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Das Geheimnis der Haarnadel

Das Geheimnis der Haarnadel

Titel: Das Geheimnis der Haarnadel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Fitzgerald Heard
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wir ja nichts als ein vulgärer kleiner Haufen. Das erklärt vielleicht meine melodramatische Art, wenn es sie auch nicht entschuldigt.
    Am Abend unseres Treffens brachte ich all meine Aktien mit – kleine, hübsche Dokumente. Für diesen Abend hatten wir keine Gäste auftreiben können. Doch wir waren alle da, das weiß ich noch genau. Ich begann damit, daß ich stichelte, wir prahlten doch immer, daß uns nichts schockieren könne. Das läge einfach nur daran, daß uns alles, was der Anteilnahme wert wäre, gleichgültig sei, und wir uns in dem, was uns wirklich etwas bedeute, sicher fühlten – unserem Wohlleben und unserem Geld. Man bräuchte nur daran rühren, und wir wären sehr wohl schockiert! Und mit diesen Worten, wobei ich, wie ich glaube, Cleopatra nachahmte, zog ich meine sämtlichen Aktien aus der Brusttasche und warf sie ins Feuer, denn wir hatten einen von diesen altmodischen offenen Kaminen in unserem Versammlungsraum. Das feine, handgeschöpfte Leinenpapier verbrannte binnen Sekunden. Sankey war rasend vor Wut auf mich, und die anderen schlugen sich auf seine Seite. Oh ja, es war mir gelungen, sie zu schockieren, und da ich sie zudem noch an ihrem Nerv getroffen und entlarvt hatte, waren sie ebenso wütend wie er. Ich erhob mich und verließ den Raum. Ich bin niemals zurückgekehrt. Denn, sehen Sie, in gewisser Weise interessierte ich mich ja tatsächlich für Kunst, und ich war es von Herzen überdrüssig, den guten Geschmack zu nichts anderem zu benutzen als dazu, einen Stil für veraltet zu erklären, der allmählich zu vielen Menschen Vergnügen bereitete. Ich war es leid, immer wieder beweisen zu wollen, daß irgendein armer Dummkopf, der Schönheit in einer Form genoß, in der sie schon früher bewundert worden war, einfach hoffnungslos zurückgeblieben sei.
    Doch auch wenn ich keinen von den anderen jemals wiedersah, ließ ich Sankey am Ende doch nicht fallen – zumindest tauchte er immer wieder auf. Wie das kam? Nun, wir waren zusammen großgeworden. Wir hatten, wie gesagt, keine anderen Freunde. Wir hatten nicht die gleichen Schulen besucht wie die anderen Kinder der Wohlhabenden, und das macht viel aus. Wenn man erst einmal über dreißig ist, findet man schwer Freunde, und vielleicht ist es ebenso schwer, welche loszuwerden. Außerdem hatte Sankey etwas. Wie soll ich es formulieren? Er war wie ein schwer beschädigtes und grob mißhandeltes Kunstwerk, sagen wir eine Statuette von Cellini, die einer Horde von Gassenkindern in die Hände gefallen war und als Guy-Fawkes-Puppe gedient hatte. Sie wäre zerbrochen, verschmiert, grotesk, und auf einen oberflächlichen Blick hin würde sie ohne Zweifel auf den Müllhaufen wandern. Doch wer Sinn für Kunst hätte, müßte einfach erkennen, daß sie im Inneren, auch wenn sie niemals wieder heil sein würde, von wirklichem Wert ist. Vielleicht drücke ich mich nicht klar genug aus. Aber ich kann mir nicht vorstellen, daß ich mich damals irrte.«
    »Und ich ebensowenig«, fügte Mr. M. leise hinzu.
    Das schien Milium Mut zu machen, und er fuhr fort.
    »Bald darauf verließ ich London ganz und zog aufs Land – genauer gesagt, in das Haus gegenüber. Dieses hier hatte damals noch einen anderen Mieter. Doch nach einigen Jahren wurde es frei. Ich unternahm nichts deswegen. Sankey selbst war es, der die Anzeige in den Zeitungen sah. Er kam her, um es zu besichtigen, und nahm es sofort. Ich habe ihn nicht darum gebeten, darauf können Sie sich verlassen. Doch auch er schien zu spüren, daß wir irgendwie aneinander gefesselt waren. Er hatte nicht die geringste Absicht, seinen Lebenswandel zu ändern, doch gleichzeitig war auch offensichtlich, daß er nicht ganz den Kontakt zu mir verlieren wollte. Vielleicht empfand er mich als eine Art Versicherung gegen eine tiefe, unbewußte Angst – eine armseligere hätte ich mir nicht vorstellen können, aber wo sonst hätte er überhaupt eine finden sollen?
    Er ließ sich hier nieder. Ich konnte es nicht verhindern und protestierte auch nicht. Ja, ich habe sogar Jane für ihn gefunden. Wenn er nach mir schickte, kam ich herüber, und auch wenn er mein Haus nicht betreten wollte und mich gar nicht beachtete, wenn ich hier war, sprang doch etwas über. Es war eine seltsame, unheimliche Freundschaft – sinister, würden die meisten wahrscheinlich sagen. Ich weiß noch, daß ich oft das Gefühl hatte, daß wir beide auf etwas warteten.
    Ich dachte, der Augenblick sei gekommen, als er mich eines Tages um ein

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