Das Geheimnis der Goldmine
zum Haus« verwirrte Hay. Er konnte die Gedankengänge seines Vorgesetzten nicht immer nachvollziehen. Aber Neele zog nur eine für ihn völlig logische Annahme in Betracht:
Wenn die Marmelade im Voraus vergiftet worden war – dann entlastete das die Personen, die beim Frühstück tatsächlich dabei gewesen waren.
Und das eröffnete einige interessante neue Möglichkeiten.
Er nahm sich vor, verschiedene Personen noch einmal zu befragen, diesmal unter einem ganz anderen Gesichtspunkt. Er durfte nicht voreingenommen sein…
Er würde sogar Miss Dingsbums’ Hinweis auf den Kinderreim ernst nehmen. Denn es bestand kein Zweifel daran, dass dieser Reim auf seltsame Weise passte, und zwar zu dem Punkt passte, der ihn von Anfang an irritiert hatte. Eine Hand voll Roggen in der Tasche…
»Amseln?«, murmelte Neele.
Inspektor Neele machte sich auf die Suche nach Mary Dove. Er fand sie in einem der Schlafzimmer im ersten Stock, wo sie Ellen beaufsichtigte, die offensichtlich unbenutzte Laken vom Bett zog. Auf einem Stuhl lag ein kleiner Stapel sauberer Handtücher.
Inspektor Neele war verwirrt: »Kommt Besuch?«, fragte er.
Mary Dove lächelte. Im Gegensatz zu Ellen, die grimmig und streitlustig dreinschaute, war Mary wie immer unerschütterlich.
»Das Gegenteil ist der Fall«, antwortete sie.
Neele schaute sie fragend an.
»Dieses Gästezimmer hatten wir für Gerald Wright vorbereitet.«
»Gerald Wright? Wer ist das?«
»Er ist ein Freund von Elaine Fortescue.« Marys Ton war bewusst ausdruckslos.
»Er sollte zu Besuch kommen? Wann?«
»Ich glaube, er ist am Tag nach Mr Fortescues Tod im Golf Hotel eingetroffen.«
»Am Tag danach.«
»Laut Miss Fortescue.« Marys Stimme war immer noch unpersönlich. »Sie sagte, sie habe ihn eingeladen, im Haus zu wohnen – also haben wir ein Gästezimmer vorbereitet. Aber nun – nach diesen beiden neuen – Tragödien – schien es passender, wenn er im Hotel bliebe.«
»Im Golf Hotel?«
»Ja.«
»Genau«, sagte Inspektor Neele.
Ellen nahm die Laken und Handtücher auf und verließ den Raum.
Fragend blickte Mary Dove Neele an. »Wollten Sie mich sprechen?«
Freundlich sagte Neele: »Es ist wichtig, dass wir die Zeiten genau festhalten können. Die Familienmitglieder sind in ihren Zeitangaben alle eher unverbindlich – vielleicht ist das ja verständlich. Sie hingegen, Miss Dove, sind da sehr exakt. Das ist mir aufgefallen.«
»Ebenfalls verständlich!«
»Ja – vielleicht. Ich muss Ihnen jedenfalls gratulieren… wie Sie das Haus trotz der… nun, Panik, die diese Todesfälle hervorrufen, in Ordnung halten.« Er unterbrach sich. »Wie bringen Sie das fertig?«
Er vermutete ganz richtig, dass der einzige Riss in Mary Doves undurchdringlichem Panzer der Stolz auf die eigene Tüchtigkeit war. Sie gab etwas nach, als sie antwortete: »Die Crumps wollten natürlich sofort gehen.«
»Das hätten wir gar nicht zugelassen.«
»Ich weiß. Aber ich habe auch angedeutet, dass sich Mr Percival… nun, denen gegenüber großzügig zeigen würde, die ihm Unannehmlichkeiten ersparten.«
»Und Ellen?«
»Oh, Ellen will gar nicht gehen.«
»Ellen will gar nicht gehen«, wiederholte Neele. »Sie hat starke Nerven.«
»Sie liebt Katastrophen«, sagte Mary Dove. »Wie Mrs Percival sieht sie als angenehme Abwechslung, als dramatische Unterhaltung.«
»Interessant. Glauben Sie, Mrs Percival hat die – Unterhaltung genossen?«
»Nein – natürlich nicht. Das ginge zu weit. Nein, ich meine nur, dass diese Haltung ihr erlaubt hat, damit fertig zu werden.«
»Und wie gehen Sie selber damit um, Miss Dove?«
Mary Dove zuckte die Achseln. »Es ist keine angenehme Erfahrung«, sagte sie trocken.
Wieder spürte Neele das Verlangen, die Fassade dieser kühlen jungen Frau herunterzureißen – herauszufinden, was wirklich hinter ihrer unnahbaren, tüchtigen Haltung steckte.
Abrupt sagte er: »Nun, zurück zu den Zeiten. Zum letzten Mal haben Sie Gladys Martin vor dem Tee in der Halle gesehen, das war um zwanzig vor fünf?«
»Ja – ich sagte ihr, sie solle den Tee servieren.«
»Aus welcher Richtung kamen Sie?«
»Von oben – ich dachte, ich hätte kurz davor das Telefon gehört.«
»Hat Gladys abgenommen?«
»Ja, es war falsch verbunden. Jemand wollte die Wäscherei von Baydon Heath.«
»Und da haben Sie sie zum letzten Mal gesehen?«
»Ungefähr zehn Minuten später brachte sie den Tee in die Bibliothek.«
»Und dann kam Elaine Fortescue herein?«
»Ja, vielleicht
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