Das Geheimnis der Contessa - Historischer Roman
Lust, sie sah es an seinem Blick, und er gab ihr genau diese Lust zurück, nein, mehr noch, er machte sie hungrig. Sie hatten sich schon einige Male gegenseitig mit ihrer Glut angesteckt, doch das war lange her. Habibi fühlte, dass Benedetto zum ersten Mal nicht Jolande in ihrer Umarmung suchte, sondern dass er sie wollte. Und nur sie. Eine Wonne stieg in ihr hoch, weit über die Leidenschaft hinaus. Seine langen Stirnfransen fielen in ihr Gesicht und kitzelten sie; sie lachte und hob sich ihm entgegen, um ihn noch besser spüren zu können. Ihre Haut war nass; ihre großen Augen glänzten. Benedetto hielt sie an den schmalen Hüften fest und drehte sich auf den Rücken, betrachtete sie dabei, wie sie langsam ihr Hemd hob und es auszog. Es war dunkel im Wagen; er sah nur ihre Silhouette. Er überließ ihr den Rhythmus der Bewegung, fühlte, wie sich die Lust in ihr ausbreitete. Für einen Moment schloss er die Augen, versuchte, wie um sich zu prüfen, an Jolande zu denken. Aber da war nichts anderes als Habibis heißer Atem an seiner Wange, ihr Stöhnen, die Schweißperlen auf ihrem Bauch. Er wusste, endlich hatte er die Vergangenheit hinter sich gelassen. Jolande, seine schöne Gauklerin, konnte endlich in Frieden ruhen. Benedetto griff in Habibis Haare und zog ihr Gesicht zu sich herab.
»Ich liebe dich«, flüsterte er. Dann gab es keine Gedanken mehr und keine Worte.
»Ich komme mir vor wie ein Dummkopf«, sagte Fabrizio düster und hielt seinen Spieß ins Feuer. Nach einem langen Tag zu Pferde hatten er und Paolo beschlossen, hier ihr Nachtlager aufzuschlagen. Sie würden am nächsten Tag zur Mittagszeit in Siena sein. Paolo sah ihn aufmerksam von der Seite an. Er ähnelte seinem Vater sehr, zumindest, was das Äußere betraf. Seitdem er mit dem jungen Adeligen in der Allianz gekämpft hatte, fragte er sich, ob er Fabrizio mochte. Er wusste es immer noch nicht zu sagen. Und er wusste genauso wenig, was er von der Geschichte seiner Entführung halten sollte. Nachdenklich stocherte nun auch Paolo im Lagerfeuer herum.
»Es gibt keine Beweise, dass man dich gegen deinen Willen festgehalten hat. Allein die kleine Hure auf dem Pferd – sie ist das Einzige, was in deine Geschichte passt.«
»Und doch ist es so und nicht anders.«
Wütend hatte Fabrizio seinen Spieß von sich geworfen und war aufgestanden. Unruhig schritt er am Feuer auf und ab.
»Giuliano und sein Bruder haben dir jedenfalls nicht geglaubt«, setzte Paolo nach, »sie halten dich für einen Mann, der sich mit Weibern vergnügt, anstatt sich um seine Pflichten zu kümmern.«
Er provozierte den anderen damit, und genau das war seine Absicht. Ganz gleich, was es war, er wollte einfach nur die Wahrheit von Fabrizio hören. Der war stehen geblieben und blickte in die Flammen.
»Siehst du nicht, Paolo, dass mich jemand denunzieren will? Ich bin in einem Kerker aufgewacht; es stank und war kalt, und die Ratten haben mein Brot gefressen. Und dann …«, er hob die Hände in den klaren Nachthimmel, »dann wache ich auf in feinen Kissen, werde verwöhnt und betäubt. Und bewacht, von fünf Söldnern, das schwöre ich bei meiner Mutter.«
Nun war auch Paolo aufgestanden.
»Man hat dich nicht misshandelt. Kein Lösegeld gefordert. Wenn Giovanni nicht zufällig nach Careggi gereist wäre, wärst du vielleicht immer noch dort und würdest dich in süßem Nichtstun ergehen …«
Fabrizio stöhnte auf und nahm seinen Kopf in beide Hände.
»Vielleicht haben die Lumpen ihren Plan geändert? Vielleicht wollten sie mich erst töten und dann doch nicht mehr?«
Paolo sah ihn skeptisch an.
»Vielleicht hast du einfach nur Angst vor der Verantwortung. Dein Vater ist ein hoch geachteter Nobile. Es wird nicht leicht für dich werden, ihm ein würdiger Nachfolger zu sein.«
»So denkst du also von mir«, sagte Fabrizio matt. Es war ihm anzusehen, dass ihn die letzten Tage und Wochen viel Kraft gekostet hatten. »Als ich Cassandra heiraten musste, habe ich mich gebeugt. Ich habe tagelang mit meinem Vater gestritten – und ich habe meine Pflicht erfüllt. Auch wenn sie mir heute ein gutes Weib ist – die ersten drei Jahre waren die Hölle, glaub mir!«
Fabrizio nahm seinen Spieß wieder auf und setzte sich zurück ans Feuer.
»Und dann Bella. Sie ist ein wunderschönes, kluges Mädchen, und ich habe gesehen, wie sie zur Frau reifte … und ich habe mich nach ihr gesehnt, nach ihrer Wärme und nach ihrem Kuss. Und doch habe ich mich ihr nie genähert,
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