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Das Geheimnis der Herzen

Das Geheimnis der Herzen

Titel: Das Geheimnis der Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Holden Rothman
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gewonnen.«
    »Da irren Sie sich.«
    Ich schloss die Augen und zählte. Jakob war manchmal wirklich eine Nervensäge.
    »Er hat es nicht verdient, auf einem Podest zu stehen, Agnes.« Jakob verzog das Gesicht, wühlte dann in seiner Tasche und zog eine halb gerauchte Zigarette heraus.
    »Wagen Sie das nur ja nicht.«
    Zum Glück hatte er kein Streichholz. Versonnen starrte er auf den Zigarettenstummel und drehte ihn langsam zwischen den Fingern hin und her. »Sie verhalten sich wie ein Kind, Agnes«, sagte er schließlich. »Und das ist nicht gut. Letzten Endes werden Sie leiden.« Er schaute mich nicht an, doch er drückte die Zigarette so fest, dass das Papier riss. »Sie merken das nicht, aber so wird es kommen. Ihm ist das egal. Sie sind ihm egal, und ganz bestimmt ist das alles hier ihm egal.« Mit einer ausholenden Handbewegung umfasste er den Raum, der inzwischen viel ordentlicher aussah als vorher.
    »Es gibt nur eine einzige Sache, die Dr. William E. Howlett nicht egal ist«, fuhr Jakob fort, und er spuckte die Silben des Namens regelrecht aus. »Und das ist William E. Howlett.«
    »Es reicht!«, rief ich. Die Energie, die mich heute Morgen beflügelt hatte, schwand dahin und mit ihr auch das Glücksgefühl. Mein Kopf tat weh und fühlte sich ganz eng an.
    Aber Jakob Hertzlich war noch nicht fertig. »Bis gestern habe ich gedacht, dass das, was wir hier tun, ein lohnendes Unterfangen ist. Das Museum, meine ich. Es hat mir nichts ausgemacht, so viele Stunden zu arbeiten, weil wir für die Menschen, die etwas über Medizin und über Krankheiten lernen wollen, Sinnvolles leisten. Sie müssen die Organe und das Gewebe präpariert sehen, damit sie alles in ihrer klinischen Praxis wiedererkennen. Wir dienen der Wissenschaft, der ars medica und dem ganzen erbaulichen Quatsch. Das habe ich geglaubt. Aber jetzt sehe ich die Lage klarer. Wir dienen hier nicht der Wissenschaft. Wir dienen William E. Howlett und seinem aufgeplusterten Ego. Das Museum ist sein Denkmal, stimmt’s? Kein Wunder, dass er Ihnen Geld schickt. Wenn er stirbt, wird man es nach ihm benennen. Agnes White wird nirgends erwähnt werden, darauf können Sie sich verlassen.«
    Ich starrte auf den zusammengefegten Schmutz zu meinen Füßen. Mein Schweigen versetzte Jakob in Wut. Er schlug mit der Hand auf den Schreibtisch. »Und Sie sind hemmungslos bereit, sein Spiel mitzuspielen! Machen Sie endlich die Augen auf! Sehen Sie denn nicht, dass alles, wobei er Ihnen hilft, nur dazu da ist, ihm zu helfen? Er bastelt an seiner eigenen Karriere, nicht an Ihrer, Agnes. Hat er Sie so hypnotisiert, dass Sie blind sind?«
    Mit etwas leiserer Stimme verkündete er dann, er müsse jetzt unbedingt eine Zigarette rauchen. »Nicht hier, keine Sorge. Ich will Sie ja nicht bei Ihren Vorbereitungen stören.« Er nahm seinen Mantel und verschwand.
    Kaum war er fort, ließ ich mich auf den Stuhl fallen, auf dem er gesessen hatte – auf meinen Stuhl, der immer noch warm war von ihm. Sein ganz persönlicher Geruch – eine Mischung aus Zigaretten und dem jugendlichen Aroma seiner Haut – hing in der Luft. Es fiel mir schwer, mich mit Jakobs Worten auseinanderzusetzen.
    Howlett war nicht alles egal. Er kümmerte sich um mich. Jakob Hertzlich war doch nur eifersüchtig, neidisch, das war alles. Er war verbittert. Seine Hoffnungen waren zunichtegemacht worden. In Zukunft musste ich vorsichtiger mit ihm umgehen. Und ich musste die Sache mit Dekan Clarke besprechen. Ich hatte zwar während dieser Konfrontation keine Angst vor Jakob gehabt, aber über die Heftigkeit seiner Wut war ich doch sehr bestürzt.
    Ach, Jakob hatte keine Ahnung von der Verbindung zwischen mir und Howlett. Er sah nur meine Verehrung, die sicher etwas albern wirkte, so wie ich es bei Rivers empfand, von außen betrachtet. Doch Jakob wusste nicht, dass mein Vater wie ein Schatten hinter Howlett stand, wenn wir uns begegneten. Ich konnte es Jakob nicht zum Vorwurf machen, dass er davon nichts ahnte, trotzdem war es absolut unnötig, dass er sich dermaßen in seine Wut hineinsteigerte.
    Ich war gerade dabei, die Gurken für die Sandwiches zu schneiden, als Mrs Greaves im Türrahmen erschien. Sie war die Sekretärin des Dekans, eine imposante Frau, deren gefärbte Haare straff aus der Stirn gezurrt waren. Ihr Kopf drehte sich langsam, um alles zu begutachten: den frisch gefegten Fußboden, das weiße Tischtuch, das Essen, festlich und dekorativ, das ganze Museum wie ein Bankettsaal. Als ihr Blick schließlich

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