Das Geheimnis der Götter
hat immer die Königin das Bestehen des Reiches gewährleistet. Ich bitte Euch eindringlich, Ihr müsst mit ihr reden und sie überzeugen, Widerstand zu leisten. Noch hat der Feind nicht gesiegt.«
»Können wir ihm denn wirklich die Stirn bieten?«
»Davon bin ich fest überzeugt! Aber Soldaten und Sicherheitsleute brauchen das Gefühl, dass sie geleitet werden.«
»Ich will es versuchen«, versprach Senânkh.
»Ich für mein Teil werde dafür sorgen, dass Zuversicht verbreitet wird«, sagte Medes. »Unser Vertrauen in die Zukunft spielt eine entscheidende Rolle.«
Fassungslos beendete der Große Schatzmeister das Essen und stand vom Tisch auf.
Hätte er Medes den wahren Plan von Sobek dem Beschützer mitteilen sollen? Aber Senânkh hatte sein Wort gegeben und schwieg. Er überdachte seine Einschätzung und war sehr froh, dass er den Sekretär des Königlichen Rates zu den glühendsten Verteidigern von Sesostris zählen durfte.
Das Schiff der Isis erreichte nun eine andere Welt –
Unterägypten. Nachdem sich der Nil zwischen zwei Wüsten durchgeschlängelt hatte, machte er es sich jetzt leicht und bildete ein breites Delta. Der Fluss verzweigte sich zu sieben Armen, aus denen zahllose Kanäle gespeist wurden, die eine üppig grüne Landschaft bewässerten, die von Palmen beherrscht wurde.
Im zweitgrößten Hafen von Memphis hatte Sekari die Besatzung ausgewechselt. Sarenputs Bogenschützen waren zwar überglücklich, nach Hause zu dürfen, hatten aber nicht vergessen, wie mutig die Priesterin gewesen war. Einer nach dem anderen bedankten sie sich für ihre Hilfe und ihren Beistand.
Die neuen Seeleute kamen aus den Sondertruppen, die Nesmontu ausgebildet hatte. Ihr Kapitän, ein ungehobelter Kerl, kannte jeden Winkel dieser unwirtlichen Gegend und segelte bei Tag wie bei Nacht. Er stammte aus den Sümpfen an der Küste, hatte weder Angst vor Schlangen noch vor Insekten und benützte keine Landkarten.
»Eine Frau!«, rief er entsetzt, als er Isis sah, »die will doch nicht etwa auf meinem Schiff mitfahren?«
»Es ist ihr Schiff, und du wirst ihr gehorchen.«
»Das soll wohl ein Scherz sein?«
»Im Dienst der Oberpriesterin von Abydos scherze ich nie.«
Der Kapitän sah Isis misstrauisch an.
»Ich kann es nicht leiden, wenn man sich über mich lustig macht. Was soll die ganze Geschichte?«
»Unser Land schwebt in höchster Gefahr«, erklärte sie ihm.
»Deshalb muss ich so schnell wie möglich die in Unterägypten verstreuten Reliquien des Osiris einsammeln. Ohne deine Hilfe kann ich es nicht schaffen.«
»Dann seid Ihr also wirklich…«
»Bist du bereit aufzubrechen?«
»Sekari ist mein Freund, und er hat die Mannschaft ausgesucht, ich vertraue ihm. Trotzdem…«
»Ich sage dir, wohin es geht, du gibst die Befehle. Die Ruder sind dank Res Hilfe sehr schnell, und wir werden günstige Winde haben. Dafür gibt es zahllose Feinde, die uns vernichten wollen.«
Der Kapitän kratzte sich am Kopf. »In meinem langen verdammten Leben habe ich ja schon viele verrückte Aufträge bekommen, aber der hier übertrifft alle bei weitem! Genug mit dem Gerede, wir brechen auf. Wenn ich richtig verstanden habe, bleibt uns nicht viel Zeit. Wohin geht die erste Fahrt?«
»Nach Letopolis, in die Hauptstadt der zweiten Provinz Unterägyptens.«
Der Hohepriester bereitete der Oberpriesterin von Abydos einen herzlichen Empfang. Sie war nicht gekommen, um einen Teil von Osiris’ Körper zu holen, sondern wollte ein Zepter des Gottes.
»Habt Ihr denn triftige Gründe für Euer Vorgehen?«
»Leider ja.«
»Dann muss das Reich von Osiris in Gefahr sein?«
»Ich habe den Auftrag, es zu beschützen. Wenn Ihr mir das Zeichen der dreifachen Geburt zurückgebt, die nekhakha- Peitsche, seid Ihr mir dabei eine große Hilfe.«
»Es ist mir eine große Ehre, Euch einen Gefallen erweisen zu dürfen.«
Gemeinsam riefen nun Isis und ihr Gastgeber die Mysterien des Lichts, der Sterne und der Erde an. Dann öffnete er die Tür einer Kapelle und holte das Zepter mit seinen drei Lederriemen heraus.
Isis befühlte den ersten, aber er rührte sich nicht.
»Versucht es noch einmal!«
Die junge Frau berührte den zweiten Riemen, ebenfalls ohne Erfolg.
»Vielleicht hätte man mit dem dritten beginnen müssen!«
Die Priesterin befolgte seinen Rat.
Nichts geschah. Der Mann schien zu taumeln.
»Nein«, murmelte er leise, »das kann ich nicht glauben!«
»Aber es ist eine Fälschung«, sagte Isis. »Wer außer Euch hat Zugang
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