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Das Geheimnis am goldenen Fluß

Titel: Das Geheimnis am goldenen Fluß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Canter Mark
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130 waren meist Jungen, Babys mit Frequenzen von 150 bis 160 meistens Mädchen. »Die Trefferquote liegt bei etwa siebzig Prozent«, hatte er gesagt. »Das Problem ist, dass ich ohne Stethoskop den Herzschlag des Babys erst ab der dreißigsten Woche hören kann. Zu dem Zeitpunkt wird dein Bauch bereits so dick sein, dass er dich bei einer eventuellen Flucht ernsthaft behindern würde.«
    Sie hatten überlegt, bei welchem ihrer Liebesakte sie schwanger geworden war, denn das Geschlecht eines Babys konnte, basierend auf den Umständen bei der Empfängnis, mit hoher Genauigkeit vorausgesagt werden: Jungen werden meistens während des Eisprungs der Frau gezeugt, mit tiefer Penetration während der Ejakulation, begleitet vom weiblichen Orgasmus; Mädchen eher einige Tage vor dem Eisprung, mit flacher Penetration während der Ejakulation und ohne weiblichen Orgasmus. Aber sie hatten so viele Male miteinander geschlafen, auf Strohmatten, in der Badewanne, auf dem Feigenbaum, im Innenhof auf dem Gras – keuchend, lachend, trunken von sexueller Energie –, wer wollte da schon sagen, wann es zur Befruchtung gekommen war?
    Die Faktoren schienen sich zu Gunsten eines Jungen zu summieren: An dem Tag, als sie zum ersten Mal wieder miteinander geschlafen hatten, hatte sie in der linken Seite das Zwicken des Eisprungs gespürt; sie hatte mehrere Orgasmen gehabt, die sie bis ins Mark erschütterten, und eine flache Penetration gab es mit einem Mann wie Mason sowieso nicht.
    Tree legte eine warme Hand auf das neue Leben in ihrem Bauch. Vermutlich standen die Chancen gut, dass sie und Mason einen Jungen gezeugt hatten. Aber wetten konnten sie darauf natürlich nicht. Und die Zeit lief ab. Sie mussten einen Weg aus dem Tal finden. Und zwar bald.
    Tree schaute an Mason vorbei zu K’un-Chien. Sie wünschte, deren Schönheit würde nicht so deutlich hervorstechen.
    Die Nacht im Feigenbaum mit K’un-Chien war wundervoll gewesen – mehr als das; es war die wahre Vereinigung zweier Seelen gewesen. K’un-Chiens Verlangen nach Liebe war unerfahren und seelenvoll, und noch immer fühlte Tree eine unerklärliche Polarität zwischen ihnen, beinahe eine Art Magnetismus wie der zwischen Mann und Frau.
    Doch seitdem Tree und Mason wieder vereint waren, hatte sich die Dynamik innerhalb des Trios verändert. K’un-Chien hatte sich von ihnen in eine höfliche, emotionale Distanziertheit entfernt. Sie schien sich aus ganzem Herzen für die beiden zu freuen, konnte aber ihre Einsamkeit nicht vor ihnen verbergen. Tree spürte K’un-Chiens Schmerz und schlug Mason vor, Zweite Frau hin und wieder in ihre Liebesspiele mit einzubeziehen, doch keiner der beiden war für solch intime Gesellschaft bereit.
    Heute trug K’un-Chien ein ungebleichtes Seidengewand mit hochgeschlossenem Mandarin-Kragen. Ihr Haar ergoss sich wie eine Obsidian-Lawine über den schlichten Stoff. Porzellanglatte Haut. Strahlend blaue Augen. Das Gesicht eine Mischung aus Ost und West. Tree schluckte. Was konnte K’un-Chien davor retten, zur nächsten Kaiserin gewählt zu werden?
    Wer immer heute gewählt wurde, würde beim nächsten Vollmond den Opfergang antreten müssen; in wenigen grausigen Sekunden würde ihre Schönheit zu einer Fleischbrühe in den Gedärmen der Fische reduziert werden.
    »Mis amigos.«
    Die drei wandten sich um und sahen Domino durch die Menge auf sie zukommen. Seine gebrochene Nase war so verheilt, dass sie nun ein wenig größer und flacher war als vorher, leicht zur Seite gebogen.
    »Oh, Scheiße«, sagte Mason grimmig. »Da kommt mein Magengeschwür.«
    K’un-Chien trat einen Schritt vor und stellte sich schützend vor Tree.
    »Was zum Teufel willst du?«, fragte Mason. »Ich kann nicht glauben, dass du die Nerven hast, uns unter die Augen zu treten.«
    »Ich muss mit euch Akademikern etwas Wissenschaftliches bereden«, sagte Domino. »Aber zunächst, Tree, erlaube mir, mich bei dir zu entschuldigen.«
    »Untersteh dich«, sagte Tree.
    »Ich war sehr betrunken, das weißt du.«
    »Das ist keine Entschuldigung.«
    »Es tut mir Leid, wirklich. Ich bedaure es aufrichtig.«
    »Halt einfach den Mund. Erwähne es nie wieder.«
    »Abgemacht. Lass es uns vergessen. Es ist nie geschehen.«
    »Zum Teufel damit«, sagte Tree. »Es ist geschehen. Ich werde es nie vergessen – ich möchte einfach nicht darüber reden. Kannst du das verstehen?«
    Domino hob die Hände. »Ja, das tue ich.«
    »Ich bezweifle, dass du das kannst.«
    Mason funkelte Domino an.

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