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Das Geheime Vermächtnis

Das Geheime Vermächtnis

Titel: Das Geheime Vermächtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Webb
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scheint um mich herum zu schrumpfen. Dann weicht er zurück, nur ein wenig, aber weit genug.
    »Ich sollte jetzt gehen«, sagt er leise. »Danke für … alles, für deine Hilfe heute Nacht – wirklich, vielen Dank.« Er klingt verwirrt.
    »Kein … kein Problem. Gern geschehen«, sage ich und blinzele verblüfft.
    »Wir sehen uns.« Er lächelt hilflos, öffnet selbst die Tür und tritt hinaus ins trübe Morgengrauen.

Trauer
    1904
    C aroline fand sich plötzlich draußen wieder, durchnässt und am ganzen Körper zitternd, ohne sich bewusst zu sein, dass sie sich bewegt hatte. Wasser rann ihr in die Augen, durch ihr Haar und über den Rücken ihres Baumwollkleides. Als die beiden Pferde auf den Hof trabten, rannte sie mit platschenden Schritten auf sie zu, und der widerwärtige Gestank nach nassem, erhitztem Pferd stieg ihr in die Nase. Sie erkannte Hutch und Joe mit tief ins Gesicht gezogenen Hüten, und als sie Luft holte, um nach Corin zu fragen, sah sie den dritten Reiter, der schlaff und reglos quer vor Hutchs Sattel lag. Er trug keinen Hut, und Regenwasser tropfte aus bronzefarbenem Haar, das dunkel am Kopf klebte.
    »Corin?«, flüsterte sie und streckte die Hand aus, um ihn sacht zu schütteln. Sie konnte sein Gesicht nicht sehen und ihn nicht dazu bringen, zu ihr aufzublicken. »Wo ist sein Hut? Er wird sich noch erkälten!«, schrie sie Hutch an. Sie erkannte ihre eigene Stimme nicht – sie klang zu schrill, zu brüchig.
    »Mrs. Massey, bitte, treten Sie beiseite. Wir müssen ihn ins Haus bringen. Rasch!«, befahl Hutch ihr streng und versuchte, das Pferd um sie herum zu lenken.
    »Wo ist Strumpet? Was ist mit Corin geschehen – was fehlt ihm denn? Sagen Sie es mir!«, verlangte sie verzweifelt. Sie schlang die Finger um den Zügel des Pferdes und zog seinen Kopf herum, damit es mit seiner kostbaren Fracht nicht an ihr vorbeilief. Hutch sagte ein paar knappe Worte, und Joe schwang sich vom Pferd, nahm Carolines Hände und löste den Zügel. Joe brüllte etwas, mit lauter, tiefer Stimme. Caroline achtete nicht auf ihn. Mehr Männer liefen herbei, nahmen den beiden die Pferde ab, hoben gemeinsam Corin herunter. Caroline taumelte hinter ihnen her bis zu den Stufen vor dem Haus. Dort stürzte sie und konnte nicht wieder aufstehen. Sie konnte sich nicht erinnern, wie man ging, wie sie ihre Beine bewegen oder ihre Füße dazu bringen sollte, sich zu heben und wieder zu senken. Starke Hände hoben sie hoch, und obwohl sie sie in die Richtung trugen, in die sie selbst wollte, wehrte sie sich heftig, als könnte sie sich dem widersetzen, was hier geschah, und es damit verhindern.
    Sie legten Corin aufs Bett. Caroline trocknete ihm mit einem Leinenhandtuch vorsichtig das Haar, schälte ihm das nasse Hemd vom Körper und zog die durchweichten Stiefel von seinen Füßen, wobei sie Wasser auf dem Boden verspritzte. Sie holte saubere Decken und wickelte ihn dick ein. Seine Hände waren eiskalt, und sie hielt sie zwischen ihren eigenen, spürte die vertrauten Schwielen daran und versuchte, sie ein wenig aufzuwärmen, obwohl sie selbst keine Wärme zu geben hatte. Sie holte eine Schüssel dampfend heißen, duftenden Kanincheneintopf und stellte ihn ans Bett.
    »Möchtest du nicht etwas davon essen? Der wird dich aufwärmen«, raunte sie ihm zu.
    »Er war einem großen Kojoten dicht auf den Fersen. Das war der letzte, den wir uns holen wollten, weil wir den Regen kommen sahen. Strumpet – sie war schon immer die Schnells te. Flinke Hufe hatte sie auch – und das ist nicht dasselbe. Sie war behände, diese Stute. Geistesgegenwärtig. Ich habe noch nie ein Pferd und einen Reiter gesehen, die sich so perfekt zusammen bewegt haben wie Corin und diese Stute …« Hutch sprach leise und monoton. Sein Blick war starr auf Corin gerichtet, und er rieb sich die Hände, rang sie, verdrehte sie, rang sie erneut. Caroline hörte kaum ein Wort von dem, was er sagte. »Aber dann, ohne Vorwarnung, hat sie sich einfach überschlagen. Sie ist durch die Luft geflogen, mit den Hinterbeinen über den Kopf. Ich weiß nicht, in was sie getreten ist, Treibsand wahrscheinlich, aber sie kann es nicht gesehen haben, denn sonst wäre sie ganz sicher ausgewichen. Corin ist hart gestürzt, und … und dann hat Strumpet ihn unter sich begraben. Es ging so schnell! Als hätte Gott die Hand herabgestreckt und dieses arme Pferd mit einem Fingerschnippen durch die Luft geschleudert. Ihre Vorderbeine waren gebrochen. Joe hat sie erschossen. Er hat sie

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