Das Geheimnis der Götter
General!
Memphis rennt in sein Verderben.«
»Kümmern wir uns lieber um Eure Gesundheit.«
»Aber ja, Gua, ja, sehr gern!«
»Zunächst einmal müsst Ihr diese vier Pillen schlucken.«
Die Gattin von Medes ließ sich das nicht zweimal sagen. Gua fühlte ihren Puls.
»Ihr werdet Euch jetzt gleich sehr angenehm und wohlig fühlen. Wehrt Euch nicht gegen das Verlangen einzuschlafen. Ich bleibe hier bei Euch.«
Die Droge begann bereits zu wirken.
Nun ließ Gua seine Patientin noch zwei weitere Pillen nehmen.
Vollkommen entspannt schien Medes’ Frau einzuschlafen.
»Ich bin es, Gua, Euer Arzt, könnt Ihr mich hören?«
»Ja, ich höre Euch«, sagte eine heisere Stimme.
»Seid unbesorgt, ich werde Euch jetzt von der Krankheit befreien, die Euch so quält. Dazu müsst Ihr mir aber die Wahrheit sagen, die ganze Wahrheit. Wollt Ihr das?«
»Ja… das will ich.«
»Die Wahrheit wird Euch gesund machen. Könnt Ihr das verstehen?«
»Ja, ich verstehe.«
»Seid Ihr die Frau von Medes, dem Sekretär des Königlichen Rates?«
»Ja, die bin ich.«
»Wohnt Ihr in Memphis?«
»Ja, dort wohne ich.«
»Seid Ihr glücklich?«
»Ja… Nein… Ja… Nein, nein!«
»Schlägt Euch Euer Mann manchmal?«
»Nein, nie. Doch, manchmal…«
»Liebt Ihr ihn?«
»Ja, ich liebe ihn. Er ist ein großartiger, ganz großartiger Ehemann!«
»Das heißt sicher, dass Ihr ihm gehorcht?«
»Ja, immer.«
»Hat er Euch einmal etwas befohlen, was Ihr jetzt bereut?«
»Nein, o nein! Doch… da ist etwas, was mir Leid tut. Aber ich habe es nur für ihn gemacht! Nein, nein, ich bereue nichts.«
»Jetzt nähern wir uns der Wurzel Eures Leidens. Wenn ich sie herausziehen kann, seid Ihr geheilt. Vertraut mir einfach, dann müsst Ihr nicht länger leiden. Was hat Euer Mann von Euch verlangt?«
Der Bauch der Patientin hob sich, ihre Gliedmaßen zitterten, und sie verdrehte die Augen.
»Ich bin es, Gua, ich will Euch heilen, wir sind ganz nah am Ziel. Sagt es mir, befreit Euch von Euren Qualen.«
Die Krämpfe ließen nach, und die Kranke beruhigte sich ein wenig.
»Es gibt einen Brief… Ich habe einen Brief in der Handschrift des Großen Schatzmeisters Senânkh geschrieben, um ihn zu verleumden. Ich besitze nämlich eine Gabe, eine ganz außergewöhnliche Gabe! Medes war zufrieden, sehr zufrieden sogar. Aber dann hat es trotzdem nicht geklappt!
Also…«
»Was also?«
Sie verkrampfte sich wieder.
»Ich bin es, Gua, ich will Euch heilen, wir sind ganz nah am Ziel. Sagt es mir, sagt mir die Wahrheit.«
»Ich habe noch einen zweiten Brief geschrieben, diesmal in der Handschrift von Sehotep. Damit sollte er des Verrats und des Mordes beschuldigt werden. Und diesmal hatten wir Erfolg! Medes war sehr, sehr glücklich… Wie gut es mir auf einmal geht – ich bin geheilt!«
Auch die Leber von Medes hatte die Wahrheit gesagt. Ihr fehlte Maat, und sie hatte dem Arzt das wahre Wesen eines hasserfüllten Mannes voller Neid enthüllt.
Ganz offensichtlich hatte Gua soeben einen wichtigen Verbündeten des Propheten ausgemacht, wahrscheinlich sogar die Schlüsselfigur für die Widerständischen hier in der Stadt. Und er konnte Sehoteps Unschuld beweisen.
Aber wem sollte er diese lebenswichtigen Hinweise übermitteln? Der Wesir lag im Sterben, General Nesmontu war tot, und die Königin war für niemanden zu sprechen. Da blieb nur noch Senânkh, der Große Schatzmeister, der seit einiger Zeit an Schwermut litt. Ob er ihn wohl vorsprechen ließ und überhaupt handlungsfähig war?
Da keimte ein schrecklicher Verdacht in Gua auf: Was, wenn der Minister für Wirtschaft und Handel mit Medes unter einer Decke steckte?
MONAT KHOIAK
Sechster Tag (25. Oktober)
ABYDOS
Der Tierarzt hatte die Mastrinder, die mit Blumenkränzen, Straußenfedern und bunten Tüchern geschmückt waren, bereits untersucht. Jedes Tier, das für rein befunden worden war, schritt jetzt langsam zum Tempelschlachtplatz. Dort prüfte der Obermetzger noch einmal die Güte des Fleisches, denn es musste ein Höchstmaß an ka enthalten.
Fang ging hinter Nordwind her und hatte ein wachsames Auge auf die gewaltigen Tiere. Sonst löste ihre Ankunft bei den zeitweiligen Priestern große Freude aus, weil sie wussten, dass sie an mehreren Festmahlen zur Feier von Osiris’
Wiedergeburt teilnehmen durften.
Aber die schrecklichen Ereignisse, die über Abydos hereingebrochen waren, konnte niemand vergessen, und keinem war danach zumute zu feiern.
Wieder einmal wollte Bina den
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