieben hatten, machten nun die Gewässer nahe der Handelsrouten unsicher, und sie würden unterwegs mit großer Wahrscheinlichkeit auf ein Schiff mit schwarzer Flagge stoßen. Es gab an Bord Männer jedes Alters, von bartlosen Schiffsjungen bis hin zu alten Seebären, die von jedem ihrer Schiffbrüche gezeichnet waren. Aber alle von ihnen zeigten sich gleich mürrisch, wenn sich ihnen der Musiker aus Paris näherte.
    Matthieu konnte das nicht begreifen. Er hatte noch nie Probleme damit gehabt, auf Menschen zuzugehen, und fühlte sich ausgeschlossen. Vielleicht lag es auch einfach daran, dass er keine Seemannsknoten konnte. Am Anfang zog er sich deshalb so oft wie möglich in seine Kajüte zurück. Er schlief nicht wie der Rest der Männer im Zwischendeck, sondern teilte sich mit dem Kapitän eine Kammer im Achterkastell. Durch Gardinen auf beiden Seiten konnte man sich auf der Pritsche ein wenig Privatsphäre sichern. Dazwischen standen ein Tisch, vier Stühle und eine kleine Kommode, in der die wenigen Habseligkeiten verstaut waren, die man Matthieu für die Reise zugestanden hatte. Das Bleikristallglas des Fensters war blau wie die französische Flagge, und es waren Wappenlilien darin eingearbeitet, die das Zimmer mit zarten goldenen Lichtreflexen erfüllten.
    »Warum bist du nicht hier bei mir?«, sagte Matthieu immer wieder laut vor sich hin. Manchmal richtete er die Worte an Jean-Claude und manchmal auch an die schöne Nathalie, während er den Schweif aus Schaum betrachtete, den das Schiff hinter sich herzog.
    Wenn er einmal an Deck ging, was nicht oft geschah, richtete er es so ein, dass er La Bouche wie zufällig über den Weg lief und mit ihm eine Unterhaltung anfangen konnte. Es stimmte zwar, dass der Kapitän ihm nicht die kalte Schulter zeigte, er war aber auch kein Mann großer Worte. Matthieu beobachtete fasziniert, wie er die Expedition mit der Selbstsicherheit dessen leitete, der so etwas schon tausendmal getan hat. In den Adern des Kapitäns floss Salzwasser. Er hatte sein Handwerk auf den Schiffen gelernt, die den Atlantik zu den ersten Kolonien in Akadien überquerten. Danach kamen Guayana und Martinique, und dann befuhr er jahrelang die Route nach Saint-Domingue, der florierendsten Niederlassung in der Karibik. Eines schönen Tages nahm die Flagge des Sonnenkönigs Kurs in Richtung Indischer Ozean auf, und einige Seeleute wie La Bouche zögerten nicht, ihr Ansehen noch zu steigern, indem sie die Reise ins geheimnisvolle Indien wagten. Nach der Okkupation von Bengalen zeigte sich, dass der Kapitän völlig besessen von Madagaskar war, der großen roten Insel, der Unbezwingbaren, deren Bastion Fort Dauphin er nicht zu verteidigen wusste – die Insel, auf der er fast all seine Männer verloren hatte und auch die Ehre und den Respekt, den ihm bislang die Mitglieder der französischen Flotte entgegengebracht hatten.
    Am achten Tag wurde Matthieu langsam klar, dass die Schiffsmannschaft ihn nicht nur ignorierte, sondern auch hinter seinem Rücken über ihn tuschelte. Er vermutete sogar, dass der Unfall, bei dem ihn eines Morgens beinahe das Metallende eines Wants am Kopf getroffen hätte, mit Absicht provoziert worden war. Diesem klaustrophobischen Gefühl wollte er nun ein Ende machen und lieber die Flucht

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