Das Geheimnis der Contessa - Historischer Roman
zur Buße sogar zum Papst gepilgert war. Aber er besuchte Habibi weiterhin jedes Mal, wenn sie in der Stadt waren. Und hier … Hector schüttelte den Kopf. Hatte der elende Heuchler nicht noch am Sonntag von der Kanzel gewettert, dass sie alle ein liederliches Pack seien? Pah!
Mit schwingenden Hüften bewegte sich die Frau auf Hector zu. Sie war wirklich ein kleiner Teufelsbraten, und es war besser, sich nicht mit ihr erwischen zu lassen, sonst würde sein Weib es ihm heimzahlen. Niemals durfte sie erfahren, wie sehr er diese Hure liebte.
Momo und Bella beobachteten die Szene vom Weideplatz der Maultiere aus.
»Habibi ist ein merkwürdiger Name«, sagte das Mädchen und betrachtete die Frau mit Bewunderung. Sie war eine grazile Schönheit, mehr Knabe als Frau, und hatte einen aufreizenden Gang, der sie leicht wie eine Feder über die Wiese schweben ließ.
»Schätzchen.« Momo kaute an einem Grashalm. »Es ist das arabische Wort für Schätzchen. Die Frauen mögen sie nicht besonders, sie haben Angst um ihre Männer, wenn sie mit Habibi allein sind. Dabei hat sie sich nie etwas zuschulden kommen lassen. Und sie wird es auch nicht wagen.«
»Vielleicht ist sie einfach nur vorsichtig«, gab Bella zu bedenken, ohne die Augen von der Zigeunerin zu lassen. Momo wandte sich ihr zu und sah sie ernst an.
»Wenn sie es wagen würde, hätte sie nicht mehr lange zu leben. Unsere Gesetze sind streng.«
Auf Bellas fragenden Blick hin erklärte er mit zusammengebissenen Zähnen:
»Wenn Habibi einen der unseren verführt, einen, der bereits ein Weib hat, wird sie gesteinigt. Und die Ehefrau darf den ersten Stein werfen.«
Die Augen auf seinen Vater und Habibi gerichtet, warf er den Grashalm fort und stand auf, um sich zu ihnen zu gesellen.
Bella blieb sitzen. Sie genoss die Strahlen der Sonne. Nur noch wenige Tage, und sie würden in Siena sein. Der Sommer war so schnell vergangen wie der Flügelschlag eines Schmetterlings. Sie waren von Grosseto kommend dem Lauf des Ombrone gefolgt und hatten sich dann nach Nordwesten gewendet, Siena zu. Ihren letzten Halt machten sie nun bei Bucciano. Sie betrachtete nachdenklich ihre Arme und Beine. Fast so dunkel wie die von Momo. Kein Mensch würde in ihr die Kleine erkennen, die aus der Schenke von Grosseto fortgelaufen war. Zufrieden streckte sie sich im Gras aus. Die Zeit mit den Gauklern war wunderbar gewesen. Und nun freute sie sich auf Siena, eine Stadt, so reich und prächtig, wie es neben Florenz sonst keine gab, hatte Hector ihr erzählt. Momo hatte bei den Worten des Vaters stumm genickt. Sie hatte Tränen in seinen Lavendelaugen gesehen und verstand. Siena … das bedeutete Abschied.
11. KAPITEL
D u bist sicher, Hector, dass unter dem Dreck wirklich ein Kind steckt?«
Massimo machte Bella ein Zeichen, sich um die eigene Achse zu drehen. Dann kniff er die Augen zusammen und blickte seinen alten Freund skeptisch an.
»Und selbst wenn. Was soll ich mit diesem kleinen Lehmklumpen anstellen? Womöglich fällt er mir auseinander, wenn ich ihn in einen Waschzuber stecke.«
Er brummelte etwas vor sich hin, was sich wie eine leise Verwünschung anhörte. Nun ergriff Hector das Wort.
»Der Kleine ist sehr geschickt. Er kennt sich mit Kräutern und Gewürzen aus und hat einen erstaunlich wachen Verstand. Du kannst ihn in deiner Küche arbeiten lassen.«
Hätten die Männer Bella Beachtung geschenkt, sie hätten beim Wort Küche das Glitzern in ihren Augen bemerkt. Massimo schien noch nicht überzeugt.
»Wenn er so pfiffig ist, warum willst du ihn dann ausgerechnet mir überlassen?« Er kratzte sich den kahlen Schädel.
»Sag schon, Hector. Man kann viel von dir behaupten, aber nicht, dass der Herrgott dich mit Mildtätigkeit gesegnet hat.«
Bei seinen letzten Worten hellte sich die Miene des Kochs auf. Breitbeinig stand er vor dem Gaukler und tippte ihm an sein Wams. Hector schnaufte und zog den Hut noch tiefer ins Gesicht.
»Ich kann es dir nicht sagen. Es ist ein Geheimnis. Es kommt die Zeit, und du wirst wissen, was ich meine.«
Er lächelte schief. Massimo schüttelte den Kopf. So einfach wollte er es seinem Freund nicht machen.
»Oh nein, Hector, nein. Du sagst mir auf der Stelle, warum ich dieses – Kind – durchfüttern soll. Sonst nehme ich es nicht.« Sprachs und verschränkte die Arme vor seiner breiten Brust. Der Zigeuner seufzte noch einmal, verdrehte die Augen zum Himmel, zog fluchend den Hut vom Kopf und schleuderte ihn dem Koch vor die Füße.
»Beim
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