Das Geheimnis der Contessa - Historischer Roman
und nimm dir eine Frau aus dem Hause Medici. Soweit ich weiß, haben die den Stall voll mit Weibern.«
»Verzeiht, Vater, aber die Medici sind auch keine Nobili.«
Paolo sah seinen Vater provozierend an.
»Ich habe Nein gesagt«, schrie der Conte, »Nein zum Kloster und Nein zu dieser Verbindung. Nein und Nein und nochmals Nein. Und nun geht mir aus den Augen, alle beide!«
Betreten schlichen die Brüder davon. Jedes weitere Wort war überflüssig, wenn ihr Vater so wütend war.
»Komm«, sagte Paolo zu seinem Bruder, als sie die Halle des Palazzo erreicht hatten, »lass uns nach den Pferden sehen. Welches willst du eigentlich mitnehmen nach Gaiole?«
Carlo blickte seinen Bruder überrascht an. Dann lächelte er. Er hatte sich in Paolo doch nicht getäuscht; er konnte sich wie immer auf den Älteren verlassen.
Die Nachricht, dass der neue Stadtvogt in Grosseto angekommen war, verbreitete sich wie ein Lauffeuer in dem Städtchen. Neugierig betrachteten die Einwohner den schwer beladenen Wagen mit den beiden Reisenden, manche grüßten oder verneigten sich. Umberto selbst war überrascht von der Lebendigkeit, die hier herrschte, besonders von dem bunten Treiben auf dem Marktplatz. Er ließ sich von Nwuma bei der Kirche absetzen und verabredete sich mit ihm in der Schenke. Wie er von dem Nubier erfahren hatte, zählte der Prete zu den Menschen hier, die stets über die neuesten Informationen verfügten. Zudem machte ihn das Beichtgeheimnis zu einem vertrauenswürdigen Gesprächspartner.
Für einen kurzen Moment sammelte er sich, dann griff er entschlossen nach der schweren Türklinke und trat in das Gotteshaus ein. Er war schon lange nicht mehr in einer Kirche gewesen, und er konnte nicht von sich behaupten, dass er diese Besuche vermisst hätte. Doch das würde nun anders werden, und er würde seine Einstellung zu Klerus und Kirchgang ändern. Als Vogt musste er mit gutem Beispiel vorangehen und den Bürgern Grossetos zeigen, dass es nicht nur Lumpen gab, die dieses Amt bekleideten. Langsam schritt er durch den Mittelgang und wandte sich dann nach links zum Seitenaltar. Die Darstellung der Verkündigungsszene zog ihn in seinen Bann. Der Engel, der Maria die frohe Nachricht überbrachte, hatte riesige, weit ausladende Schwingen, die sich über das Altarbild hinaus in den Raum hinein auszubreiten schienen. Etwas Verstörendes war an diesem Engel, aber Umberto wusste nicht zu sagen, was es war. Er schloss die Augen und wollte beten, da spürte er eine Hand an seiner Schulter. Erschrocken blickte er auf. Es war der Pfarrer.
»Ich will Euch nicht stören, mein Sohn.« Der Prete sprach sehr leise. »Wir müssen uns unterhalten. Aber nicht heute. Kommt zu mir, wenn der Markt wieder abgebaut ist.«
Er machte das Segenszeichen über Umberto, dann war er auch schon in der Sakristei verschwunden.
Der neue Stadtvogt wunderte sich. So hatte er sich die erste Begegnung mit dem Kirchenmann nicht vorgestellt, aber es sollte ihm recht sein. Er hatte in den kommenden Tagen genug zu tun. Gedankenversunken machte er sich auf den Weg zur Schenke, wo Nwuma ihn bereits erwartete. Der dickleibige Wirt stand in Begleitung seines Weibes und der Schankmagd an der Tür, um ihn persönlich willkommen zu heißen. Umberto ließ die Begrüßung wohlwollend über sich ergehen, sprach ein paar verbindliche Worte und gesellte sich dann zu dem Nubier. Sofort war Mario bei ihm und tischte auf, was Küche und Keller zu bieten hatten.
Der Vogt, obwohl gute Speisen gewöhnt, war angenehm überrascht. Hier schien es sich leben zu lassen, und das war wichtig, denn er würde für die nächsten Tage oder Wochen in der Schenke wohnen, bis er ein eigenes Haus gefunden hatte. Doch wie zu allen anderen Dingen, hatte der Wirt auch hierzu eine eigene Meinung. Er setzte sich neben Umberto auf die Bank und rückte dicht an ihn heran.
»Martinis Haus gehörte einmal zum Grundbesitz der heiligen Mutter Kirche«, fing er an, und dabei sah er sich um, als sei das Folgende außerordentlich vertraulich, »aber der liebe Verstorbene hat es irgendwann gekauft, und nun wohnt seine arme Schwester ganz allein darin. Vielleicht könnt Ihr es Francesca abkaufen. Wie ich sie kenne, hängt sie so wenig daran wie an ihrem Bruder.«
Er lächelte Umberto aufmunternd zu und stand mit einem Seufzer auf. Als er an einem anderen Tisch ins Gespräch vertieft war, sagte Nwuma wie beiläufig:
»Ein unangenehmer Mann. Und einer von Martinis kleinen Spießgesellen, da bin ich mir
Weitere Kostenlose Bücher