Das Geheimnis der Heiligen Stadt
Geoffrey das Geheimnis womöglich niemals aufklären, wenn er den Ãbeltätern die Zeit lieÃ, ihre Aussagen abzusprechen.
Er ignorierte die Seufzer und das übertrieben schwere Atmen von Helbye, Fletcher und dem Hund. Zügig schritt er durch die leeren StraÃen auf das Haus zu, wo er am Vortag den Leichnam von John gesehen hatte. Ihre Schritte hallten in der unheimlichen Stille der leeren StraÃen wider, und Geoffrey war sich durchaus bewusst, dass sie aus den Häusern, an denen sie vorüberkamen, verstohlen beobachtet wurden. Gerade weil sich so wenig Leute drauÃen aufhielten, waren vier Bewaffnete zu Fuà mitten in der Stadt ein ungewöhnlicher Anblick.
Die Sonne brannte derart heftig herab, dass der Boden sich selbst durch die dick besohlten Stiefel unangenehm heià anfühlte. Der Staub, der zuvor nur lästig gewesen war, wehte ihnen nun in Mund und Nase und knirschte unangenehm zwischen den Zähnen. Geoffreys Kehle fühlte sich wund und ausgetrocknet an, und er dachte an Becher voll mit kühlem, klarem Wasser. Er sah Rogers mit Staub und Schweià verschmiertes Gesicht und nahm an, dass dieser dieselben Vorstellungen hegte.
Endlich erreichten sie die StraÃe, auf der sie am Tag zuvor in den Tumult geraten waren. Sie war verlassen, obwohl Geoffrey deutlich die aufmerksamen Blicke spürte, die ihnen von verschiedenen Fenstern aus folgten. Er führte seine Begleiter zu dem Haus der Frau, die er gestern festgenommen hatte, und klopfte an die Tür. Helbye war unbehaglich zumute. Er stand mit dem Rücken zur Wand und hielt die Hand auf dem Schwertgriff. Seine Besorgnis übertrug sich auf Fletcher, der zittrig an dem Dolch in seinem Gürtel herumfingerte.
Roger wurde nicht von derartigen Ãngsten geplagt. Er schob sich an Geoffrey vorbei und hämmerte mit dem Knauf seines Dolches gegen die Tür. Geoffrey duckte sich. Er war sich nur allzu bewusst, dass sie sich angesichts der Ereignisse vom Vortag auf gefährlichem Boden befanden. Gerade als er in Erwägung zog, weiteren Ãrger zu vermeiden und zunächst den Ort aufzusuchen, wo das letzte Opfer getötet worden war, schwang die Tür auf, und Melisende Mikelos stand vor ihnen. Sie trug dasselbe Witwenkleid wie am Tag zuvor, doch diesmal lag ein gepflegter schwarzer Schleier über ihren Haaren, der sie wie eine Nonne aussehen lieÃ. Geoffrey erinnerte sich daran, wie grob er sie angefasst hatte, und hoffte, dass sie sich nicht erinnerte.
»Was wollt Ihr?«, fragte sie auf Griechisch. Sie musterte Geoffrey ablehnend. »Ich habe nicht die geringste Lust, mit Euch zu reden.«
»Ich hätte einige Fragen an Euch über den Ritter, der hier den Tod fand«, erwiderte Geoffrey so freundlich, wie er konnte. Er spürte instinktiv, dass diese Frau sich nicht durch Einschüchterung gefügig machen lieÃ, insbesondere angesichts des Aufsehen erregenden Beweises ihrer Unschuld vom Vortag.
Sie starrte ihn ungläubig an. »Das hättet Ihr gestern tun können«, sagte sie, nachdem sie ihre Selbstbeherrschung wiedererlangt hatte. »Stattdessen habt Ihr es vorgezogen, mich wegzuschleifen, einen Aufstand zu riskieren und den Tod drei meiner Nachbarn herbeizuführen.«
Geoffrey blickte zur Seite. Dagegen konnte er wenig vorbringen. »Darf ich Euch nun meine Fragen stellen?«
»Das dürft Ihr nicht!«, stieà sie hervor. »Gestern habt Ihr mir nicht geglaubt, und heute habe ich keine Lust, Euch zu überzeugen. Fragt Herrn Tankred, denn ich habe mich bereits ausführlich mit ihm unterhalten. Und fragt den Patriarchen, mit dem ich ebenfalls ein langes und unangenehmes Gespräch hatte.«
»Ich würde lieber hören, was Ihr selbst zu sagen habt«, meinte Geoffrey.
Neben ihm lieà Roger ein warnendes Räuspern vernehmen, und Geoffrey sah, dass sich Leute auf der StraÃe versammelten. Er verfluchte sich für seine Dummheit. Er hätte voraussehen sollen, dass die Frau ihn wohl kaum freundlich empfangen würde, und mehr Männer mitbringen müssen. Der Hund spürte die heraufziehende Gefahr und lieà ein leises Winseln vernehmen. Geoffrey fragte sich, wie er nur an ein so feiges Tier geraten war. Es schlich sich zu dem Gebäude hin und rollte Mitleid erregend mit den Augen.
»Das könnte hässlich werden«, murmelte Roger und legte die Hand auf den Griff seines Schwertes, ohne es zu ziehen. »Ich frage mich, ob
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