Das Geheimnis Der GroÃ?en Schwerter / Die Nornenkönigin: Bd 3
ich will diese Verrückten bluten sehen! Zerstört das Rattennest!«
Freosel und seine Kameraden hatten sich gebückt und etwas aufgehoben, das auf den ersten Blick wie Äxte, Schwerter oder andere Waffen zu ihrer Verteidigung aussah. Gleich darauf aber, während seine Männer ihre rutschenden Gäule an ihm vorbeizulenken begannen,erkannte Fengbald erstaunt, dass die Verteidiger des Berges schwere Holzhämmer schwangen. Freosel war der Erste, der seinen Schlegel niedersausen ließ und auf das Eis einschlug, als wolle er seine ohnmächtige Wut an ihm auslassen. Rechts und links von ihm folgten seine Kameraden seinem Beispiel.
»Was tun sie da?«, brüllte Fengbald. Seine vordersten Soldaten waren immer noch gut hundert Ellen vom Ufer des Sesuad’ra entfernt. »Sind Josuas Leute alle vor Hunger verrückt geworden?«
»Sie töten Euch«, antwortete neben ihm eine ruhige Stimme.
Der Herzog fuhr herum. An seiner Seite hielt Helfgrim, noch immer am Sattel seines Pferdes festgebunden. Seine Töchter und ihre Bewacher warteten ganz in der Nähe. Die Soldaten blickten halb erregt, halb verwirrt auf das Geschehen.
»Was schwatzt du da?«, fauchte Fengbald und hob das Schwert, als wollte er dem alten Oberbürgermeister den Kopf abschlagen. Bevor er ihm jedoch auch nur einen Schritt näher kommen konnte, ertönte ein grausiges, ohrenbetäubendes Krachen, als splitterten Riesenknochen. Sekunden später wiederholte sich das Geräusch. Am vordersten Rand von Fengbalds Truppen hörte man den plötzlichen Aufschrei von Männerstimmen und, noch viel entsetzlicher, das Kreischen verängstigter Pferde.
»Was geht dort vor?«, rief der Herzog und versuchte, an dem Gedränge seiner Berittenen vorbeizusehen.
»Sie haben das Eis für Euch vorbereitet, Fengbald. Ich selbst half bei der Planung. Denn seht, auch wir stammen aus Falshire.« Helfgrim sprach gerade so laut, dass man ihn über den Wind hören konnte. »Mein Bruder war Oberbürgermeister dort, wie Ihr sofort gewusst hättet, wenn Ihr je zu einem anderen Zweck bei uns gewesen wärt, als um unser Brot, unser Gold und unsere jungen Frauen für Euer Bett zu rauben. Ihr werdet doch wohl nicht gedacht haben, wir würden Euch helfen, die wenigen von uns, die damals Eurer Grausamkeit entrannen, auch noch zu ermorden?«
Ein neues, nervenzerreißendes Krachen. Plötzlich schäumte nur wenige Meter vor dem Oberbürgermeister und dem Herzog schwarzes Wasser aus einer Spalte, wo eben noch Eis gewesen war. Um die Öffnung herum splitterten weitere Schollen und brachen ein. ZweiReiter stürzten kopfüber in die Tiefe. Einen einzigen Augenblick schlugen sie noch um sich, dann zog die Finsternis sie hinab.
»Aber du wirst auch sterben, Elender!«, schrie Fengbald und trieb erneut sein Pferd auf den Alten zu.
»Natürlich. Aber es reicht mir, die anderen zu rächen – ihre Seelen werden uns willkommen heißen.« Helfgrim lächelte, ein kaltes Lächeln ohne einen Funken Fröhlichkeit.
Jäh wurde Fengbald zur Seite geworfen. Unter ihm explodierte der weiße Boden und schnappte auf wie ein Drachenmaul. Gleich darauf war das Ross des Herzogs verschwunden. Er selbst klammerte sich an eine zerklüftete Eisscholle, die gefährlich schaukelte. Stiefel und Hose steckten bereits im eisigen Wasser.
»Hilfe!«, kreischte er.
Es war ein unheimliches Bild. Helfgrim und seine Töchter saßen noch immer aufrecht auf ihren angstvoll schnaubenden Pferden, kaum ein paar Ellen entfernt. Die beiden Wachen waren abgesprungen und versuchten über die noch geschlossenen Teile der Eisfläche in den Schutz des großen Felsens zu entkommen. Mit weit aufgerissenen Augen, ihre Todesangst mühsam beherrschend, starrten die beiden Frauen auf den Herzog. »Es ist zu spät, Fengbald«, sagte Helfgrim. Sekunden später brach mit plötzlichem Mahlen und Knirschen das ganze Eisstück, auf dem die drei mit ihren Pferden gestanden hatten, auseinander und versank im aufgewühlten dunklen Wasser. Der Oberbürgermeister und seine Töchter verschwanden lautlos wie vom Morgenläuten verscheuchte Geister.
»Hilfe!«, brüllte Fengbald, dessen Finger von der Eisscholle abzugleiten begannen. Er geriet ins Rutschen, und die Eiswand, an die er sich geklammert hatte, kippte langsam um. Ein Ende hob sich immer höher in den grauen Himmel, während das andere, an dem der Herzog hing, erbarmungslos in die Tiefe tauchte. Fengbald traten die Augen aus dem Kopf. »Nein! Ich will nicht sterben! Ich will nicht!«
Die gezackte Eisscholle,
Weitere Kostenlose Bücher