Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Geheimnis der Heiligen Stadt

Das Geheimnis der Heiligen Stadt

Titel: Das Geheimnis der Heiligen Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beaurfort
Vom Netzwerk:
sich, um sie durchzulassen. Geoffrey sah ihnen nach, bis sie um die Ecke verschwanden. Dann wandte er sich kampfbereit den Leuten zu. Vielleicht war es ihm einfach vorherbestimmt, von einer wütenden Menge zerrissen zu werden.
    Die Menge beobachtete ihn schweigend. Er starrte zurück und stellte fest, dass die meisten ihm nicht in die Augen blicken konnten. Unter der sengenden Sonne lief ihm der Schweiß den Rücken herunter. Geoffrey fragte sich, ob er sie wohl so lange ablenken konnte, wie Roger brauchte, um zur Zitadelle zu eilen und Verstärkung herbeizuschaffen. Doch schon ließ die Feindseligkeit nach, die von der Menge aufstieg. Hier und da steckten die Leute ihre Waffen ein. Geoffrey verstand nicht recht, weshalb. Er war allein, und so ein Furcht erregender Gegner war er nun auch nicht.
    Â»Worauf wartet ihr?«, fragte er den Bärtigen.
    Â»Das muss aufhören«, sagte der Mann, so leise, dass Geoffrey nicht sicher war, ob er ihn richtig verstanden hatte. Er wandte sich an die Menschen ringsum. »Geht nach Hause. Das ist nicht unsere Art, die Dinge anzugehen. Wir sind keine Kreuzfahrer!«
    Im ersten Augenblick geschah gar nichts. Dann wandte sich eine alte Dame in der vordersten Reihe um und ging die Straße entlang davon. Das Geräusch der Tür, die sie hinter sich zuschlug, hallte laut wie ein Donnerschlag durch die nachfolgende Stille. Anschließend schob sich der Bärtige durch die Menge und ging davon. Andere folgten, einige erleichtert, dass der Ärger abgewendet worden war, und andere sichtlich enttäuscht. Es dauerte nicht lange, dann stand Geoffrey allein auf einer leeren Straße.
    Â»Ihr hattet Glück, Normanne!«, stellte Melisende hinter ihm fest. Sie lehnte mit verschränkten Armen am Türpfosten. »Ihr solltet dankbar sein, dass hier gottesfürchtige Leute leben. Sie sind nicht wie der gottlose Haufen, den Ihr als Ritter bezeichnet. Sonst wärt Ihr bereits tot.«
    Geoffrey schluckte und merkte jetzt erst, wie weich seine Knie waren. Er fragte sich, ob er wohl die Kraft aufbringen und Roger einholen konnte, ehe dieser über die Straße herfiel – mit allem, was die Zitadelle aufbieten konnte. Überrascht stellte er fest, dass seine Hände zitterten. Das geschah ihm selten, selbst nach den blutigsten Schlachten.
    Â»Ihr seid nun nicht mehr in Gefahr«, sagte sie und wies mit einem Kopfnicken auf die leere Straße. »Ihr könnt gehen.«
    Â»Wollt Ihr zuerst meine Fragen beantworten?«, erkundigte er sich.
    Sie stemmte die Hände in die Hüften und starrte ihn ungläubig an. Dann brach sie in schallendes Gelächter aus. Geoffrey fühlte die Schwäche aus seinen Gliedern weichen, als der Ärger in ihm aufstieg.
    Â»Ihr seid unverbesserlich!«, stellte sie fest. »Ihr seid um Haaresbreite dem Tod entronnen, und doch folgt Ihr beharrlich weiter dem Weg, der Euch überhaupt erst in diese Lage gebracht hat. Nun gut. Was wollt Ihr wissen?«
    Geoffrey musste sich erst wieder auf sein eigentliches Anliegen konzentrieren. Er schob die Hände durch die Schlitze an der Seite seines Wappenrocks, um das Zittern zu verbergen. Außerdem trat er ein wenig von Melisende fort, damit ein zufälliger Beobachter aus den Häusern an ihrem Gespräch nichts als bedrohlich deuten konnte.
    Â»Ihr sagtet, Ihr habt Euren Onkel besucht und fandet John – den Ritter – bei Eurer Rückkehr tot in Eurem Hause vor?«
    Â»Ja«, erwiderte sie, und ihre Stimme troff vor Sarkasmus. »Daran hat sich seit gestern nichts geändert.«
    Â»Erzählt mir noch einmal, was Ihr nach Eurer Rückkehr getan habt.« Er wollte wissen, ob sie in ihrem Entsetzen den Dolch aus dem Körper gezogen hatte, wie Hugo annahm, oder ob er neben dem Leichnam gelegen hatte.
    Â»Zuerst wusch ich mir die Füße«, erzählte sie mit einem schweren Seufzer, »wie ich Euch gestern schon gesagt habe. Nach dem Marsch durch die Stadt waren sie heiß und schmutzig. Anschließend trank ich ein wenig Wein und ging nach oben. Der Leichnam lag, wie Ihr selbst gesehen habt, auf dem Bauch. Es war wie ein Albtraum, ein Anblick wie aus den Tagen nach der Eroberung der Stadt. Ich konnte nicht glauben, dass das wirklich passiert war, und ich fragte mich, ob mir nicht jemand einen besonders abscheulichen Streich spielte. Also nahm ich den Dolch in die Hand und zog daran. Ich wollte feststellen, ob er wirklich in dem

Weitere Kostenlose Bücher