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Das Geheimnis der Contessa - Historischer Roman

Das Geheimnis der Contessa - Historischer Roman

Titel: Das Geheimnis der Contessa - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Bracht
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dass er das zertretene Gesicht der Hure nicht aus dem Kopf bekam. Deshalb sagte er:
    »Ich mache mir Sorgen, Wirt. Um unser Grosseto. Kein Markt, keine Einnahmen.«
    Er seufzte und nahm einen Schluck. Der Wirt setzte sich zu ihm und legte ihm vertraulich die Hand auf die Schulter.
    »Im Augenblick, ja. Aber es wird nicht ewig dauern. Ein paar Wochen Stillstand werden uns schon nicht den Garaus machen. Sieh …«, er goss sich selbst großzügig ein und trank, »wenn es vorbei ist, wollen die, die überlebt haben, ihr Vergnügen haben. Das heißt Wein, Weiber, neue Kleidung, Viehzeug – alles. Du wirst sehen, Vogt, nach dem Kampf um Florenz geht es uns besser als je zuvor.«
    Diese Worte machten Eindruck auf Martini. Er kniff die Augen zusammen und betrachtete den Wirt eindringlich.
    »Wer hat dir das eingeflüstert?«, fragte er schließlich.
    Mario wurde rot und stand auf.
    »Jeder hier weiß das, Vogt, jeder«, sagte er möglichst gelassen und ging zurück an seinen Schanktisch.
    In Martinis Ohren hallten die Worte nach. Vielleicht hatte der Wirt Recht, und er als Vogt musste einfach gelassener sein und darauf vertrauen, dass sich die Dinge so entwickelten, wie es zu wünschen war. Er legte ein paar Münzen auf den Tisch und stand auf. Zu Hause wartete Francesca, kein schöner Gedanke. Nachdenklich begab er sich zu seinem Haus. Das Bild von dem zerstörten Gesicht begleitete ihn hartnäckig.
    Bella saß in der Mensa des Klosters und las. Die Bibliothek durfte sie nicht betreten, das war den Ordensbrüdern vorbehalten, aber der Abt hatte erlaubt, dass sie im Speisesaal studieren durfte. Bruder Angelo las ihr, was die Auswahl der Bücher betraf, jeden Wunsch von den Augen ab und schleppte willig alles hin und her. Jetzt, wo die Buchstaben nicht mehr vor ihren Augen tanzten, sondern sich zu Wörtern und Sätzen formten, machte ihr der Unterricht noch mehr Spaß als früher. Jeden Tag lasen sie einen Text aus der Heiligen Schrift, und Bruder Angelo erläuterte ihn. Danach schauten sie sich weltliche Bücher an mit Bildern von Tieren und Pflanzen, die sie noch nie gesehen hatte.
    »Seid Ihr sicher, Bruder Angelo, dass es diese Tiere wirklich gibt?«
    Der junge Mönch musste schmunzeln.
    »Wenn es sie nicht gäbe, hätte unser Abt das Buch nicht im Scriptorium kopieren lassen. Er legt Wert darauf, das Wissen zu sammeln, nicht die Vorstellung davon, was Wissen sein könnte.«
    Bella nickte, auch wenn sie nicht ganz verstand, was Bruder Angelo damit meinte. Unvermittelt sah sie ihn an und fragte:
    »Wie lange wird es noch dauern mit Florenz? Die Woche, über die alle sprachen, ist seit geraumer Zeit um.«
    Der Mönch sah sie ernst an.
    »Das liegt in …«
    »… in der Allmacht des Herrn, ja«, ergänzte Bella ungeduldig. Sie schätzte ihren Lehrer, konnte es aber nicht ertragen, wenn er tausend Umwege machte, anstatt direkt zu antworten. Bruder Angelo bekreuzigte sich.
    »Magdalena, wir alle warten täglich darauf, frohe Kunde aus Florenz zu erhalten. Aber die Franzosen bekommen dauernd Nachschub. Der Teufel selbst scheint ihr Verbündeter zu sein. Es ist nicht einfach, die Stadt von ihnen zu befreien.«
    »Ich verstehe das alles nicht«, sagte sie bekümmert.
    »Das musst du auch nicht«, sagte der Mönch sanft. »Bete für den Sohn des Principe und für all die Männer, die ihm gefolgt sind. Möge Gott sie alle heil nach Siena zurückbringen.«
    Der fromme Wunsch Bruder Angelos sollte sich nicht erfüllen. Auf den kühlen Herbst folgte ein früher Wintereinbruch, und die Belagerung dauerte immer noch an, ohne dass ein Ende in Sicht war. Der Principe tat, was er konnte, um an Informationen zu gelangen, aber die Lage war unverändert. Er machte sich bittere Vorwürfe, durch die Vermählung seines Sohnes diese Situation begünstigt zu haben. Und dann der harte Winter. Der Schnee lag wie ein Leichentuch über dem Hof in Ascarello.
    Sorgenvoll betrachtete di Nanini den geschwollenen Leib seiner Schwiegertochter. Sie war aufgeblüht in ihrer Schwangerschaft; ihre Züge waren mädchenhafter geworden. Sie sah fast hübsch aus. In der Sala war es still. Wie so oft in den letzten Wochen nahmen der Fürst und Cassandra ihr Mahl gemeinsam, aber schweigend ein. Als es an der Tür klopfte, sahen sich beide erstaunt an. Di Nanini hatte ausdrücklich angeordnet, dass er nicht gestört werden wollte. Ohne auf Erlaubnis zu warten, trat Umberto in den Saal. Ihm war anzumerken, wie aufgewühlt er war. Er überreichte seinem Herrn einen

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