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Das Geheime Vermächtnis

Das Geheime Vermächtnis

Titel: Das Geheime Vermächtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Webb
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fragte Hutch besorgt.
    »Ja, natürlich! Warum fragen Sie?«, entgegnete sie allzu fröhlich und mit dünner Stimme.
    »Nur so.« Hutch zog die Schultern hoch. Er trug sein bestes Hemd, und ihr fiel auf, dass der oberste Knopf nur noch an einem Faden hing. Sie nahm sich vor, das Hemd zu Hause auf der Ranch zu ihrem Haufen Näharbeit zu legen. »Sind Sie schon bereit für die nächste Reitstunde? Sie haben sich großartig geschlagen bei unserem ersten Mal, aber soweit ich gesehen habe, haben Sie es nicht noch einmal versucht.«
    »Ja, nein … Ich fürchte, ich bin keine begabte Reiterin. Außerdem ist es jetzt so kalt geworden, dass ich gewiss erfrieren würde!«, entgegnete sie.
    »Es gibt Menschen, die von Natur aus gut reiten, das ist mal sicher, und andere eben nicht. Aber ich habe schon oft gesehen, dass selbst Leute, die anfangs große Schwierigkeiten hatten, irgendwann gut zurechtgekommen sind. Das ist eine Sache der Übung. Aber Sie müssen wieder aufs Pferd steigen wollen, Mrs. Massey. Sie müssen wieder aufsteigen«, sagte Hutch eindringlich, und sie war nicht mehr sicher, ob er wirklich nur vom Reiten sprach.
    »Ich …«, begann sie, wusste jedoch nicht, was sie darauf sagen sollte. Sie blickte auf ihre Füße hinab und sah, wie staubig ihre Schuhe waren, und plötzlich schwammen ihre Augen in Tränen.
    »Sie schaffen das schon«, sagte Hutch so leise, dass sie ihn kaum verstehen konnte.
    »Hutchinson, ich muss abklatschen! Das ist meine Frau, die du da im Arm hältst, und sie ist bei Weitem das schönste Mädchen im Saal«, verkündete Corin, nahm Carolines Hand und drückte sie fest an sich. Seine Augen strahlten vor Glück, die Wangen waren vom Whisky und vom Tanzen gerötet, und er sah wunderbar aus, so wunderbar, dass Caroline lachte und ihm die Arme um den Hals schlang.
    »Frohes neues Jahr, mein Liebling«, flüsterte sie ihm ins Ohr und streifte dabei mit den Lippen leicht seinen Hals, sodass er sie noch fester an sich zog.
    Im Februar fiel Schnee, der in dicken Verwehungen das Land bedeckte und die Welt blendend hell machte. Caroline starrte voller Staunen auf die konturlose Landschaft vor dem Fenster und blieb so nah am Ofen, wie sie konnte. Sie ballte die Hände zu Fäusten, um ihre Finger zu wärmen, obwohl sie die fingerlosen Handschuhe trug, die die Ponca ihr geschenkt hatten. Sie bedeckten ihre Hände so gut wie möglich, erlaubten ihr aber dennoch, die Wäsche zu flicken. Ihre kalten Fin ger mühten sich mit der Nadel und ließen sie oft fallen.
    »Jetzt sind Sie froh, die zu haben«, sagte Magpie und wies mit einem Nicken auf die dicken Handschuhe. »Als White Cloud sie Ihnen gegeben hat, habe ich Ihnen angesehen, dass Sie dachten, Sie würden sie nie brauchen!«
    »Ich hätte ihr das Doppelte bezahlen sollen«, stimmte Caroline zu, woraufhin Magpie leicht die Stirn runzelte.
    »Würden Sie eine Geschichte erzählen, während ich diese Arbeit erledige?«, bat Magpie. Sie kniete vor dem Waschzuber und rieb auf einem hölzernen Waschbrett die Flecken aus Corins Arbeitskleidung.
    »Was für eine Geschichte?«
    »Irgendeine. Eine Geschichte von Ihrem Volk«, sagte Magpie. Also erzählte Caroline, unsicher, wer ihr Volk sei, Magpie die Geschichte von Adam und Eva im Garten Eden, von der heimtückischen Schlange, dem köstlichen Apfel und der darauf folgenden Vertreibung aus dem Paradies. Sie legte ihre Näharbeit beiseite, als sie zum großen Finale kam, beschrieb Adams und Evas plötzliche Scham über ihre Nacktheit und die verzweifelte Suche nach etwas, womit sie sich bedecken konnten. Magpie kicherte, wobei ihre Wangen noch runder wurden und ihre Augen blitzten.
    »Das ist eine gute Geschichte, Mrs. Massey – ein Missionar hat sie einmal meinem Vater erzählt, und wissen Sie, was mein Vater gesagt hat?«
    »Was hat er gesagt?«
    »Er hat gesagt, das sei typisch für eine weiße Frau! Eine Indianerin hätte nach einem Stock gegriffen und die Schlange erschlagen, und dann wäre im Garten alles gut gewesen!« Sie lachte. Caroline war erst getroffen von der unausgesprochenen Kritik, doch schon bald ließ sie sich vom Lachen des Mädchens anstecken.
    »Das kann gut sein«, räumte sie ein, und sie lachten immer noch, als Corin hereinkam und sich den Schnee von den Schultern fegte. Er sah Caroline an, die am Ofen saß, die Näharbeit neben sich, und Magpie auf den Knien vor dem Zuber, und er runzelte die Stirn. »Corin? Stimmt etwas nicht?«, fragte Caroline, doch er schüttelte den Kopf und

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