Das Geheimnis der Contessa - Historischer Roman
dann wieder nicht, mal küsste sie ihn, dann nicht. Die eine Nacht setzte sie sich auf ihn, sobald er sich zu ihr gelegt hatte, in der nächsten durfte er sie erst spüren, wenn sie zuvor unter seinen Liebkosungen in Wonne zerflossen war. Ihre Küsse waren gierig; sie biss und kratzte ihn, und er genoss ihre Leidenschaft und Hingabe in vollen Zügen. Umberto hatte ihm gestern einen strengen Blick zugeworfen, als er ihm aus dem Badezuber geholfen und die Spuren der Lust gesehen hatte. Wahrscheinlich hatte er es sofort dem Fürsten erzählt, aber egal. Fabrizio betrachtete sein Weib, das sich auf den frischen Laken räkelte.
»Es ist spät«, sagte sie mit gespielter Entrüstung, »du hast mich lange warten lassen.« Sie setzte sich im Bett auf und sah ihn ernst an. »Ich muss dir etwas sagen.«
Fabrizio zog sich ungerührt weiter aus.
»Es ist etwas Schönes.«
Ihre Stimme zitterte ein wenig. Fabrizio setzte sich zu ihr und nahm ihre Hand. Er spürte, wie das Blut in seinen Schläfen pochte. Er brachte keinen Ton heraus. Seine Augen stellten ihr die Frage, die ihm nicht über die Lippen kam. Sie verstand und nickte.
»Ja, ich bin mir sicher. Wir werden ein Kind haben.«
Paolo konnte in dieser Nacht nur schwer Schlaf finden. Fabrizio hatte ihm sein eigenes Gemach überlassen, und so genoss er jeden Komfort, den er aus Lucca gewöhnt war. Und trotzdem. Sein Herz schlug schnell, Gedanken rasten durch seinen Kopf wie Wolken im Herbststurm über den Himmel. Er hatte geahnt, dass er Bella hier finden würde, in der Küche in Lucca ging das Gerücht um, sie sei in Diensten des Fürsten von Siena – aber er hatte kein kluges junges Mädchen erwartet, ausnehmend hübsch und so stolz und selbstsicher, als wäre sie aus seinem Stand. Sie benimmt sich wie eine Nobile, dachte er. Wie kommt das nur?
Als sie noch in Giannis Küche war, hatte er keinen Gedanken an sie verschwendet. Natürlich waren ihm Reden über ihre Begabung für neue Rezepturen und ihren feinen Geschmackssinn zu Ohren gekommen, aber er hatte sich nie dafür interessiert. Aber da war sie auch noch ein Kind, überlegte er, und nun ist sie fast schon eine Frau. Und eine wunderschöne dazu. Mit den Gedanken daran, was er ihr alles vom Hofe di Cavallis berichten wollte, schlief er ein und wachte erst auf, als es heftig an seine Tür klopfte. Ein Blick aus dem Fenster ließ ihn wissen, dass es mitten am Tag war. Wahrscheinlich wartete der Fürst bereits auf ihn und war ärgerlich. Schnell sprang er aus dem Bett und suchte nach seiner Kleidung, aber er fand sie nicht. Es klopfte noch einmal.
»Herein!«
Es war Umberto, der die frisch gereinigten Gewänder des jungen Adeligen bei sich hatte. Paolo grinste verlegen.
»Ich danke dir. Ich fürchte – ich war sehr schmutzig gestern.«
»Sehr schmutzig, das trifft es ganz gut, mein Herr.«
Umberto verneigte sich mit einem Lächeln und legte die Kleidung ab.
»Der Principe hatte Anweisung gegeben, Euch ruhen zu lassen bis zur Mittagszeit. Doch nun würde er Euch gern an seiner Tafel begrüßen.«
In Windeseile zog sich Paolo an. Ungeachtet der höflichen Formulierung war es ein Befehl, sofort in der Sala zu erscheinen. Nur kurze Zeit später fand er sich dort ein, wo neben di Nanini und seinem Sohn auch eine Frau am Tisch saß. Sie war klein und rund und nicht sonderlich hübsch, aber sie hatte wache Augen und eine gut gelaunte Miene. Anscheinend freute sie sich, ebenso wie der Principe und Fabrizio, über seine Anwesenheit.
Nachdem der Fürst einen Trinkspruch auf seinen Gast ausgegeben hatte, wandte er sich an seine Schwiegertochter.
»Du wolltest uns etwas erzählen, Cassandra. Nun, da unsere kleine Gesellschaft komplett ist, möchte ich dich bitten, das zu tun.«
»Sag du es ihm«, raunte sie ihrem Gemahl zu, der nun aufstand und den Pokal erhob.
»Gott hat es gefallen, uns miteinander zu verbinden, und es gefällt ihm, uns ein Kind zu schenken. Zum Osterfest wird dieses Haus einen Erben haben.«
Bei den letzten Worten war Fabrizios Stimme fast gebrochen; er musste sich setzen, so berührte ihn das Gesagte. Paolo hob seinen Kelch und nickte Cassandra und Fabrizio höflich zu. Der Fürst dagegen saß wie erstarrt auf seinem Platz, sein Gesicht war völlig ausdruckslos. Drei Augenpaare sahen ihn verwundert an. Da, endlich, löste sich die Versteinerung, und ohne auf die Etikette in der Gegenwart eines Fremden zu achten, drückte und küsste er Sohn und Schwiegertochter wieder und wieder.
»Ostern«,
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