Das Geheimnis am goldenen Fluß
sei.
»Mir ist in letzter Zeit bewusst geworden, auf welche Weise ich meinen Selbsthass praktizierte und wie ich mich in Gedanken an die Vergangenheit klammerte«, sagte K’un-Chien. »Nun fange ich an, die Wahrheit auszuleben, von der ich zu dir sprach. Zum ersten Mal habe ich mich meinem Schmerz gestellt, und plötzlich geht es mir schon viel besser«, sagte sie. »Mir ist jetzt klar, dass es am besten ist, den Schmerz bewusst zu durchleben, statt sich hinter ihm zu verschanzen.«
Trotz seiner düsteren Stimmung lächelte Mason sie an. »Man sieht, dass du verliebt bist, K’un-Chien. Keine andere Arznei auf der Welt hat eine solche Heilkraft auf die Seele. Wenn Ärzte die Hormone und Energien, die durch Frischverliebte fließen, in Flaschen abfüllen könnten, würde ein Schluck dasselbe bewirken, was Jesus für Lazarus tat.«
»Wer?«
»Oh, ich vergaß; du hast von den beiden noch nie gehört.«
»Ich fühle mich wie der Phönix«, sagte sie. »Einsamkeit verbrannte mich zu Asche, doch nun hege ich die Hoffnung, eines Tages wiedergeboren zu werden.«
»Ja, genau das meinte ich.«
K’un-Chien fuhr fort, Masons Schultern und Nacken durchzukneten. So kräftige Hände. Er legte den Kopf zurück, als sie mit geschickten Fingern seine Schläfen und Kopfhaut massierte. Er seufzte und schloss die Augen.
Ein warmer Kuss ließ ihn die Augenlider heben. Vor Überraschung öffneten sich seine Lippen, und K’un-Chien beugte den Kopf zu ihm hinunter und bedeckte seinen Mund mit ihrem. Ihr langes Haar fiel nach vorne in die Wanne und breitete sich wie ein schwarzer Fächer auf dem Wasser aus. Mason erinnerte sich, wie er sich als kleiner Junge in der Regenschirmhöhle einer Trauerweide versteckt hatte, in duftenden Schatten gehüllt.
Er hob die Hand und strich über K’un-Chiens Gesicht, erwiderte ihre Küsse voller Leidenschaft. Aus ihrem Mund strömte Nektar auf die dürstende Biene, die seine Zunge war. Seine Männlichkeit regte sich und richtete sich auf, hart und dick wie Elfenbein.
Mason wusste durch Begegnungen mit anderen Frauen nach seiner Scheidung, dass er nur bei Tree impotent war. Sie war der dritte Lichtstrahl eines Dreigestirns gewesen – Mason und Gib und Tree –, ein Dreigestirn der Freundschaft, das die Sonne seines Lebens gewesen war. Immer wenn er nach Vietnam versucht hatte, mit Tree zu schlafen, waren in ihm Erinnerungen an Gib aufgestiegen, und jedes Mal war er innerhalb weniger Sekunden erschlafft. Mit anderen Frauen war es ihm dagegen stets gelungen, sich allein auf die Leidenschaft des Augenblicks zu konzentrieren, und deshalb hatte er mit den Frauen schlafen können.
Jetzt spürte er ein beinahe schmerzhaftes Begehren in sich aufsteigen; er hatte nicht den geringsten Zweifel, mit K’un-Chien schlafen zu können, und doch wich er vor ihren warmen Lippen zurück.
»K’un-Chien … Ich … Was ist mit Tree? Ich habe sie schon genug verletzt. Es ist nicht gerecht.«
»Tree und ich haben darüber geredet. Sie liebt dich. Sie liebt mich. Sie sagte mir, sie wolle, dass wir miteinander intim werden. Vergiss nicht, auch ich muss schwanger werden.«
Sein innerliches Zittern ließ Masons Atem beben. Schon seit Wochen sehnte er sich danach, K’un-Chien zu berühren, sie in den Arm zu nehmen. Doch selbst jetzt schien er in einem unlösbaren Dilemma gefangen zu sein. Wie konnte er sich gestatten, mit K’un-Chien zu schlafen, während ihm genau dies mit Tree nicht gelang? Schön, Tree hatte ihr Einverständnis gegeben, aber wie würde sie sich danach wirklich fühlen?
Mason schluckte schwer. K’un-Chiens Küsse hatten sein Blut mehr erhitzt als das dampfende Wasser, in dem er lag. »Aber … Tree wird eifersüchtig sein.«
»Sie sagte mir, sie wolle, dass wir es tun – sie bat mich darum, mit dir zu schlafen.«
»Ich möchte … Bitte, versteh mich nicht falsch, K’un-Chien, aber ich wünschte, ich könnte mit ihr schlafen. Ich muss sie schwängern, oder ich werde sie an Domino verlieren.«
K’un-Chien schüttelte den Kopf. »Du kannst sie nicht an einen anderen Mann verlieren; dein Herz ist in ihres eintätowiert. Und, Mason – ich muss auch schwanger werden.«
Ihre Hände streichelten seine behaarte Brust, umspielten seine Brustwarzen. Er stöhnte leise. Wie sehr er sie nehmen wollte, in ihrer Schönheit versinken wollte.
Er stand auf und stieg aus der Badewanne. Wasser perlte an ihm herunter. Er hob K’un-Chien von den Beinen und trug sie zum Sofa. Mason spürte die
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