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Das Geheimnis Der GroÃ?en Schwerter / Die Nornenkönigin: Bd 3

Das Geheimnis Der GroÃ?en Schwerter / Die Nornenkönigin: Bd 3

Titel: Das Geheimnis Der GroÃ?en Schwerter / Die Nornenkönigin: Bd 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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sehen konnte, gab ihr das Gefühl, etwas Besonderes in ihm zu sehen, ihn zu erkennen … aber der Augenblick ging jedes Mal vorbei, und das Vertraute verschwand wieder. Jetzt zum Beispiel hatte sie dieses nagende Gefühl nicht. Camaris sah aus wie jeder andere schöne, alte Mann mit ungewöhnlich gelassenem und weltfernem Gesichtsausdruck.
    Vielleicht, dachte Miriamel, waren ja auch nur die Gemälde und Wandteppiche daran schuld – schließlich hatte sie so viele Bilder dieses berühmten Mannes zu sehen bekommen. Es gab Porträts von ihm auf dem Hochhorst, im Herzogspalast von Nabban und sogar in Meremund, wo Elias sie freilich immer nur aufgehängt hatte, wenn sein Vater Johan zu Besuch kam, um die Freundschaft des alten Mannes mit dem größten Ritter von Osten Ard zu ehren. Ihr Vater Elias, der sich später selbst für den herausragendsten Ritter im Reich seines Vaters hielt, hatte für Geschichten aus den alten Zeiten der Großen Tafel, vor allem aber solchen über Camaris’ Glanz, nicht viel übriggehabt …
    Tiamaks Ankündigung, dass sie sich Haindorf näherten, riss sie aus ihren Gedanken.
    »Ich hoffe, Ihr nehmt es mir nicht übel, wenn wir hier anhalten und die Nacht in meinem Haus verbringen«, sagte er. »Ich habe es seit mehreren Monaten nicht gesehen und möchte mich vergewissern, dass meine Vögel noch am Leben sind. Wir würden ohnehin noch eine gute Stunde bis ins Dorf brauchen, und es ist später am Tag, als ich erwartet hatte.« Er deutete auf den sich bereits rötenden Westhimmel. »Wir können mit unserem Besuch bei den Ältesten durchaus bis morgen früh warten.«
    »Ich hoffe, Euer Haus hat Vorhänge, die das Ungeziefer fernhalten«, bemerkte Isgrimnur ein wenig kläglich.
    »Eure Vögel?« Cadrach war interessiert. »Von Morgenes?«
    Tiamak nickte. »Ursprünglich ja, obwohl ich sie nun schon lange selbst züchte. Aber Morgenes hat mich die Kunst gelehrt.«
    »Könnten wir sie mit einer Botschaft zu Josua schicken?«, erkundigte sich Miriamel.
    »Nicht zu Josua.« Tiamak runzelte nachdenklich die Stirn. »Aber wenn Ihr einen Schriftrollenträger wisst, der sich in Josuas Nähe aufhält, könnten wir es versuchen. Die Vögel können nicht jeden, sondern nur ganz bestimmte Menschen finden, die man sie suchen gelehrt hat. Sonst kennen sie wie gewöhnliche Botenvögel nur Orte. Aber darüber können wir sprechen, wenn wir unter meinem Dach sind.«Tiamak lenkte das Boot durch eine Reihe kleiner Seitenarme, von denen einige so flach waren, dass die ganze Gesellschaft bis zum Gürtel ins Wasser steigen und das Boot über Sandbänke heben musste. Endlich gelangten sie in einen trägen Kanal, der durch eine lange Allee von Banyanbäumen führte. Dort legten sie vor einer Hütte an, die so listig versteckt war, dass sie ganz bestimmt daran vorbeigefahren wären, hätte nicht der Eigentümer selbst das Boot gesteuert. Tiamak holte mit dem Bootshaken die aus Ranken gedrehte Leiter herunter, und einer nach dem anderen kletterten sie nach oben in das Haus des Wranna.
    Miriamel war enttäuscht, das Innere der Hütte so kahl zu finden. Es war nicht zu übersehen, dass der kleine Gelehrte kein wohlhabender Mann war, aber sie hatte doch von ihrem ersten Besuch in einer Wran-Wohnung etwas mehr an exotischer Einrichtung erhofft. Es gab weder Betten noch Tische, noch Stühle. Mit Ausnahme der unter einem geschickt entlüfteten Rauchabzug im Fußboden eingelassenen Feuerstelle bestand das einzige Mobiliar aus einer kleinen Weidenkorbtruhe, einer sehr viel größeren und festeren Holztruhe, einem Schreibbrett aus gespannter Borke und ein paar anderen Kleinigkeiten. Immerhin war es trocken, und das allein genügte schon als willkommene Abwechslung, für die Miriamel von Herzen dankbar war.
    Tiamak zeigte Cadrach das vor einem der hohen Fenster unter dem vorspringenden Dach aufgestapelte Holz und überließ es dem Mönch, Feuer zu machen, während er selbst aufs Dach kletterte, um nach seinen Vögeln zu sehen. Camaris, dessen Körper in dem kleinen Häuschen riesenhaft wirkte, hockte sich unbehaglich in eine Ecke.
    Tiamak erschien kopfüber im Fenster. Er hing von der Dachkante herunter und war sichtlich entzückt. »Seht nur!« Er hielt eine Handvoll Pudergrau hoch. »Es ist Honigschlecker! Sie ist zurückgekommen! Und viele von den anderen auch!« Er verschwand so ruckartig, als hätte ihn jemand an einer Schnur hochgezogen. Gleich darauf ging Camaris zum Fenster und kletterte ihm mit seiner üblichen

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