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Das Geheimnis der Hebamme

Titel: Das Geheimnis der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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einen besonderen Anlass aufgehoben. Ich werde beten, dass Ihr das Wohlwollen des Fürsten erlangt.«
    Während Christian dankte, setzte die Witwe wieder ihr verschmitztes, zahnloses Lächeln auf. »… und uns ein paar nützliche Dinge mitbringt.«
     
    So verlegen Marthe die Nähe zu Christian und seine Berührung machte, sosehr faszinierte es sie, die Landschaft um sich herum vorbeifliegen zu sehen. Drago trabte schnell und gleichmäßig, ohne eine Spur von Müdigkeit erkennen zu lassen. Als die Sonne schon hoch am Himmel stand, erreichten sie einen Weiler. Christian hielt auf den Backofen zu, wo sich eine ältereFrau zu schaffen machte. Marthe sog den wunderbaren Duft von frisch gebackenem Brot ein. Wie lange hatten sie keines mehr gegessen?
    »Kannst du uns eines von deinen Broten verkaufen?«, fragte Christian die Fremde und reichte ihr eine kleine Münze. Die verhärmte Frau schaute verwundert hoch, verbeugte sich dann und nahm das Geldstück hastig an sich.
    »Hier, edler Herr, und möge Gott Euch auf Eurem Weg beschützen!«
    Der Ritter reichte Marthe das noch warme Brot und ritt dann ein kleines Stück weiter zu einer Lichtung, die im Sonnenschein wie eine Feenlandschaft wirkte: zartes Gras bedeckte den Boden, Wildblumen leuchteten da und dort, Birken mit flirrenden Blättern säumten den Platz.
    »Wir rasten hier«, erklärte Christian.
    Lukas holte Käse und Bier aus dem Proviantsack und ließ die Pferde grasen. Dann machten sie es sich im weichen Gras bequem und teilten das frische Brot.
    »Köstlich«, meinte Lukas, mit vollen Backen kauend. »Ich hatte schon fast vergessen, wie das schmeckt.«
    Während Marthe aß, beobachtete sie Christian mit halb verdeckten Lidern, um den besten Moment für eine Frage abzupassen, die sie schon den ganzen Vormittag bedrückte.
    Als der Ritter Anstalten machte, aufzustehen und weiterzureiten, fasste sie sich endlich ein Herz. »Mein Herr, wird die Gräfin mich bestrafen, wenn ich ihren Sohn nicht heilen kann?«
    Dieser beunruhigende Gedanke hatte unterwegs nach und nach ihre Vorfreude in Beklommenheit verwandelt.
    »Du musst dir keine Sorgen machen«, sagte Christian und blickte sie freundlich an. »Hedwig ist klug und gerecht. Der Fürst hört in fast allen Dingen auf sie.«
    Dem Mädchen entging nicht die Bewunderung in ChristiansStimme. Die Antwort beruhigte sie etwas, doch sie verlangte geradezu nach einer weiteren Frage.
    »Aber es heißt doch, die Frau hat zu schweigen. Sind die Ratgeber des Grafen nicht verärgert, wenn sie sich in Dinge einmischt, die nur Männer entscheiden?«
    Christian wurde unversehens ernst. »Sicher. Bloß solange Otto ihr uneingeschränkt seine Gunst erweist, können sie das nicht offen zeigen.«
     
    Die Sonne hatte den Zenit längst überschritten, als sie endlich Meißen erreichten. Marthe hielt den Atem an beim Anblick der Stadt. Lukas hatte nicht übertrieben.
    Ein breiter Fluss umströmte den Burgberg, in dem sich die Sonne glitzernd spiegelte. Oben auf einem mächtigen Felsplateau thronten die Pfalzen und die größte Kirche, die Marthe je erblickt hatte. Doch sie alle wurden überragt von einem gewaltigen runden weißen Turm, der weithin ins Land zu sehen war. Marthe hatte noch nie einen so großen und schönen Bergfried gesehen.
    Vom Fluss bis hoch zu den Palisaden, die den Burgberg umgaben, standen eng aneinander gedrängt unzählige Häuser, von denen manche sogar ein zweites Stockwerk hatten.
    Die Burg war vor vielen Generationen von einem König namens Heinrich angelegt worden, als Grenzfeste für Kriegszüge gegen Böhmen und die Ostmark, hatte ihr der redselige Lukas erzählt. Später wurde Meißen Bischofssitz. Und bald wurde noch ein kaiserlicher Burggraf eingesetzt, der für die Sicherheit des Burgbezirkes zu sorgen hatte.
    Unbehelligt gelangten sie in die Stadt und ritten durch eine dicht bebaute Handwerkersiedlung unterhalb der Burg, in der eine geradezu überwältigende Geschäftigkeit herrschte.
    Verblüfft stellte Marthe fest, dass die Dächer der Häuser entlangdes Weges mehrere Ellen lang über die Straße ragten und dabei von hölzernen Stützen gehalten wurden. Eine überdachte Straße, staunte sie. Hier könnte man selbst bei Regen trockenen Fußes gehen, wäre der Weg nicht voll stinkenden Unrats.
    Die vielen durcheinander eilenden Menschen, die sich in den engen Straßen drängten und schubsten, und die aufregende Mischung von lauten Stimmen und Gerüchen faszinierten Marthe.
    »Handbrote, frisch gebackene

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