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Das Geheime Vermächtnis

Das Geheime Vermächtnis

Titel: Das Geheime Vermächtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Webb
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Beaufort & Son stand, hielt sie inne. Sie betrat das unordentliche, stickige Geschäft und zuckte vor dem Essiggestank der Entwicklerflüssigkeiten zurück. Obwohl sie sich für die Kamera kein richtiges Lächeln abringen konnte, gab sie mehrere Porträts von sich und William in Auftrag, die ins Westchester geliefert wurden, sobald sie fertig waren.
    Ihre Finger flatterten, als sie das Päckchen öffnete. Sie hatte gehofft, etwas Dauerhaftes geschaffen zu haben, sich selbst auf irgendeine Art zu beweisen, dass sie tatsächlich existierte. Und dass sie zwar verwitwet war, aber nach all der Zeit nicht mit leeren Händen dastand, weil sie Corins Kind vorweisen konnte, das Kind, das mit Fug und Recht ihr gehörte. Sie war Teil einer Familie. Sie würde ein Dokument ihrer selbst und ihres Lebens haben, dessen sie sich so unsicher war, dass sie sich manchmal fragte, ob sie noch irgendwo draußen auf der Prärie lag und alles, was seither geschehen war, nur geträumt hatte. Doch auf fast jedem Bild hatte William sich bewegt, sodass die Aufnahmen von ihm verschwommen waren und sein Gesicht quälend undeutlich erschien. Und Caroline fand, dass sie selbst aus fast jeder Fotografie ebenso geisterhaft und substanzlos hervorstarrte, wie sie sich fühlte. Ein einziges Bild hatte einen nicht greifbaren Hauch dessen eingefangen, was sie zu sehen gehofft hatte – auf einer Aufnahme sah sie aus wie eine Mutter, stolz, ruhig und besitzergreifend. Dieses Foto steckte sie in ihren Koffer und warf die übrigen ins Feuer.
    Am vierten Tag in New York sah sie Joe. Sie spazierte mit William auf der Suche nach einem Park oder Garten umher, nach irgendeinem grünen Fleckchen, das ihr eine frische Brise und, so hoffte sie, dem Kind ein wenig Beruhigung bringen würde. Da William von seiner Krankheit vollständig genesen und wieder ganz bei Kräften war, war er laut und unruhig. Er weinte nachts, riss die Ärmchen hoch, wenn Caroline ihn zu trösten versuchte, wand sich in ihren Armen, wenn sie ihn wiegte und ihm etwas vorsang, wie Magpie es stets getan hatte. Aber sie konnte die seltsamen Melodien der jungen Ponca ebenso wenig nachahmen wie das Geheul eines Kojoten, und ihre Bemühungen gingen in Williams Gebrüll unter. Da Caroline glaubte, er könnte die offene Prärie vermissen, schob sie ihn fast den ganzen Tag lang draußen herum. Ihr wurde immer mehr bewusst, wie anders die Geräusche, Gerüche und die Ausblicke für das Kind sein mussten und wie schwer sich die verschmutzte Luft in seiner winzigen Lunge anfühlen könnte. Dies war nicht seine Heimat, ebenso wenig wie ihre, erkannte sie; doch im Gegensatz zu ihr hatte William ein richtiges Zuhause. Sie sollte ihn zurückbringen. Der Gedanke traf sie wie ein Schlag ins Gesicht. Selbst wenn er Corins Kind war, und obgleich er ihr Kind hätte sein sollen – er gehörte nach Woodward County. Sie stand da wie angewurzelt, von dieser Erkenntnis aller Sinne beraubt, während Passanten an ihr vorüberströmten wie ein Fluss. Aber wie konnte sie das bewerkstelligen? Wie sollte sie es erklären – wie könnte ihr irgendjemand verzeihen? Sie konnte den Schmerz, die Vorwürfe in Hutchs Augen vor sich sehen, die Wut und Angst in Magpies Blick. Unzählige Male hatten sie Caroline geholfen, unzählige Male hatten sie ihr Mut gemacht. Und so hatte sie ihnen dieses Vertrauen gedankt – sie war eine wandelnde Schande, eine erbärmliche Versagerin. Es war schlicht nicht möglich. Sie konnte ihnen nicht gegenübertreten. Es gab kein Zurück.
    Und dann sah sie Joe um die Ecke biegen und auf sie zukommen. Sein Gesicht war eine Grimasse erbarmungsloser Wut, sein schwarzes Haar flatterte hinter ihm her, während er mit dem Messer in der Hand auf sie zu stapfte, um sie zu töten. Caroline wurde eiskalt am ganzen Körper, und sie blieb stehen wie versteinert, während der Mann an ihr vorüberging. Das schwarze Haar war in Wahrheit ein Schal, das Messer eine zusammengerollte Zeitung, und das grimmige Gesicht war nicht Joes, sondern das eines dunkelhäutigen, mexikanisch aussehenden Mannes, der es offenbar sehr eilig hatte. Caroline ließ sich am ganzen Leib bebend auf eine nahe Bank sinken. Der Lärm der Stadt wich zurück, und ein seltsames, gedämpftes Pochen breitete sich in ihrem Kopf aus. Schwarze Flecken wirbelten wie kleine Fliegen am Rand ihres Gesichtsfelds umher, und als sie die Augen schloss, um sie loszuwerden, färbten sie sich leuchtend weiß und tanzten ungehindert weiter. In der Ferne ließ ein

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