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Das Geheimnis der Contessa - Historischer Roman

Das Geheimnis der Contessa - Historischer Roman

Titel: Das Geheimnis der Contessa - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Bracht
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versiegelten Brief und zog sich zur Tür zurück, auf Befehle wartend.
    Di Nanini las, dann ließ er das Blatt sinken.
    »Wo ist der Bote?«, fragte er mit brüchiger Stimme. Cassandra war aufgesprungen und schrie leise auf.
    »In der Küche, mein Fürst. Er war lange unterwegs.«
    »Schick ihn zu mir, sofort. Er kann sich noch die ganze Nacht hindurch den Bauch vollschlagen.«
    »Fabrizio?«, fragte Cassandra leise. Ihre Augen füllten sich mit Tränen.
    Der Principe nickte und sah sie an. Für einen Moment fühlte er wieder diesen tiefen, unbändigen Hass gegen die Medici, diese korrupten Aufsteiger, die glaubten, sich alles kaufen zu können. Können sie ja auch, dachte er traurig, sogar mich haben sie gekauft. Aber Cassandra kann nichts dafür, dass ich einen Fehler gemacht habe, überlegte er und schämte sich für seinen Zorn. Er drückte seiner Schwiegertochter mit stiller Miene die Hand. Im selben Moment öffnete sich die Tür, und Umberto kam in Begleitung eines jungen Mannes herein, der augenscheinlich mehr Angst hatte als Selbstbeherrschung.
    »Was ist passiert?«, fragte er ruhig, um den Boten nicht noch mehr zu verunsichern. »Warst du dabei, als es geschah?«
    Der Mann schüttelte den Kopf. Er sah vollkommen ausgezehrt und müde aus. An seinem Wams prangte das Wappen von Lucca. Er sei der Stallknecht des jungen Conte, erzählte er und verschluckte sich dabei fast vor Aufregung. Die Franzosen seien vertrieben, in den nächsten Tagen würden alle Soldaten wieder bei ihren Familien sein, aber Fabrizio sei einfach verschwunden. Er habe die ganze Zeit an der Seite der Brüder di Cavalli gekämpft, und dann, als Florenz endlich kapituliert habe und man in die Stadt eingeritten sei, habe ihn niemand mehr gesehen.
    »Du bist sicher, dass er nicht gefallen und so entstellt ist, dass man ihn nicht mehr erkennt?«, wollte di Nanini wissen. In seiner Stimme klang etwas wie Hoffnung. Der Stallbursche nickte beflissen.
    »Herr, ich ritt neben Eurem Sohn. Auf einmal war er wie vom Erdboden verschluckt.«
    »Und wenn ich dir das nicht glaube?«
    Der Fürst war aufgestanden und ging auf den Mann zu, der angstvoll zurückwich.
    »Ich schwöre es, Herr.«
    Der Principe nickte. Seine Darstellung glich der, die in Paolos Brief stand, bis ins Detail. Außerdem teilte der junge Conte dem Fürsten mit, er werde nach Fabrizio suchen. Er gehe davon aus, dass sein Verschwinden nichts mit dem Kampf zu tun habe, sondern dass es sich hier um eine Entführung handle.
    Di Nanini winkte Umberto zu sich und gab Anweisung, dass der Bote für die nächsten Tage im Gesindehaus bleiben und dort ausruhen solle. Dann nahm er Paolos Brief und begab sich in sein Schlafgemach. Vorsichtig öffnete er die Schatulle, die auf dem kleinen Tisch am Kamin stand. Wie gut, dass er den Inhalt nicht vernichtet hatte, so wie Umberto es ihm versucht hatte einzureden. Ja, er hatte die Pilze schon fast vergessen gehabt. Aber heute Nacht, das wusste er, würde er keinen Schlaf finden ohne die bunten Bilder, die ihn so viele Jahre getröstet hatten.
    »Bist du dir sicher?«
    Carlo betrachtete seinen älteren Bruder mit Sorge. Doch der junge Conte nickte.
    »Ja, ganz sicher. Du reitest mit unserem Tross nach Lucca, ich bleibe hier bei Giuliano und treibe die Suche nach Fabrizio voran. Sag unserem Vater, es ist alles in Ordnung. Ich stehe unter dem Schutz der Medici.«
    Der Jüngere schlug die Augen nieder. Es bekümmerte ihn, dass sein Bruder ihm gegenüber nicht ehrlich war. Hier ging es nicht um Fabrizios Rettung. Sie war nur das Mittel zum Zweck. Es ging darum, die Gunst des Fürsten zu erlangen, ihn in seiner Schuld zu wissen. Bella … Carlo atmete tief durch. Es war an der Zeit, dass er seinen eigenen Weg ging. Er würde dem Conte und seiner Gemahlin berichten und sich dann in das Vallombrosanerkloster in Gaiole im Chianti begeben, von dem er schon so viel gehört hatte. Die Brüder dort lebten streng nach den Regeln des heiligen Benedikt von Nursia und waren für ihre hervorragenden Weine weit über die Toskana hinaus bekannt. Ihrem Kloster hatten sie den Namen »Badia a coltibuono« gegeben: Abtei der guten Ernte. Carlo wusste, dort würde er bei Gebet und Arbeit seinen Frieden finden.
    »Carlo?«
    Paolos Bruder zuckte zusammen. Er war in Gedanken weit fort gewesen.
    »Ich sagte, es tut mir leid, dass ich dich einen Jammerlappen genannt habe. Ohne dich … wären viele von uns nicht mehr am Leben. Danke.«
    Paolo drückte seinen Bruder an sich, der diese

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