Das Geheimnis der Contessa - Historischer Roman
und an das Rosenwasser, das sie sich dafür von Gianni ertrotzt hatte. Rocco hatte es ihr irgendwann einmal erzählt. Seitdem aß sie dieses Gericht mit besonderem Genuss. Bella … ein schönes Mädchen war sie geworden, sollte man dem verliebten Paolo glauben dürfen. Sollte der junge Conte erfahren, wer sie war … Nein, das war in der jetzigen Situation unmöglich. Ihre Tochter war am Hofe di Naninis in Sicherheit. Und der Kampf um Florenz würde nicht ewig dauern. Die Medici waren reich genug, um ein riesiges Heer an Söldnern zu bezahlen, und mit der Unterstützung von Siena und Lucca würde sich die Stadt schnell ergeben.
Sie sah zu ihrem Gemahl hinüber. Er schlief immer noch. Also würde sie sich jetzt erst einmal stärken, bevor sie sich um ihn weiter kümmerte.
Donata schenkte sich etwas Wein ein und trat an das Fenster. Heute war es schwül; tiefe Wolken hielten die Sonne dahinter verborgen. Grillen zirpten, ansonsten lag die Stille eines Spätsommertages über dem Anwesen. Hoffentlich regnete es bald. Die letzten Wochen waren heiß und trocken gewesen, und die Pflanzen und Tiere brauchten dringend Wasser. Sie strich sich die langen dunklen Haare zurück und flocht einen lockeren Zopf daraus. Dann öffnete sie die oberen Schlaufen ihrer Bluse und vergrößerte so den Ausschnitt. Donata sah an sich hinunter. Das Gewand war aus leuchtender hellroter Seide gearbeitet; die Ärmel und die Taille waren reich bestickt. Darunter trug sie eine dünne Bluse aus feinstem Leinen. Viel zu warm für diese Jahreszeit, aber Ascanio hatte sich gewünscht, sie in diesem Kleid zu sehen, und sie hatte ihm den Wunsch erfüllt, so wie sie ihm auch in allem anderen bereitwillig entgegenkam. Sie trank einen Schluck aus dem schweren Pokal und blickte sich im Zimmer um, wieder einmal auf Entdeckungen eingestellt. Aber sie sah nichts, was ihr Interesse weckte. Also aß sie von den Kalmaren und trank den Wein von den Hängen ihrer Heimat Como.
»Es war kein Buttero.«
Erschrocken drehte sich Donata um. Sie hatte nicht gehört, dass Ascanio aufgewacht war. Sofort eilte sie an sein Bett.
»Es war kein Buttero«, wiederholte der Conte leise.
»Du erinnerst dich?«
Die Contessa spürte ihr Herz schneller schlagen. Vielleicht war ihr Verdacht nicht so unbegründet gewesen, wie Mahmut sie hatte glauben lassen wollen.
Di Cavalli schloss die Augen.
»Der Sattel … es war nicht der Sattel eines Buttero.«
Donata nickte. Die Sättel der Viehtreiber waren kunstvoll gearbeitet und wurden vom Vater an den Sohn weitervererbt. Sie waren leicht an den steil hochgezogenen, reich verzierten Rücken zu erkennen.
»Hast du den Reiter erkannt?«
Der Conte schüttelte den Kopf und stöhnte leise auf, als er sich im Bett bewegen wollte.
»Er trug ein Tuch vor dem Gesicht, wie ein gemeiner Dieb.«
»Also war es kein Unfall«, sagte Donata ruhig.
Der Conte nickte und schlief wieder ein.
Paolo und Carlo kamen mit ihrer Truppe, die stetig anwuchs, gut voran. Vor drei Tagen hatten sie Boten in die Dörfer rund um Lucca und zum Stadtvolk geschickt, um die Männer Luccas zu den Waffen zu rufen. Die Bauern hatten sie fürs Erste verschont und von jedem Hof nur einen Mann in die Pflicht genommen; es war kurz vor der Erntezeit, und die Frauen und Kinder würden es allein nicht schaffen. Und was nützte heute ein Soldat mehr, wenn im Winter dafür seine Familie verhungerte. Der junge Conte war sich sicher, die letzten französischen Soldaten innerhalb von Tagen vertrieben zu haben. Eigentlich wäre die Hilfe Luccas nicht nötig gewesen, aber er hatte sich sofort dazu bereit erklärt, um Siena und Florenz seine Loyalität zu beweisen. Bald würden sie auf die Truppen von Fabrizio und Giuliano treffen. Ihm zur Seite ritt sein jüngerer Bruder; schweigsam war er bis jetzt gewesen und ungewöhnlich ernst.
»Du wirst sehen, bald sind wir wieder in Lucca«, versuchte er Carlo aufzumuntern.
Der lächelte schief.
»Wir genießen ja auch das Privileg, bei den Kämpfen hinter der Linie zu bleiben. Aber die armen Teufel hier … was meinst du, wie viele von ihnen werden ihre Familien nie wiedersehen? Und alles nur, weil dieser Giuliano erneut in Florenz herrschen will.«
»Nein, nicht deshalb. Nicht nur.« Paolo spürte Wut in sich hochsteigen über die Kritik seines Bruders. »Die Allianz kann das Überleben Luccas retten. Florenz und Siena brauchen uns nicht, aber wir brauchen sie, versteh das endlich. Was sind ein paar Menschenleben im Kampf gegen all
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