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Das Geheimnis der Contessa - Historischer Roman

Das Geheimnis der Contessa - Historischer Roman

Titel: Das Geheimnis der Contessa - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Bracht
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man seinen Vater trösten könnte. Carlo hatte versprochen, sich zu melden, wenn er im Kloster angekommen war. Paolo dachte in tiefer Verbundenheit an seinen jüngeren Bruder. Wie mutig von ihm, sich gegen den Willen des Vaters für einen solchen Lebensweg zu entscheiden. In den langen Gesprächen, die sie seit seiner Rückkehr miteinander geführt hatten, war klar geworden, dass es keine Laune, sondern der Herzenswunsch eines jungen Mannes war. So wie es mein größter Wunsch ist, Magdalena für mich zu gewinnen, dachte er und lächelte wehmütig. Er vermisste ihre Fröhlichkeit und den strahlenden Blick aus zweifarbigen Augen und … er sehnte sich nach ihrer Umarmung, nach einem liebevollen Kuss. Paolo seufzte und wandte sich der anderen Seite der Galerie zu, wo das Gemach der Contessa lag.

26. KAPITEL
    B ella streckte beide Arme seitlich aus und versuchte, still stehen zu bleiben, damit der Schneider an ihr Maß nehmen konnte. Der rundliche Mann umtanzte sie mit schnellen kleinen Schritten, unablässig vor sich hin redend. Schließlich hielt er inne und rief seinem Gesellen ein paar Zahlen zu. Vor ihr auf dem Bett lagen einige Ballen mit Seide und leichter Wolle, daneben stapelten sich aufgerollte Spitzenbänder und Schleifen.
    Der Fürst hatte ihr nach Umbertos Abreise nicht nur dessen Gemach überlassen, sondern auch die besten Handwerker aus Siena bestellt, um sie mit Gewändern, Schuhen und Wäsche auszustatten. Nachdem sich die beiden Schneider unter Verbeugungen zurückgezogen hatten, ließ sich Bella auf ihr neues Bett fallen und blickte hoch zum dezent bestickten Baldachin. In diesem Gemach war natürlich das Wenigste so prunkvoll gearbeitet wie in den Räumen der Nobili, aber auch hier hatte man Seide und edle Hölzer verarbeitet, und die Laken und Kissen waren wie beim Fürsten aus feinem Leinen. Sie schloss die Augen und strich über den zarten Stoff, erfühlte die aufgestickten Ornamente. Eigentlich sollte ich glücklich sein, dachte sie. Der Principe hatte Bella wirklich zu seinem Ratgeber ernannt und ehrte ihren neuen Stand mit kostbarer Kleidung und einem eigenen großen Zimmer. Bruder Angelo durfte sie ab sofort hier, in ihrem Gemach, unterrichten, und der Fürst hatte seinem Wunsch Ausdruck verliehen, der Mönch möge den Schwerpunkt der Studien künftig auf Geschichte und Mathematik legen.
    Bella stand auf und ging zu dem Tisch, der sich in der Mitte des Raumes befand. Sie nahm Feder und Tinte und strich zärtlich über das Papier, als sie es vor sich ausbreitete. Sie würde damit beginnen, ihre Rezepturen aufzuschreiben, und zwar von der ersten an. Dann hatte sie den Kopf frei für andere Dinge. Bella dachte an ihre Kindheit in der Küche bei Gianni und Rocco, an die glänzenden Kalmare, den gefüllten Schwan, die raffinierten Soßen. Rosenwasser … In Erinnerung an ihren Trotz dem Küchenmeister gegenüber musste sie lächeln. Wenn er mich so sehen könnte, überlegte sie, und eine Woge der Zärtlichkeit durchströmte sie, er wäre stolz auf mich … Als es an der Tür klopfte, sah sie kurz hoch, hörte aber nicht auf zu schreiben. Es war Massimo. Verlegen trat er von einem Fuß auf den anderen. Die Situation schien ihm peinlich zu sein.
    »Wenn man dich so sieht, denkt man, du hättest schon immer mit Feder und Tinte geschrieben«, sagte er nachdenklich. Bella stand auf und trat ihm entgegen.
    »Wichtig ist doch nur – ich bin Magdalena, die Köchin, und das werde ich auch bleiben. Und nun sag mir: Was willst du hier um diese Zeit? Bruder Angelo kommt gleich, und du weißt, wie streng er ist.«
    Sie grinste, und Massimo grinste zurück. Dann betrat er mit vorsichtigen Schritten den Raum und überreichte ihr einen Brief.
    »Von Nwuma«, sagte er auf ihren fragenden Blick hin. Bella nahm das Schreiben und brach verwundert das Siegel auf.
    »Ich wusste gar nicht, dass der Nubier schreiben kann«, versuchte Massimo die Verlegenheit, die er bei Bella spürte, zu überspielen. Doch sie hörte ihm gar nicht richtig zu, sondern las die Zeilen wieder und wieder.
    »Ich glaube, es gibt einiges bei Nwuma, von dem wir nichts wissen«, sagte sie schließlich und steckte den Brief in ihre Schürze. Im nächsten Moment erschien auch schon der Mönch in der offenen Tür, und der Koch empfahl sich mit einer Verbeugung.
    Bella war schwindelig. So anstrengend hatte sie sich den Unterricht nicht vorgestellt. Wenn sie angenommen hatte, mit Schreiben und Lesen sei alles getan, so war das ein Irrtum gewesen.

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