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Das Geheimnis der Haarnadel

Das Geheimnis der Haarnadel

Titel: Das Geheimnis der Haarnadel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Fitzgerald Heard
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ungenutzt lassen, nur weil er mich haßte. In gewisser Weise ließ das meinen Versuch einer Wiedergutmachung nur um so vernünftiger, wertvoller werden.«
    Wiederum nickte Mr. M.
    »Und dann, ob Sie es glauben oder nicht, begann seine Stimmung sich zu bessern. Er behandelte mich tatsächlich beinahe höflich, wenn auch nicht freundlich. Jane bemerkte es. Wir waren beide erleichtert, denn sein Haus war ein düsterer Ort geworden, und es hätte so heiter und klar sein sollen. Ich glaubte, es sei das Gute, das schließlich doch noch die Oberhand gewann. Wie unser alter Club, und ich selbst vor einigen Jahren, über soviel Naivität gelacht hätten!«
    Und in finstererem Ton fuhr er fort: »Nun, ich mußte erfahren, daß es nicht so leicht ist, eine Sache wiedergutzumachen, und ebensowenig findet sich so schnell ein Ausweg. Seine Laune wurde immer besser, und ich glaubte schon, daß wir bald freundschaftlich, wenn auch nicht vertraut, miteinander umgehen würden, da fiel das ganze Kartenhaus in sich zusammen.
    Eines Tages forderte er mich auf herüberzukommen, um zwei junge Freunde kennenzulernen. Wie er diese Freundschaft geschlossen hatte, weiß ich nicht, oder vielleicht sollte ich sagen, der erste Blick verriet mir, daß es keine Freundschaft war – es waren Fremde, die ein mir Unbekannter vorbeigeschickt hatte. Sie waren genau so, wie wir fünfzehn oder zwanzig Jahre zuvor gewesen waren. Reich, gut gekleidet, intelligent, weitgereist. Doch all das hatte ihnen nicht mehr eingebracht als den Verlust ihrer eigenen Tradition und die Fähigkeit, Macht und Stärke jedes anderen neutralisieren zu können. Sie besaßen einen scharfen Verstand, doch keine Wurzeln und keine Haltung. Und bald bewegte sich das Gespräch in den alten Bahnen. Und schlimmer noch, nach einer Weile paßte es sich auch im Tonfall immer weiter an. Vielleicht ließ ich mich zu schnell verschrecken. Bis heute bin ich mir nicht sicher, ob ich zu jener Zeit tatsächlich Anhaltspunkte hatte. Doch ich gewann den Eindruck, daß Anspielungen fielen, die nur eines bedeuten konnten, und mir war, als ob alle drei versuchten, mir irgendwie auf den Zahn zu fühlen. Was ich dann tat, war zweifellos ein Fehler. Ich erhob mich und ging. Ich war wirklich sehr verstimmt, und wenn Sankey ein so krimineller Dummkopf sein wollte, vor diesen beiden blasierten jungen Windhunden mit seiner Vergangenheit zu prahlen, um zu sehen, ob er sie schockieren konnte, dann wollte ich bei diesem Schauspiel mit Sicherheit nicht dabei sein. Nicht nur, weil er mich wahrscheinlich mit hineingezogen hätte, sondern auch – ich muß es noch einmal sagen – der merkwürdig tiefen, wenn auch unerwiderten Zuneigung wegen, die ich für ihn empfand; denn je mehr man für einen Menschen tut, desto weniger hat er für einen übrig und desto mehr mag man ihn selbst – eine seltsame Regel, die jedoch fast immer zutrifft. Ich stand also auf und ging. Doch als ich draußen war, spürte ich, daß meine Erregung weiter zu- statt abnahm. Ein unerklärliches Gefühl sagte mir, daß hinter dieser Angelegenheit etwas Schlimmeres steckte als der ohnehin nicht allzu angenehme Grund, den ich selbst dafür angenommen hatte.
    Am nächsten Abend schickte er mir eine Nachricht, daß er mich nach dem Essen zu sehen wünsche. Ich ging hinüber und fand ihn mit seinen Nerven am Ende, so sehr, daß er nach einigen Andeutungen und ein paar nicht allzu gutmütigen Scherzen beinahe einen Punkt erreicht hatte, an dem er mich ins Vertrauen gezogen hätte; dann übermannte ihn erneut sein Mißtrauen, und er wurde nur immer mürrischer und verschlossener. Er rauchte ununterbrochen.«
    »Und Latakia ist ja nicht der Tabak, der für eine solche Stimmung – um den medizinischen Ausdruck zu benutzen – indiziert ist.«
    »Woher wissen Sie, daß er Latakia rauchte?« fragte Milium und wandte sich Mr. Mycroft zu.
    Bevor er antworten konnte, schaltete ich mich ein. »Mr. Milium, wenn Sie Mr. Mycroft gut genug kennen würden, würden Sie niemals eine solche Frage stellen. Er wird Ihnen antworten: >Indem ich von meinen Augen Gebrauch mache<, und dann sind Sie genauso schlau wie zuvor, und das sollen Sie auch sein.«
    »So schlimm ist es nicht, und auch nicht so einfach«, meinte Mr. M. gutgelaunt. Aus irgend einem Grunde schien sich, obwohl die Geschichte so deprimierend war, seine Laune immer weiter zu bessern. »Ich hätte vielleicht gesagt: >Durch ein Kreuzverhör sämtlicher Sinne und, wie ein guter Staatsanwalt es tun

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