Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Geheimnis der Burggräfin - Roman

Das Geheimnis der Burggräfin - Roman

Titel: Das Geheimnis der Burggräfin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
Vom Netzwerk:
saß Bandolf eine Weile in tiefem Nachdenken versunken auf der Bank. Endlich hob er den Kopf.
    »Geh und bring mir diesen Umhang, den der Kämmerer am Rhein gefunden haben will«, befahl er Filiberta.
    Werno hatte berichtet, ein junger Jude mit Namen Joschua hätte nach Garsende gefragt. Dann sei sie mit ihm weggegangen und seither nicht zurückgekommen. Der jüdische Kaufmann wiederum, der Bandolf in Sachsen so geschickt unterstützt hatte, hatte ihm von seinem Sohn Joschua erzählt, der in Worms die Tora studierte. Gewiss gab es etliche Juden mit diesem Namen, aber der Burggraf glaubte nicht, dass das ein Zufall war.
    »Der Kurze Thomas soll ins Judenviertel laufen und im Haus des Kaufmanns Jehuda ben Eliesar nach dessen Sohn Joschua fragen«, wandte er sich an den Hausmeier. »Er soll ihn bitten, so rasch wie nur möglich in mein Haus zu kommen. Und schärfe Thomas ein, dass er sich beeilen muss.«
    Entgegen seiner sonstigen Gewohnheit schickte sich Werno an, dem Befehl des Burggrafen umgehend nachzukommen.
    Aber Bandolf hatte noch einen anderen Auftrag. »Du wirst zum Domstift gehen und mir den Kämmerer Pothinus herbeischaffen«, wies er den Hausmeier an.
    »Jetzt?« Wie vom Donner gerührt blieb Werno stehen. »Aber es hat doch just zur Terz geläutet, da wird der Kämmerer noch bei der Messe sein. Ich kann ihn doch nicht bitten, die Messe zu unterbrechen.«

    Bandolf warf ihm einen finsteren Blick zu. »Es ist mir gleich, wie du es anstellst«, knurrte er. »Und wenn du ihn aus der Kirche tragen musst, schaff ihn mir hierher.«
    Falls der Hausmeier noch andere Einwände auf der Zunge hatte, schluckte er sie hinunter.
    »Und du«, sagte Bandolf zu Hildrun, die augenscheinlich im Begriff stand, sich hinter dem Hausmeier aus der Halle zu schleichen, ehe der Burggraf auf einen weiteren unerquicklichen Einfall käme. »Du bringst mir etwas zur Stärkung auf den Tisch.«
    Eine halbe Mahlzeit später steckte Bandolfs Torhüter sein runzliges Gesicht zur Tür herein und vermeldete, dass draußen vor dem Tor zwei Juden stünden, die den Burggrafen dringlich zu sprechen wünschten.
    »Dann führe sie herein«, sagte Bandolf überrascht.
    Selbst wenn dem Kurzen Thomas unterwegs Flügel gewachsen wären, konnte der Jude, den er erwartete, doch unmöglich schon hier sein?
    Als die beiden Männer eintraten, erhob sich der Burggraf und ging ihnen entgegen.
    »Schalom, Burggraf. Ich bin Rabbi Jacob ben Jakar«, stellte der Ältere sich vor. Die Hälfte seiner Züge verschwand unter einem dichten langen Bart, doch die tiefen Falten um seine klaren Augen schienen von dem einnehmenden Lächeln zu rühren, das er auch jetzt zeigte.
    Belange der Wormser Juden fielen nicht in den Aufgabenbereich des Burggrafen, sondern in den des Kämmerers Pothinus. Dennoch war Bandolf der Name des Rabbiners nicht gänzlich unbekannt. Jacob ben Jakar galt als hochgeachteter und einflussreicher Mann in der jüdischen Gemeinde von Worms, ebenso in anderen Städten wie Mainz und Speyer. Überrascht fragte sich Bandolf, was den Rabbi in seine Halle geführt hatte.

    Im Gegensatz zu Jacob ben Jakar machte der junge Jude an seiner Seite den Eindruck, als habe er mit seinem Kaftan kürzlich eine Gasse gefegt. Ein Umstand, den er völlig zu missachten schien.
    »Mein Name ist Joschua ben Jehuda«, erklärte er ruhig und warf Bandolf einen ebenso abschätzenden Blick zu, wie sein Vater es in Sachsen getan hatte.
    Unwillkürlich lächelte Bandolf. »Ihr seid der Sohn Jehudas ben Eliesar?«, vergewisserte er sich.
    »Ihr seid meinem Vater begegnet?«, fragte Joschua.
    »Ich hatte im Harudengau das Vergnügen, ihn kennenzulernen. «
    »Wie geht es ihm?«
    »Als ich ihn zuletzt sah, war er wohlauf.«
    »Dem Ewigen sei Dank«, stieß Joschua hervor. »Aber …« Sorgenvoll runzelte er die Stirn.
    »Aber deshalb seid Ihr nicht hier«, stellte Bandolf fest. Als Joschua nicht weitersprach, fuhr Bandolf mit einem Anflug von Ungeduld fort: »Seid Ihr gekommen, um etwas darüber zu erfahren, wie es um den Auftrag Eures Vaters im Sächsischen bestellt ist? Oder betrifft Euer Besuch das Verschwinden der Heilerin, die man zuletzt in Eurer Begleitung gesehen hat?«
    Während Joschua ihm einen überraschten Blick zuwarf, rief Rabbi Jacob lachend: »Oi Gwalt! Offenbar besitzt Ihr nicht ohne Grund den Ruf, ein Mann zu sein, der Augen und Ohren stets offen hält.« Unvermittelt wurde er ernst. »Es gibt hier einiges, was es unter uns Dreien zu besprechen gilt.«
     
    Der

Weitere Kostenlose Bücher