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Das Geheime Vermächtnis

Das Geheime Vermächtnis

Titel: Das Geheime Vermächtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Webb
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Caroline mit runden, grünen Augen angaffte. Falls sich die Angestellten aus Mrs. Cox’ kurzem Besuch, Carolines Spaziergang im Regen und dem Kissenbezug, der auf ihrem Bett fehlte, irgendetwas zusammenreimen konnten, so waren sie klug genug, kein Wort darüber zu verlieren. Alle bis auf Cass Evans, die spät in der Nacht Estelle flüsternd etwas erzählte, oben in dem kleinen Zimmer im obersten Stockwerk, das sich die beiden teilten.
    Caroline hütete mehrere Tage lang das Bett. Sie lag voll Grauen und Kummer da, der noch größer wurde, als sie die Hand unter ihr Kissen schob und dort Williams Beißring fand. Den Beißring, den sie ihm gegeben hatte, um ihn zu beruhigen, als er auf diesem Bett gelegen hatte; den sie und Corin ihm zur Geburt geschenkt hatten. Sie strich mit den Fingern über das seidig glatte Elfenbein und hielt zärtlich das silberne Glöckchen in der Hand. Sie sollte ihn loswerden, das wusste sie. Sie sollte gar nichts in ihrem Besitz haben, das sie mit dem Kind in Verbindung bringen könnte. Doch sie brachte es nicht über sich. Als wäre irgendeine Es senz von William, von Magpie, von Leben und Liebe in diesem einen kostbaren Talisman gefangen, schloss sie fest die Finger darum und drückte ihn sich ans Herz. Und als Lord Calcott mit leerer Brieftasche aus London zurückkehrte, gab sie ihm mit ausdruckslosem Gesicht und in völliger Ruhe bekannt, dass sie in anderen Umständen war.
    Die Zigeunerfamilie zog nicht weiter, wie Caroline angenommen hatte – worum sie gebetet hatte. Stattdessen standen sie ein paar Tage später mit William vor der Tür und erkundigten sich höflich, ob jemand im Haushalt eine Ahnung habe, wem das Kind gehörte, da ihre Erkundigungen im Dorf nichts erbracht hätten. Caroline sah sie von ihrem Platz am Fenster des Salons aus die Auffahrt entlangkommen. Ihr Herz verkrampfte sich ängstlich in der Brust – genau wie damals, als Corin ihr gesagt hatte, dass sie indianische Nachbarn habe. Sie sprang auf, um zu flüchten, doch dann wurde ihr klar, dass sie nirgendwohin gehen konnte. Sie wartete, während der Butler die Haustür öffnete, hörte ein paar gedämpfte Worte, dann nahende Schritte und ein dezentes Klopfen an der Tür.
    »Ja, bitte?«, rief sie mit bebender Stimme.
    »Bitte verzeihen Sie die Störung, Mylady, aber Mr. Dinsdale und seine Frau sagen, sie hätten im Wald ein Kind gefunden. Sie möchten wissen, ob wir irgendeine Idee hätten, wem es gehören könnte oder was sie damit tun sollen?« Der Butler, Mr. March, klang verwundert, als wäre er mit der Etikette für den Umgang mit ausgesetzten Babys nicht vertraut. Caroline glaubte, sich übergeben zu müssen, als sie sich dem Mann zuwandte.
    »Was in aller Welt könnte das mit mir zu tun haben?«, erwiderte sie kühl.
    »Ja, Mylady«, säuselte Mr. March ebenso kühl und zog sich mit einer angedeuteten Verbeugung zurück. Also zogen die Dinsdales unverrichteter Dinge mit William wieder ab und warfen über die Schultern Blicke zurück zum Haus, als seien sie verwundert über diese Abweisung. Caroline sah ihnen mit wachsender Sorge nach, und das Blut schoss ihr in den Kopf, sodass ihr schwarz vor Augen wurde. Sie führte dieses Gefühl darauf zurück, wie Mr. Marsch von den Zigeunern gesprochen hatte – Mr. Dinsdale und seine Frau. Als würde er sie kennen.
    »Dinsdale? Ah, du hast unsere jungen Wandervögel kennengelernt, ja?«, rief Henry aus, als Caroline ihn nach den Zigeunern fragte. Sie legte Messer und Gabel zur Seite, denn ihre Kehle war wie zugeschnürt. »Harmloses Völkchen. Also, ich weiß, das erscheint dir vielleicht etwas ungewöhnlich, aber ich habe ihnen erlaubt, auf diesem Stück Land zu lagern …«
    »Wie bitte? Warum das denn, um Gottes willen?«, fragte Caroline, nach Luft schnappend.
    »Robbie Dinsdale hat mir in Afrika das Leben gerettet, meine Liebe – in Spion Kop, vor einigen Jahren. Wenn er nicht wäre, säße ich heute nicht hier!«, verkündete Henry theatralisch und schob sich eine Gabel voll pommes dauphinoise in den Mund. Ein Tropfen heißer Sahnesauce rann ihm übers Kinn, und Caroline wandte den Blick ab.
    »Aber … sie sind Zigeuner . Vagabunden, Diebe und … vermutlich noch Schlimmeres! Wir können sie unmöglich zu Nachbarn haben!«
    »Also, meine Liebe, ich fürchte, das kann ich nicht dulden. Private Dinsdale ist in unserem jämmerlichen Schützengraben bei mir geblieben, als ich angeschossen wurde, und hat mich in meiner wehrlosen Ohnmacht gegen ein Dutzend

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