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Das Geheimnis der Äbtissin

Das Geheimnis der Äbtissin

Titel: Das Geheimnis der Äbtissin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Marie Jakob
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Weder Beatrix noch Konrad waren zu sehen.
    Dann war der Soldat bei ihnen. Ohne Zaudern schob er sie zur Treppe. Hinter ihnen krachte ein Donnerschlag und ließ die Luft um sie herum vibrieren. »Schnell hinab, hohe Frauen!«, rief er und folgte ihnen bis zur Wachstube im Obergeschoss des Turms.
    Als sie den Bergfried verließen, schlugen die Blitze in immer kürzeren Abständen ein. Es gab keine Pausen zwischen grellem Licht und krachendem Bersten. Über dem leeren Burghof hing ein metallischer Geruch. Sie rannten hinüber zum Palas, Judith voller Angst und Isabella voller Lust über das Gesehene. Gerade als sie die Treppe erreichten, fielen die ersten schweren Tropfen. Wie rohe Wachteleier zerplatzten sie auf dem Pflaster und wirbelten winzig kleine Staubwölkchen auf. Sida kam winselnd neben den Stufen hervor und schoss an ihnen vorbei zur Tür.
    Im Saal lief die Dame Margot händeringend vor Gesinde und Soldaten auf und ab, die sich vor dem Unwetter hierher geflüchtet hatten. »Jemand muss sie suchen gehen!« Ihr burgundischer Akzent schwächte die Dramatik in ihrer Stimme, und Judith, die atemlos an der Tür lehnte, sah hier und dort einen der Knechte hinter vorgehaltener Hand grinsen. »Sie ist da draußen ganz allein, schutzlos den Blitzen ausgeliefert!« Ihre fragenden Blicke trafen gesenkte Köpfe. Niemand wollte bei solch einem Gewitter freiwillig hinaus, und jeder fragte sich, was die Königin wohl dazu bewogen hatte, trotz des offensichtlichen Wetterumschwungs zu Fuß die Burg zu verlassen.
    Judith lag schon ein »Sie ist nicht allein!« auf der Zunge, als sie Isabellas Fuß schmerzhaft auf ihrem Zeh fühlte.
    »Sei still!«, hörte sie dicht an ihrem Ohr. »Und komm mit!« Während sie mit Sida auf den Fersen die Wendeltreppe zur Kemenate hinaufstiegen, sagte Vogt Eckardt etwas hinter ihnen.
    »Wetten, dass er Rupperts Sohn losschickt, sie zu suchen?« Judith kicherte.
    »Der Schwachsinnige findet sie nie. Der läuft nur im Kreis um die Burg.«
    »Aber er ist der Einzige, der sich nicht vor dem Gewitter fürchtet.«
    »Weil er nicht weiß, was alles passieren könnte.«
    In der Kemenate waren sie allein. Im Raum war es kühl und dunkel. Ab und zu ließ ein Blitz die hellen Gevierte der Fenster aufleuchten. Isabella entzündete eine Kerze. Sida sprang auf ein Bett und rollte sich zufrieden zusammen. Der Regen prasselte auf den Fenstersims zum Hof. Ein kleines Rinnsal bildete sich auf dem Stein, noch unschlüssig, wohin es laufen sollte.
    »Was hast du vor?«, fragte Judith ungeduldig.
    »Wenn wir jetzt schon unsere Karten aufdecken, wird Ihre Hoheit behaupten, sie hätten sich zufällig getroffen. Wir müssen sie wirklich ertappen, verstehst du? Mit richtigen Zeugen.«
    »Sind wir denn keine Zeugen?«
    »Mir würde unterstellt werden, ich wäre auf mein Anrecht als Friedrichs Tochter aus und wolle der Königin schaden. Und von dir wird man sagen, du würdest mich dabei unterstützen wollen.«
    In diesem Punkt musste Judith ihr recht geben. »Und wenn sie sich wirklich nur zufällig getroffen haben?«
    Isabella starrte sie an, als wäre sie ein Kalb mit zwei Köpfen. »Du bist ein unverbesserliches Schaf! Mit deiner Menschenkenntnis taugst du höchstens zum Einsiedler«, fauchte sie. »Aber von mir aus kriech ihr nur weiter hinterher, deiner Busenfreundin. Wirst schon sehen, was du davon hast.«
    »Sie ist nicht meine …«
    Vom Hof drang Hufgetrappel herauf. Sie sprangen gleichzeitig zum Fenster und stießen dabei fast mit den Köpfen zusammen. Mit kraftlosen Schritten stakste Konrads Pferd über den Hof. Es trug zwei Reiter, die in einen Umhang gewickelt waren. Als sie vor dem Palas ankamen, erkannten sie Beatrix, deren Schleier ihr im Gesicht klebte. Hinter ihr glitt Konrad aus dem Sattel. Eilig schob er die Königin die Treppe hinauf und öffnete die Tür. Der Falbe senkte den Kopf und wartete im strömenden Regen. Es dauerte nicht lange, da hörten sie Margots Freudenschrei.
    »Jetzt wird er erzählen, wie er sie gerettet hat. Wahrscheinlich hat er sie dem Tod förmlich aus den Händen gerissen«, spottete Isabella.
    Judith fühlte ihre Füße in den Lederschuhen feucht werden. Das Regenwasser lief in kleinen Bächen an der Innenwand der Kemenate herunter. »Mist!« Auch ihr Kleid war nass geworden.
    »Da weißt du, wie sich unsere Hoheit erst fühlen muss. Sie sah aus wie eine Katze, die ertränkt werden sollte. Gut, dass dein Vater ihr seine Schlafkammer zur Verfügung gestellt hat, sonst hätten

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