Das Geheimnis Der GroÃ?en Schwerter / Die Nornenkönigin: Bd 3
anstießen. »Ihr müsst dieses Land verlassen!«, rief sie mit aller Eindringlichkeit, die ihr zu Gebote stand. »Es ist der Wille der Götter!«
Aber die Rimmersmänner kümmerten sich nicht um sie. Maegwins Herz pochte, als wolle es bersten. Was war das alles? Warum hatten die Götter sie verraten? Konnte es ein unverständlicher Streich sein, den man ihr gespielt hatte?
»Brynioch!«, schrie sie. »Murhagh Einarm! Wo seid ihr?«
Aber der Himmel gab keine Antwort.
Durch die Baumwipfel sickerte das frühe Morgenlicht und lag leise schimmernd auf den bröckelnden Steinen. Der Trupp aus fünfzig Berittenen und doppelt so vielen Fußsoldaten bewegte sich an einer weiteren eingestürzten Mauer vorbei, einem gefährlichen Stapel verwitterter, schneeüberpuderter Blöcke, in leuchtender Rosenfarbe und glänzendem Lavendelblau glasiert und lebendiger wirkend, als es bloßen Steinen anstand. Stumm zogen die Männer vorüber und schlugen dann den Weg bergab ein, der zum vereisten See führte. Die weiße Fläche mit den blauen und grauen Streifen hing zwischen den Bäumen am äußersten Rand wie eine aufgespannte Malerleinwand.
Helfgrim, der Oberbürgermeister, drehte den Kopf, um sich nachden Ruinen umzuschauen, was ihm mit seinen an den Sattelknopf gefesselten Händen schwerfiel.
»Das ist sie also«, sagte er leise. »Die Stadt der Feen.«
»Ich brauche dich, damit du uns den Weg zeigst«, fuhr Fengbald ihn an, »aber das heißt nicht, dass ich dir nicht trotzdem den Arm brechen kann. Ich will kein Wort mehr von ›Feenstädten‹ hören.«
Die Andeutung eines Lächelns kräuselte Helfgrims verkniffene Lippen.
»Es wäre schade, so nah an einem Ort wie diesem zu sein und keinen Blick darauf zu werfen, Herzog Fengbald.«
»Blick, soviel du willst, aber halt den Mund.« Fengbald sah die berittenen Soldaten so giftig an, als wollte er ihnen verbieten, Helfgrims Interesse zu teilen.
Am Ufer des gefrorenen Sees angekommen, blickte Fengbald auf und strich sich das offene schwarze Haar aus dem Gesicht. »Ah. Die Wolken werden dichter. Gut.« Er sah Helfgrim an. »Natürlich wäre es am besten gewesen, das alles im Dunkeln zu erledigen, aber ich bin nicht so töricht, mich darauf zu verlassen, dass ein Tattergreis wie du nachts den Weg findet. Außerdem müssten Lesdraka und die Übrigen inzwischen auf der anderen Seite des Berges so viel Wirbel machen, dass Josua eine ganze Weile damit beschäftigt ist.«
»Bestimmt.« Helfgrim sah den Herzog aufmerksam an. »Herr, könnten meine Töchter nicht wenigstens neben mir reiten?«
Fengbald betrachtete ihn misstrauisch. »Warum?«
Der alte Mann zögerte einen Augenblick. »Es fällt mir schwer, es auszusprechen, Herr. Ich traue Eurem Wort, bitte glaubt mir das. Aber ich fürchte, dass Eure Männer – nun ja, wenn Ihr sie nicht mehr unter Euren Augen habt, Herzog Fengbald, könnten sie … Unheil anrichten.«
Der Herzog lachte. »Du wirst doch wohl nicht um die Tugend deiner Töchter fürchten, Alter? Wenn ich mich nicht sehr irre, liegen ihre Jungfrauentage schon lange hinter ihnen.«
Helfgrim konnte ein Zusammenzucken nicht verbergen. »Dennoch, Herr, wäre es eine Freundlichkeit, die einem Vater das Herz erleichtert.«
Fengbald überlegte einen Moment und pfiff dann seinem Pagen.»Isaak, sag den Wachen, die die Frauen bei sich haben, sie sollten sich in meiner Nähe halten. Nicht, dass es keine Ehre für sie wäre, wenn man sie auffordert, neben ihrem Lehnsherrn zu reiten«, fügte er für die Ohren des alten Mannes hinzu.
Der junge Isaak, der sehnlich zu wünschen schien, er hätte überhaupt ein Pferd, verneigte sich und trampelte den Morastweg wieder hinauf.
Kurze Zeit später erschienen die beiden Wachsoldaten. Helfgrims Töchter waren nicht gefesselt, saßen jedoch vor den gepanzerten Reitern im Sattel, Hyrkabräuten nicht unähnlich, die, so erzählte man sich in den Städten, oft bei mitternächtlichen Überfällen geraubt und einfach fortgeschleppt wurden, quer über den Sätteln ihrer Entführer hängend wie Mehlsäcke.
»Geht es euch gut, Töchter?«, fragte Helfgrim. Die jüngere der beiden, die geweint hatte, wischte sich mit dem Mantelsaum die Augen trocken und versuchte ein tapferes Lächeln.
»Ja, Vater.«
»Das freut mich. Darum keine Tränen, mein kleines Kaninchen. Sei wie deine Schwester. Es gibt nichts zu fürchten. Ihr wisst, Herzog Fengbald ist ein Mann, der sein Wort hält.«
»Ja, Vater.«
Der Herzog lächelte wohlwollend. Er wusste,
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