Das Geheimnis Der GroÃ?en Schwerter / Die Nornenkönigin: Bd 3
ich mich ihr gegenüber verhalten soll … Prinzessin Miriamel, meine ich. Ich denke ununterbrochen an sie. Aber wer bin ich, dass ich an eine Prinzessin denken darf?«
Aditu lachte. Es klang perlend wie ein kleiner Wasserfall. »Du bist Seoman der Kühne. Du hast das Yásira gesehen. Du warst bei Erster Großmutter. Welcher andere junge Sterbliche kann sich solcher Dinge rühmen?«
Er merkte, dass er rot wurde. »Aber darum geht es nicht. Sie ist eine Prinzessin, Aditu – die Tochter des Hochkönigs!«
»Die Tochter deines Feindes? Ist es das, was dir Kummer macht?« Aditu schien ehrlich verwirrt.
»Nein.« Er schüttelte den Kopf. »Nein, nein, nein.« Verzweifelt sah er sich um und suchte nach einem Weg, ihr seine Sorgen verständlich zu machen. »Hört zu. Ihr seid doch die Tochter des Königs und der Königin der Zida’ya?«
»So würde man es wohl in deiner Sprache ausdrücken. Ich bin vom Haus der Tanzenden Jahre, ja.«
»Nun, und wenn nun jemand aus einer, sagen wir, einer unwichtigen Familie – aus einem schlechten Haus oder so – Euch heiraten wollte?«
»Ein … schlechtes Haus?« Aditu sah ihn scharf an. »Fragst du, ob ich einen anderen aus meinem Volk für unter mir stehend halten würde? Dazu sind wir schon lange zu wenige, Seoman. Und warum musst du sie heiraten? Teilt ihr nicht in Liebe das Lager, ohne verheiratet zu sein?«
Simon verschlug es die Sprache. Mit der Tochter des Königs das Lager teilen, ohne sie heiraten zu wollen? »Ich bin ein Ritter«, bemerkte er steif. »Ich muss mich ehrenhaft benehmen.«
»Ist es denn unehrenhaft, jemanden zu lieben?« Ihr spöttisches Lächeln war zurückgekehrt. »Und du sagst, du könntest mich nicht verstehen, Seoman!«
Simon stützte die Ellenbogen auf die Knie und bedeckte das Gesicht mit den Händen. »Ihr meint, dass es Eurem Volk gleichgültig ist, wer wen heiratet? Ich kann es nicht glauben.«
»Es war der Grund für den Bruch zwischen Zida’ya und Hikeda’ya«, sagte Aditu. Als er aufschaute, waren ihre goldgefleckten Augen hart. »Wir haben eine furchtbare Lektion gelernt.«
»Was meint Ihr?«
»Es war der Tod von Drukhi, dem Sohn Utuk’kus und ihres Gatten Ekimeniso Schwarzstab, der die Familien zerriss. Drukhi liebte und heiratete Nenais’u, die Tochter der Nachtigall.« Sie machte eine Bewegung, als klappe sie ein Buch zu. »In den Jahren, bevor noch das Eis Tumet’ai verschlang, wurde sie von einem Sterblichen getötet. Es war ein Unfall. Sie tanzte im Wald. Ein Jäger, angelockt vom Schimmer ihres hellen Kleides, hielt es für Vogelgefieder und schoss einen Pfeil ab. Als ihr Gemahl Drukhi sie fand, verlor er den Verstand.« Aditu senkte so traurig den Kopf, als liege der Vorfall erst kurze Zeit zurück.
Nachdem sie eine Minute geschwiegen hatte, fragte Simon: »Aber wieso trennte das die Familien? Und was hat es damit zu tun, dass Ihr heiraten dürft, wen Ihr wollt?«
»Es ist eine sehr lange Geschichte, Seoman, vielleicht die längste, die unser Volk erzählt, ausgenommen nur die der Flucht aus dem Garten und der Fahrt über die schwarzen Meere in dieses Land.« Sie verschob mit dem Finger einen der Shent -Steine. »Damals herrschten Utuk’ku und ihr Gemahl über alle Gartengeborenen. Sie waren die Hüter der Haine der Tanzenden Jahre. Als ihr Sohn sich in Nenais’u verliebte, die Tochter Jenjiyanas und ihres Gefährten Initri, wehrte sich Utuk’ku mit aller Macht gegen diese Verbindung. Nenais’us Eltern gehörten zum Stamm der Zida’ya, der in diesen alten Zeiten noch einen anderen Namen trug, und sie vertraten die Auffassung, dass es den Sterblichen, die später als die Sithi nach Osten Ard gekommen waren, erlaubt sein sollte, nach ihrem Wunsch dort zu leben, sofern sie nicht gegen unser Volk kämpften.«
Sie ordnete die Steine auf ihrem Brett zu einem neuen, verwickelteren Muster. »Utuk’ku und ihr Stamm waren der Meinung, dass man die Menschen über das Meer zurückdrängen und alle, die nicht weichen wollten, töten sollte, wie eure Bauern manchmal die Insekten ausrotten, die sie auf ihren Feldern finden. Aber weil die beiden großen Stämme und die verschiedenen mit ihnen verbündeten kleinerenfast gleich stark waren, gestattete es selbst Utuk’kus Stellung als Herrin des Hauses der Tanzenden Jahre ihr nicht, den übrigen ihren Willen aufzuzwingen. Denn, Seoman, wir hatten niemals ›Könige‹ und ›Königinnen‹ wie ihr Sterblichen.
Jedenfalls waren Utuk’ku und ihr Gemahl voll grimmiger Wut
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