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Das Geheimnis der Diva

Das Geheimnis der Diva

Titel: Das Geheimnis der Diva Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Vollenbruch
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sahen fern.
    »Morgen, Kollegen. Erwähnte ich, dass ich ein Krüppel bin?«
    Justus schaute nicht einmal auf. Bob zischte: »Pst!«
    Beleidigt sagte Peter: »Ich kann auch wieder nach Hause fahren und mich ins Bett legen.«
    »Dann verpasst du aber die Ankunft der Diva«, sagte Bob und wies auf den Bildschirm.
    »Diva?« Peter brauchte einen Moment, bis er es begriffen hatte. »Helena Darraz?«
    »Welche sonst?«
    »Rocky Beach«, sagte die Sprecherin gerade. »Heute Morgen erwartete die Stadt mit Spannung die Ankunft ihrer berühmtesten Tochter. Pünktlich um neun Uhr fuhr Helena Darraz, die gefeierte Film- und Theaterschauspielerin, vor der prächtigen Fassade des Marriott Beach Hotels vor.« Das Bild zeigte einen schwarzgoldenen Rolls-Roye, der vor einer Absperrung hielt, hinter der sich jubelnde Fans drängten. Der Fahrer des Rolls-Royce stieg aus und öffnete die hintere Tür. Eine ältere Dame stieg aus. Zoom. Das ungeliftete Gesicht stark geschminkt, die Augen hinter einer riesigen Sonnenbrille verborgen. Die Dame trug ein teures Kostüm mit vielen flatternden Seidenschals. Sie lächelte und winkte der jubelnden Menge huldvoll zu. Mehrere Würdenträger der Stadt begrüßten sie mit Wangenkuss und Verbeugungen, zwei Pagen wuchteten vier weiße Lederkoffer aus dem Rolls-Royce, und dann schritt die Dame über den ausgerollten roten Teppich auf das Hotel zu. »Helena Darraz wird in Rocky Beach an der Aufführung einer Nachwuchstheatergruppe teilnehmen«, verkündete die Sprecherin. »Wie berichtet, gehört dies zu ihrem neu ins Leben gerufenen Programm, junge Schauspieler zu fördern und ihnen die Aufmerksamkeit zu verschaffen, die ihnen sonst verwehrt bleibt.« Die Kamera schwenkte über die Zuschauer und eine kleine Gruppe von Leuten, die völlig unbeachtet vor der Absperrung standen und verkrampft lächelten. Die drei ??? hatten kaum eine Sekunde Zeit, Sid Webber und seine Truppe zu erkennen, bevor die Kamera weiterglitt, ohne auch nur einmal anzuhalten. »Miss Darraz wird sich gegen Mittag einer Pressekonferenz stellen. Die Proben mit dem jungen Ensemble finden an einem geheim gehaltenen Ort statt. Und nun zum Wetter.«
    Justus schaltete aus. »Hm«, sagte er. »Mag ja sein, dass sie das alles aus reiner Wohltätigkeit unternimmt, aber bisher setzt sie nur eine einzige Person in Szene, nämlich sich selbst. Habt ihr gesehen, dass der Fahrer des Rolls-Royce niemand anderer war als Morton?« Er drehte sich um und musterte Peter von Kopf bis Fuß. »Du siehst übrigens grauenhaft aus, Zweiter.«
    »Danke für das Kompliment. Haben wir irgendein Frühstück? Meins ist nämlich ausgefallen, meine Mutter hätte mich sonst niemals rausgelassen.« Peter kniete sich vor den Kühlschrank und fand einen Becher Stracciatella-Joghurt. Er verzog das Gesicht, nahm den Becher aber trotzdem und hockte sich damit in seinen Sessel.
    »Die berühmteste Tochter der Stadt«, sagte Bob. »Ich wusste gar nicht, dass Helena Darraz aus Rocky Beach stammt. Aber weil mich diese ›schmerzlichen Erinnerungen‹ interessieren, die sie in ihrem Brief an Pritchard erwähnt hat, bin ich auf dem Weg hierher schnell in der Bücherei vorbeigefahren und habe mir ihre Biografie besorgt.« Er zog ein Buch aus der Tasche.
    »Gut«, sagte Justus. »Während du also liest und Peter erstens leidet und zweitens frühstückt, werde ich mal zusammentragen, was wir bis jetzt haben.« Er setzte sich an den Computer und schaltete ihn ein.
    Eine Weile herrschte Schweigen. »Hört euch das mal an«, sagte Bob plötzlich. »Helena Darraz heißt in Wirklichkeit Mary Lou Griscom, und ihr Vater Joe Griscom war Hausmeister im alten Stadttheater!« Justus und Peter blickten auf, und Bob fuhr fort: »Nach dem Krieg war er kurz in Deutschland stationiert, aber 1946 kam er zurück, schied wegen einer Kriegsverletzung aus dem Dienst aus und nahm den Job an. Er heiratete, und Mary Lou wurde sozusagen ins Theater hineingeboren.«
    »Und das sind schmerzliche Erinnerungen?«, fragte Peter zweifelnd.
    »Moment.« Bob las weiter. »Aha, hier. Griscom war absolut dagegen, dass seine Tochter Schauspielerin wurde. In seinen Augen war das kein Beruf, sondern eine schreckliche Sünde. Er bestand darauf, dass Mary Lou gefälligst heiraten und Kinder bekommen sollte, statt sich ›öffentlich zur Schau zu stellen‹. Also lief sie logischerweise von zu Hause weg, ging nach Europa und wurde dort gegen den Willen ihrer Eltern berühmt. Sie haben nie wieder Kontakt miteinander

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