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Das Geheimnis am goldenen Fluß

Titel: Das Geheimnis am goldenen Fluß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Canter Mark
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erzählen, dass wir ihr Geheimnis kennen und dass wir sie immer noch lieben.«
    »Okay«, sagte Mason. »Du hast Recht. Hör zu, wir gehen mit und helfen ihr, die Bienen auszuräuchern; dann schicken wir Kiki in die Stadt und überzeugen K’un-Chien, uns zu begleiten und ein Floß zu bauen, mit dem wir uns flussabwärts in Wawajero-Gebiet treiben lassen.«
    »Uns begleiten? Wohin? Nach Kalifornien?«, fragte Tree. »Überleg mal: Einwanderungsbehörde. Papierkram. Ärztliche Untersuchungen. Ihr Geheimnis würde entdeckt werden. Die Medien würden sie bei lebendigem Leib auffressen.«
    »Hast du eine bessere Idee?«
    »Mason, ich bin bereit, in Jou P’u T’uan zu bleiben, solange du und K’un-Chien da seid.«
    »Aber – Yu Lin – sie würde uns beide umbringen lassen. Und Hsiao Pi würde geopfert werden.«
    »Meng Po ist jetzt Kaiser. K’un-Chien ist der lang erwartete Lung-Hu. Sie kann ihre Identität preisgeben und ich meine – als ihre Halbschwester. Sie würden uns nichts tun, wenn die Wahrheit herauskäme. Und nun, da der Lung-Hu erschienen ist, bestünde kein Grund mehr, Hsiao Pi zu opfern.«
    Er ergriff ihre Schultern, sah ihr fest ins Gesicht. »Bist du bereit, für den Rest deines Lebens in Jou P’u T’uan zu bleiben?«
    »Ich fand gerade heraus, dass ich dort Familie habe.«
    »Sei ernst.«
    »Ich weiß nicht, ob ich für den Rest meines Lebens dort bleiben möchte, ich weiß nur, wie ich mich heute fühle. Und heute bin ich nicht bereit, K’un-Chien zu verlassen. Wir können sie nicht einfach zurücklassen und in den sicheren Tod schicken.«
    Mason sah zu K’un-Chien hoch. Ihre Augen waren geschlossen, und sie wiegte den schlafenden Kiki und Hsiao Pi sanft im Schoß.
    »Eines weiß ich ganz sicher«, sagte er. »Mein Zuhause ist dort, wo mein Herz ist. Ich werde dich nicht noch einmal verlassen, Tree. Solange du bei mir bist, ist Jou P’u T’uan das Paradies.«

48
    Mit geschlossenen Augen ließ K’un-Chien im Halbschlaf ihre Gedanken und Gefühle dahintreiben. Sie spürte Kikis und Hsiao Pis Herzschläge, ein Duett kleiner Trommeln, die im selben Takt schlugen wie das Herz in ihrer Brust. Kiki roch nach nassem Pelz, sein Atem nach Wildtrauben, von denen er sich hauptsächlich ernährte. Hsiao Pi roch nach Schweiß, Ingwer und Jasmin.
    Trauer und Freude durchströmten sie wie zwei Rinnsale, die einen einzigen tiefen Fluss der Gefühle speisten. Ihr Ankämpfen gegen den Schmerz und das Klammern an die Freude bildeten hier und dort Dämme in dem Fluss. Wenn sie sich auf die Hindernisse konzentrierte, wurden diese allmählich von der Strömung des Paradoxons überspült.
    Sie würde nie aufhören, Tree zu lieben. Sie würde Mason niemals vergessen. Obwohl die beiden sie nicht liebten. Obwohl sie nie deren Heimat sehen würde. Sie betete, dass die beiden bald zu Hause sein und so lange leben würden wie der Schildkrötengott, dass sie sich lieben und viele Söhne haben würden.
    Unerwiderte Liebe war schrecklich schwer zu verkraften, aber es war möglich. Am wichtigsten war, nicht aufzuhören zu lieben, sich nicht in Selbstmitleid zu verlieren. Immer wieder musste sie sich bewusst dafür entscheiden, ihre Gefühle in Richtung ›Ich liebe die beiden‹ zu lenken als über ›Sie lieben mich nicht‹ zu brüten.
    K’un-Chien fühlte sich an eine alte Legende über einen jungen Mann erinnert, der über den Schmerz einer unerwiderten Liebe hinauswuchs. Er war ein armer Holzfäller, der sich in die Tochter des Kaisers verliebte, als er sie in einem Fluss baden sah. Er erklärte ihr seine Liebe mit solch leidenschaftlicher Inbrunst, dass sie zu Tränen gerührt war. »Geliebter, erst auf dem Friedhof wird es mir eines Tages vergönnt sein, mit dir zusammenzukommen«, sagte sie und meinte, dass eine Prinzessin und ein Holzfäller erst im Tode Gleichgestellte wurden. Doch der junge Mann, außer sich vor Bewunderung für die Prinzessin, nahm ihre Worte wörtlich, ging zum Friedhof und wartete darauf, dass die Prinzessin erschien. Tag für Tag dachte er, während er auf sie wartete, an nichts anderes als an seine Angebetete, an ihren entzückenden Liebreiz und ihr außergewöhnliches Wesen. Dies brachte ihn dazu, ihren Ahnen zu danken, die ihre Geburt erst möglich gemacht hatten, und über die Elemente zu meditieren, die ihr zu leben erlaubten. Allmählich weitete sich seine Bewunderung auf die höheren Sphären des Seins aus, die der Frau, die er liebte, Leben schenkten, bis es ihm schließlich so

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