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Das Geheimnis der Äbtissin

Das Geheimnis der Äbtissin

Titel: Das Geheimnis der Äbtissin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Marie Jakob
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ihrem Fohlen im Stall. Judith nahm sich vor, jemanden nach ihr zu schicken, ehe die Vorstellung begann.
    Als die Diener die Tafel geräumt hatten, breitete sich gespannte Erwartung aus. Der Glatzkopf stimmte seine Laute, und Hanima drehte die Leier. Eine wehmütige Melodie zog über die Köpfe hinweg. Der Junge zerrte einen Kasten durch die Tür und legte Fackeln zurecht, das Mädchen streichelte die Ziege, die begeistert an den Binsen auf dem Boden knabberte.
    Judith trat hinaus auf die Treppe. Die Dämmerung senkte sich bereits über den Hof. Als hätte er geahnt, dass sie nach ihm Ausschau hielt, kam Swen durch das Tor gehastet. Er winkte aufgeregt und brabbelte vor sich hin. Das brennende Gefühl in ihrem Magen war plötzlich wieder da. »Was ist passiert?« Sie lief ihm entgegen.
    »Gerti!«, brachte er heraus. »Gerti!«
    Etwas war mit der Stute. Deshalb kam Isabella nicht. Sie brauchte ihre Hilfe. »Warte, ich hole meine Tasche!«
    Swen hielt sie am Arm fest. »Keine Tasche.« Er rang um Worte. »Gerti … ist … allein. Sida ist weg…gelaufen.«
    Was interessierte sie jetzt der Hund? Und Gerti? Als sie die Stute zuletzt gesehen hatte, stand sie vor der Runesburg. Ein heftiger Schreck fuhr ihr durch die Knochen. »Du meinst, Gerti ist allein zurückgekommen?«
    Swen nickte nachdrücklich und zerrte an ihrem Arm. Sie riss sich los und rannte zurück in den Saal.
    Kurze Zeit später saßen sie auf den Pferden. Der Graf und eine Handvoll Wachsoldaten folgten Judith, ihrem Bruder und Swen. Der Knecht führte Gerti an der Leine, vielleicht konnte sie helfen, Isabella aufzuspüren. Die Soldaten trugen Fackeln, denn die Dämmerung schritt schnell voran. Im Westen leuchtete bereits der Abendstern. Judith spornte ihr Pferd an. Sie wollte das letzte spärliche Tageslicht nutzen, um wenigstens die Stelle zu finden, an der die Vermisste ihre Stute zurückgelassen hatte. Das erwies sich als einfach. Dort, wo der Weg sich vor dem Hügel krümmte, fanden sie einen freigescharrten Fleck und abgeknickte Äste. Hier irgendwo war Isabella ins Gestrüpp gekrochen.
    »Was zum Teufel wollte sie hier?«, knurrte der Graf beim Absitzen. In seiner Stimme schwangen Zorn und Sorge.
    Die Soldaten steckten die Köpfe zusammen und murmelten aufgeregt.
    »Worauf wartet ihr?«, rief Ludwig laut. »Zündet die Fackeln an und durchkämmt die Büsche. Wir müssen sie finden!«
    Die Männer griffen zögernd nach ihrem Feuerstein. Judith ahnte, was in ihnen vorging. Schon bei Tage wagte niemand, die Runesburg zu betreten. In der Dämmerung war es schier unmöglich. »Macht euch keine Sorgen! Das Feuer wird euch schützen!«, sagte sie und versuchte ihrer Stimme einen festen Klang zu geben. Sie wusste nicht, ob Geister vor Flammen zurückschreckten, doch sie musste sie dazu bewegen, auf den Hügel zu gehen. Sie selbst duckte sich und kroch auf die Stelle zu, von der sie glaubte, Isabella am Nachmittag dort gesehen zu haben. Im Halbdunkeln sah alles so anders aus.
    »Judith, du bleibst hier!«, donnerte der Graf.
    »Vater, ich begleite sie«, rief Ludwig, der bereits hinter ihr stand. »Sie weiß, wo Isabella hingegangen ist!«
    »Wieso weiß sie das? Und warum kriecht die Jungfer in diesen verfluchten Büschen herum, bricht sich dabei den Hals und bringt uns in eine missliche Lage?« Wütend stampfte der Graf im Gras auf und ab.
    Sie verstand seine Worte nicht mehr, sie war schon ins Gestrüpp gekrochen. Dichtes Astwerk und Dornen zerrten an ihren Kleidern und an der Haube auf ihrem Kopf. Hinter sich hörte sie Ludwig keuchen.
    »Sie war dem Bischof auf den Fersen, nicht wahr?«, fragte er.
    »Du weißt davon?« Vorsichtig bog sie einen Hagebuttenzweig beiseite. Ein dunkler Schatten bewegte sich im Fackellicht. Sie erschrak, bis sie erkannte, dass es ihr eigener war.
    »Sie hat mir alles erzählt.« Er fluchte leise. »Sie war so besessen von dieser Idee, die beiden zu überführen!«
    »Gib mir deine Fackel, ich kann nichts sehen«, bat sie. Sie drängten sich an einem Weißdornbusch vorbei, dessen Blütenblätter wie Schnee auf sie herabrieselten. Schaudernd wischte sie eine klebrige Spinnwebe aus ihrem Gesicht. Wenn sie nur gewusst hätte, dass Ludwig eingeweiht war, dann hätte sie ihn am Nachmittag um Rat gefragt. Warum hatte Isabella ihr nichts davon gesagt? Ein Ast schnippte ihr ins Gesicht. Sie zuckte zurück und spürte ein Brennen auf der Stirn.
    »Lass mich vorangehen«, sagte Ludwig und zwängte sich an ihr vorbei. Als der Schein

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