Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Geheimnis der Herzen

Das Geheimnis der Herzen

Titel: Das Geheimnis der Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Holden Rothman
Vom Netzwerk:
Hinderungsgrund«, bestätigte Howlett und wandte sich mit ernster Miene an mich. »Was wissen Sie über das Leben eines Arztes, Miss White? Ich wage zu behaupten, Sie haben keine Vorstellung.«
    »Selbst Männer nehmen dieses Leben nicht aus einer Laune heraus auf sich«, sagte der Dekan, als wäre mein Wunsch eine Laune. »Wir müssen uns mit Dingen befassen, denen Frauen nicht ausgesetzt sein sollten. Ich muss Ihnen leider sagen« – er senkte die Stimme, als würde das den Schlag ab mildern –, »dass wir Sie trotz der Viertelmillion nicht zulassen können. Unser Komitee ist heute Vormittag zusammengetreten, und die Entscheidung ist einstimmig.« Er reichte mir einen Umschlag, auf dem in Schreibmaschinenschrift säuberlich mein Name stand. »Ein jedes Ding hat seine Zeit, Miss White. Und ich fürchte, Ihre Zeit ist noch nicht gekommen.«
    Stumm stand ich auf. Brachte kein Wort über die Lippen. Mit Mühe und Not schaffte ich es, meinen Körper aus diesem Stuhl und aus Laidlaws Büro hinauszumanövrieren, ihn den Blicken dieser Männer zu entziehen, die nie vorgehabt hatten, mich zuzulassen, ganz gleich, welche Großtaten ich vollbrachte. Das hatte ich jetzt endgültig begriffen. Dr. Howlett sprang sofort auf und bot mir seinen Arm, aber ich nahm ihn nicht. Ich konnte es nicht ertragen, an mein Geschlecht erinnert zu werden. Im Vorzimmer schaute mich die Sekretärin fragend an, aber ich ging stumm an ihr vorbei. Ein Wort, und die Schleusen hätten sich geöffnet.
    Der Flur war hell und leer, bis auf Andrew F. Holmes, der selbstzufrieden an der Wand hing. Ich blieb kurz stehen, um mich zu fassen, die Handtasche an mich gedrückt und mit ihr die Schecks, von denen ich in meiner Naivität geglaubt hatte, sie würden mir die Türen dieser Fakultät öffnen.
    William Howlett kam mir nach. »Sagen Sie nicht, ich hätte Sie nicht gewarnt.«
    Ich vermochte ihn nicht anzusehen. Er hatte gegen mich gestimmt. An dieser Tatsache konnte nichts etwas ändern.
    In beruhigend vernünftigem Ton, so wie er vermutlich auch mit seinen Patienten redete, begann er, die Sache noch einmal zu erörtern, und jetzt kamen mir doch die Tränen. Die ganze Traurigkeit, die ganze Wut brach aus mir heraus, alles, was ich so mühsam unterdrückt hatte. Bald war mein Taschentuch durchweicht.
    »Ich kenne das Arztleben«, sagte ich, als ich endlich wieder sprechen konnte. »Ich kenne es sehr gut.« Ich hörte mich an wie ein Kind, aber das war mir jetzt gleichgültig. »Mein Vater war Arzt«, erklärte ich ihm. »Sie haben ihn gekannt. Mich haben Sie damals auch gekannt.«
    William Howletts Augen verengten sich.
    »Ich heiße nicht White«, sprudelte es aus mir heraus. »Das ist nicht mein richtiger Name. Ich bin Agnès Bourret. Mein Vater war Honoré.«
    William Howlett schwieg für einen Moment. Dann lachte er. »Stimmt«, sagte er. »Ich kenne Sie. Tatsächlich. Das ist ja unglaublich. Sie waren das kleine Mädchen.« Er räusperte sich, die Faust vor dem Mund. »Sie sehen ihm ähnlich.« Er musterte mich. »Jetzt sehe ich’s. Natürlich.«
    Wir sprachen noch eine Weile lang miteinander. Er sagte, mein Vater sei ein guter Mensch gewesen, aufrecht und verlässlich. Er erwähnte den Mord. Nicht direkt, aber indem er mir zu verstehen gab, dass mein Vater unschuldig war. Ich hätte wieder auf die Knie fallen können.
    Er begleitete mich zum Ausgang, und diesmal nahm ich seinen Arm. Draußen regnete es nicht mehr, aber es wehte ein Wind, der das Laub trocknete und im Hof aufwirbelte. Wir standen schweigend an der Tür, während ich mich in mein Schultertuch hüllte.
    »Es ist besser, Sie behalten Ihre Verwandtschaft mit Dr. Bourret für sich«, sagte Howlett, als wir uns verabschiedeten. »Innerhalb dieser Mauern auf jeden Fall.«
    Ich nickte. »Die Geschichte mit meinem Vater ist sehr komplex«, sagte ich, »auch wenn ich genau wie Sie glaube, dass er unschuldig ist.«
    »Behalten Sie die Geschichte unter Ihrem Hut«, sagte er augenzwinkernd. »Oder unter Ihrer Haube – oder worunter auch immer.«
    »Und Sie tun das auch?«
    Er lächelte, nickte und zog ein imaginäres Kreuz über seinem Herzen. Ich schwör’s bei meinem Leben , hatten Laure und ich als kleine Mädchen immer mit dieser Geste beteuert. Es war kindisch, aber mich tröstete es. Ich lächelte ebenfalls.
    Howlett drückte die schwere Tür auf, und da erst merkte ich, wie stürmisch es draußen war. Sobald ich hinaustrat, blähte sich mein Schultertuch wie ein Segel. Dr. Howlett rief

Weitere Kostenlose Bücher