Das Geheime Vermächtnis
Hutch und nahm den Becher Kaffee von ihr entgegen. Mit einer schwachen Geste forderte Caroline ihn zum Sitzen auf, und Hutch drehte sich zwar um und sah den angebotenen Stuhl an, blieb jedoch stehen.
»Was für Dinge?«, fragte sie.
»Tja, da Mr. Massey … nicht mehr ist, gehört die Ranch jetzt Ihnen. Ich weiß, das klingt vielleicht erschreckend, aber Sie brauchen sich davor nicht zu fürchten. Sie müssen sich wirklich keine Sorgen machen. Ich bleibe hier und führe die Ranch für Sie. Ich weiß genau, wie hier alles läuft, und ich war lange genug hier, um diese Ranch mein Zuhause nennen zu können. Ihr Mann hat mir seine Geschäfte anvertraut, und ich hoffe, das können Sie auch. Aber es gibt ein paar Dinge, die ich nicht für Sie tun kann, und dazu gehört auch, den Arbeitern und Viehtreibern ihren Lohn auszuzahlen.«
»Sie bezahlen? Aber … ich habe kein Geld«, sagte Caroline stirnrunzelnd.
»Hier vielleicht nicht. Corin hat die Löhne alle zwei Monate bei der Bank in Woodward abgehoben, und ich wüsste keinen Grund, weshalb Sie das nicht auch könnten.«
»Sie … wollen, dass ich nach Woodward fahre? Das kann ich nicht«, weigerte sie sich so voller Überzeugung, als hätte er sie gebeten, zum Mond zu reisen.
»Ich fahre Sie hin. Wir können nur eine Nacht bleiben, wenn Ihnen das lieber ist. Oder Sie besuchen ein paar der Damen, während wir dort sind. Ich glaube …« Hutch hielt inne und drehte den Becher in den Händen. »Ich glaube, Sie sollten nach Woodward fahren, Ma’am. Ich glaube, Sie müssen mal unter Menschen. Sie brauchen frische Luft in der Lunge. Und wenn wir die Jungs nicht bezahlen, gehen sie anderswo arbeiten. Sie sind gut und loyal, aber sie haben jetzt seit zwei Monaten kein Geld mehr bekommen, und das geht einfach nicht an. Und ohne sie kann ich die Ranch nicht betreiben.« Nun endlich trank er einen Schluck Kaffee, und seine überraschte Miene ob des köstlichen Geschmacks blieb nicht unbemerkt. Caroline stellte sich die Fahrt nach Woodward vor, und ein überwältigendes Gefühl der Erschöpfung überkam sie. Sie schwankte nach hinten auf die Fersen, verlor beinahe das Gleichgewicht und musste sich an einer Stuhllehne festhalten.
»Also schön, wenn es keine andere Möglichkeit gibt. Corin … Corin hätte sich gewünscht, dass die Ranch weiterbesteht.«
»Allerdings, Mrs. Massey«, stimmte Hutch zu. Er zögerte und senkte dann traurig den Kopf. »Ihr Mann war ein guter Mann, da gibt es gar keinen Zweifel. Der beste, den ich je gekannt habe. Und diese Ranch war sein ganzer Stolz, also schätze ich, wir sind es ihm schuldig, sie am Laufen zu halten und sie noch größer und besser zu machen«, sagte er und blickte auf, weil er Carolines Zustimmung erwartete. Aber sie starrte aus dem Fenster und hörte ihn kaum. »Das ist verdammt guter Kaffee, wenn ich das sagen darf, Mrs. Massey«, erklärte Hutch schließlich und leerte den Becher. Caroline warf ihm einen Blick zu und nickte knapp.
Sie vergaß ihren Sonnenschirm und spürte, wie die Sonne ihre Haut verbrannte, sobald sie sich auf den Weg nach Woodward gemacht hatten. Die Augen gegen das grelle Licht zusammengekniffen, dachte sie an die Falten, die sie davon bekommen würde, und stellte fest, dass ihr das gleichgültig war. Es wehte ein heißer, trockener Wind, und Woodward lag in einer Staubwolke. Scharfe Sandkörnchen flogen in Carolines starre Augen, sodass ihr Tränen übers Gesicht liefen, als sie die Main Street entlangfuhren. Sie rieb sich grob den Sand vom Gesicht, presste die Finger gegen die Augen und spürte die eigenartige Festigkeit ihrer Augäpfel hinter den geschlossenen Lidern.
»Hören Sie auf. Aufhören«, sagte Hutch leise. Er befeuchtete sein Taschentuch mit Wasser aus seiner Feldflasche und hielt ihre Hände mit einer Hand fest, während er ihr mit der anderen den Sand vom Gesicht wusch. »So«, sagte er ruhig. »So ist es besser. Ich schätze, Ihre armen Augen haben genug Tränen für ein ganzes Leben vergossen.« Die Hand, die ihre Finger hielt, lockerte ihren Griff, ließ sie aber nicht ganz los, und er strich ihr zärtlich mit dem Daumen ein letztes Sandkorn von der Wange.
»Ist es hier?«, fragte sie matt. Sie hatten vor einem großen Gebäude gehalten, an dem ein beeindruckendes, prächtiges Schild mit der Aufschrift »Gerlach’s Bank« hing.
»Ja, da sind wir. Möchten Sie, dass ich mit hineinkomme?«
»Nein.« Sie schüttelte den Kopf. »Ich komme schon zurecht. Danke sehr.«
In dem
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