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Das Geheimnis der Haarnadel

Das Geheimnis der Haarnadel

Titel: Das Geheimnis der Haarnadel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Fitzgerald Heard
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daß es so kommen würde. Natürlich war es unvermeidlich. Sankey war fest entschlossen, mir zu zeigen, daß er mich vollkommen in der Gewalt hatte, und hier hatte er nun eine Gelegenheit gefunden.
    Ich war noch keine fünf Minuten in meinem Arbeitszimmer, als Mrs. Sprigg an die Tür klopfte, um mir zu sagen, daß er Jane geschickt habe, um mich zu bitten, noch einmal >herüberzukommen<. Jawohl, in dem Augenblick, in dem ich bei ihm anlangte, hier an dieser Stelle, war mir klar, daß er nun die Rolle des Diktators spielte. Er blickte zu mir auf und wiederholte beinahe Wort für Wort, was er zuvor zu mir gesagt hatte, nur daß diesmal nicht mehr von einem Kauf die Rede war! Es war ein Ultimatum. Er erwartete, daß ich seine Anweisungen präzise befolgte. Während der ganzen Zeit, in der er mir auseinandersetzte, was er von mir forderte, unterstrich er die Punkte mit seinem Papiermesser, wie ein Schulmeister es mit seinem Stock bei einem widerspenstigen Knaben tut. Ich war so wütend, ich hätte es ihm am liebsten aus der Hand gerissen, nur war ich überzeugt, daß ein Wutausbruch in diesem Augenblick tödliche Folgen gehabt hätte. Am Ende warf er mit einer Geste des Triumphes das Papiermesser in die Luft, fing es auf, nachdem es den Scheitelpunkt erreicht hatte und wieder hinabfiel, wies mir die Tür und sagte, das seien seine Bedingungen.«
    Milium stockte. Er atmete nun schwer bei der Erinnerung an die Szene, in der er so sehr beschämt worden war. Mir fiel auf, daß der Bericht ein wenig von demjenigen, den Jane gegeben hatte, abwich. Doch hier hatten wir nun die umfassendere und verläßlichere Darstellung. Sie hatte ja keinen Begriff von dem Drama, das sich zwischen zwei Menschen abgespielt hatte, die sie für vornehme Herren hielt und von denen zumindest einer zu viel Geld und zu wenig Selbstbeherrschung besaß.
    »Dann«, nahm Milium den Faden wieder auf, »lieferte er mir den letzten Beweis, daß er tatsächlich wahnsinnig geworden war. Er blickte mich von der Seite an, und als ich einfach nur nickte, fragte er plötzlich in keckem Ton: >Na, hast du denn nichts zu sagen, keine weiteren Gegenvorschläge?<
    Der Gedanke durchschoß mich, daß es sich um einen jener unvermittelten Lichtblicke im Auf und Ab des Manisch-Depressiven handeln könne – oder wie sagt man?«
    »Das genügt, wir brauchen kein >Programmheft< zu dem, was ein Dichter >Die schrille Musik in des Wahnwitzigen Hirn< nannte. Erzählen Sie weiter«, sagte Mr. M.
    »Ich sagte zu Sankey mit einem einigermaßen glaubhaft vorgetäuschten Kichern: >Natürlich, du kannst meinen Garten haben. Aber es gibt keine Laube darin.< Da stutzte er tatsächlich. Ich glaube wirklich, er hatte überhaupt noch nicht darüber nachgedacht, ob es dort so etwas gab oder nicht. Ich hatte den Eindruck, ich könne Zeit gewinnen. Und als ich vorschlug: >Schau, laß mich doch das Dach deiner Laube beschneiden^ was soll ich Ihnen sagen, da nickte er tatsächlich. Er fühlte sich wohl in seiner Phantasie als Richter, der einen Strafaufschub gewährt. Es war ein schöner, warmer Tag, und er hatte es sehr bequem in seinem eigenen Garten.
    Schließlich sagte er: >Also gut, also gut. Du darfst es versuchen. Feuerprobe, was? Und wenn du scheiterst – wie du es wahrscheinlich wirst –, verspielst du deinen Garten. In der guten alten Zeit hätte es dich natürlich den Kopf gekostet!<, und nun war es an ihm zu kichern.
    Ich machte mich noch am selben Nachmittag an die Arbeit. Und während ich arbeitete (Sie wissen ja, wie der Verstand oft an einem Gedanken weiterspinnt, und die Antwort kommt dann ganz von selbst, wenn die Hände beschäftigt sind), während ich die Zweige zurückschnitt, wußte ich plötzlich, wozu das Dachdeckerwerkzeug da war.«
    Mr. Mycroft streckte lässig die Hand aus, wählte aus seiner Müllsammlung den vertrockneten Zweig und schlug damit ein paarmal auf den Tisch.
    »Ja, genau«, sagte der andere.
    »Da erklang etwas in Ihrem Innersten?«
    »Ja«, sagte Milium wiederum. »Ein Akkord!«
    »Doch ein Akkord kann aus vier Tönen bestehen, nicht wahr?« drang Mr. M. noch weiter in ihn.
    Von neuem pflichtete Milium ihm bei. Doch dieses ständige Einverständnis ließ mich nur um so tiefer im Dunkeln tappen.
    »Der vierte war in der Tat eine Art Auslöser«, fuhr Milium fort. »An jenem Abend versuchte ich, ein wenig Ruhe zu finden, als mir plötzlich aus dem Buch, in dem ich las und von dem ich gedacht hatte, es sei genau das richtige, mir meine Sorgen zu

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