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Das Geheimnis der Contessa - Historischer Roman

Das Geheimnis der Contessa - Historischer Roman

Titel: Das Geheimnis der Contessa - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Bracht
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auch.«
    Wieder grinste er bösartig. Francesca musste sich beherrschen, um ihn nicht auf der Stelle hinauszuwerfen. Doch sie war sich ihrer Lage bewusst und versuchte auf Zeit zu spielen.
    »Und wenn ich nicht will?«, fragte sie ruhig. Mario betrachtete sie von oben bis unten und verzog das Gesicht, als hätte er in einen faulen Apfel gebissen.
    »Sagen wir mal so, liebe Francesca, wenn es den Vertrag gibt, bekomme ich die Hälfte vom Kuchen. Wenn es keinen Vertrag gibt, sitzt du morgen auf den Kirchenstufen und musst um Suppe betteln. Weil dir gar nichts gehört. Also: Ich bin dafür, der Vertrag findet sich irgendwo. Was meinst du?«
    Er schob seinen dicken Bauch nach vorn und stand unter Mühen auf. Francesca zitterte vor Zorn. Mario klopfte zum Gruß auf den Tisch und wandte sich wortlos zur Tür. Francesca sah ihm nach. In ihrem Kopf arbeitete es. Erst der Fremde, der sie erpresste, und jetzt der Wirt. Das alles musste aufhören, und zwar schnell. Sie würde sich dem neuen Vogt anvertrauen.
    Carlo hatte nur das Nötigste mitgenommen für seine Reise. Er würde das Pferd, sobald er in Gaiole angekommen war, zum Hof seines Vaters zurückschicken mit all seiner irdischen Habe. Es war schwer zu sagen, wie der Conte auf seine Flucht – denn das war es – reagieren würde. Carlo horchte, brachte sein Pferd zum Stehen. Nichts. Er atmete auf. Seitdem er die Stallungen des Palazzo hinter sich gelassen hatte, spürte er Unruhe in sich. Ob das sein schlechtes Gewissen war? Oder saßen vielleicht doch die Häscher des Grafen zwischen den Bäumen und warteten auf eine günstige Gelegenheit, um ihn zu schnappen und zurückzubringen?
    Er kniff die Augen zusammen und versuchte, diese Gedanken loszuwerden. Die Sonne würde bald aufgehen, und er hatte bereits einen guten Teil der Strecke geschafft. Sobald es hell war, würde er Rast machen.
    Carlo atmete die klare Winterluft ein und blickte sich um. Sanft rundeten sich die Hügel der toskanischen Landschaft vor ihm; die zarte weiße Schneedecke betonte ihre Formen. Wie ein schönes, wohlgeformtes Weib, ging es ihm plötzlich durch den Kopf. Erstaunt über seine Gedanken schüttelte er den Kopf. Solange er denken konnte, hatte nie ein Mädchen sein Herz berührt; er war noch nie verliebt gewesen. Er mochte Frauen, aber er hatte noch nie das Begehren gespürt, von dem Paolo so oft gesprochen hatte, dieses Verlangen nach Nähe und Zärtlichkeit, dem Rausch von Küssen und Umarmungen. Nein, er war sich sicher, er würde es auch in Zukunft nicht vermissen. Sein Platz war bei den Brüdern in Gaiole, und er würde sein Leben als Mönch und Weinbauer beschließen.
    »Du hast ihm also geholfen!«
    Ascanio di Cavalli schäumte vor Wut. Paolo stand vor ihm am Kamin und erwiderte nichts. Ungeduldig stampfte der Conte mit seiner Krücke auf den Boden.
    »So sag endlich, wann ist er fortgeritten?«
    »Gestern Abend, nach dem Nachtmahl«, antwortete Paolo leise. Das stimmte nicht. Carlo war erst gegen Mitternacht aufgebrochen. Aber wenn der Conte erfuhr, dass der Vorsprung so gering war, würde er vielleicht doch ein paar Diener hinter ihm herschicken. Paolo sah seinen Vater an. Der schien zu überlegen, was nun zu tun sei. Ascanio schwieg lange. Schließlich sagte er:
    »So sei es. Mein Sohn Carlo ist tot. Nun habe ich nur noch dich, Paolo. Enttäusche mich nicht.«
    Der junge Conte spürte die Verbitterung seines Vaters in diesen harten Worten. Er ging zu seinem Sessel und kniete sich neben ihn, nahm Ascanios Hand.
    »Er geht seinen Weg, Vater. Wie jeder von uns.«
    »Nein«, brüllte der Conte und zog seine Hand zurück, »er ist tot. Verloren für unsere Welt. Ich hasse ihn!«
    Tränen liefen über seine Wangen, er zitterte am ganzen Körper. Die Tür flog auf; Mahmut kam herbeigelaufen und setzte sich ebenfalls an Ascanios Seite. Seine dunklen Augen funkelten. Paolo wandte sich ab. Dieser Araber war ein lebendiger Schatten seines Herrn. Wenn Vater ihm gebieten würde, sich selbst zu verbrennen, so würde er wohl auch das tun, überlegte er angewidert und ging zur Tür. Der Conte schluchzte immer noch; Mahmut hielt ihn wie eine Mutter im Arm und wiegte ihn hin und her. Als sich die Blicke der Männer trafen, lag nur Verachtung füreinander darin.
    Du bist der Erste, den ich hier vom Hof jage, wenn ich die Macht dazu habe, dachte Paolo und schloss die Tür hinter sich. Er würde jetzt zu Donna Donata gehen. Das würde ihn auf andere Gedanken bringen. Vielleicht fiel ihr etwas ein, wie

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