Das Geheimnis der Highlands
schwermachen. Er würde sie mitnehmen nach Uster. Weit weg von dem rätselhaften, unwiderstehlichen Adam Black.
Was war schon dabei, wenn sie sich nicht nach ihm erkundigt hatte? Sie hatte vom ersten Tag an klargemacht, daß sie nicht mit ihm verheiratet werden wollte. Sie hatte sich hoch und heilig versprochen, ihn auf ewig zu hassen, und dennoch konnte er schwören, daß ihr Körper empfänglich war für seinen. Er würde sie in Uster ganz für sich haben und wäre in der Lage, diese Theorie zu überprüfen.
Wann genau war er passiv geworden? Als du dich schuldig fühltest, ihre Dame verbrannt zu haben, erinnerte ihn sein Gewissen. Sie hier gefangenzuhalten, entgegen ihrem Wunsch, wenn sie wirklich aus der Zukunft kommt. Aber Schuldgefühle waren etwas für Verlierer und Narren. Nicht für Sidheach Douglas. Von Schuld konnte nicht die Rede sein, wenn es um sie ging. »Ich liebe sie«, ließ er den Windwissen. »Und deshalb habe ich mich selbst zum größten Narren gemacht.«
Zu einem liebenswerten Narren.
Zeit, dem abzuhelfen. In diesem erkenntnisreichen Moment fielen Schuld und Passivität von ihm ab. Der Hawk, der sein Streitroß wendete und auf Dalkeith-Upon-the-Sea zuhielt, um seine Frau zu fordern, war der wahre Namensvetter des Sidheach von ehemals, dem Wikinger und Eroberer, der jeden, der sich ihm in den Weg stellte, zermalmte. Ich handle, ich finde mein Ziel, ich obsiege.
Er trieb seinen Hengst an. Verbrämen und fesseln, mein geliebter Falke , versprach er mit einem düsteren Lächeln.
* * *
Unter einem Eschenzweig versteifte sich Adam. Nicht fair! Nicht fair! Mach, daß du fortkommst! Aber fair oder nicht, er hatte richtig gesehen. Der Hawk hatte umgedreht und war zurückgekommen, um Adrienne mitzunehmen. Das war schlichtweg inakzeptabel. Offensichtlich mußte er drastischere Maßnahmen ergreifen.
* * *
»Wie konnte das geschehen?« Lydia wanderte durch die Küche, ein Flattern aus weinrotem Damast und Besorgnis.
»Ich habe nicht die leiseste Ahnung, Lydia. Ich war im Garten, und plötzlich fand ich mich in meinem Schlafzimmer in meiner eigenen Zeit wieder.«
»In deiner eigenen Zeit«, wiederholte Lydia leise. Adrienne sah ihr gerade in die Augen. »Fast fünfhundert Jahre später.« Lydia legte den Kopf auf die Seite und verfiel in Schweigen, als habe sie eine lebhafte innere Auseinandersetzungauszufechten. Die Stille erstreckte sich über einen längeren Zeitraum, in dem sie die Grenzen ihres Fassungsvermögens abtastete. Lydia hatte immer gedacht, daß Frauen unerklärlichen Vorgängen offener gegenüberstünden und anpassungsfähiger seien als Männer. Vielleicht lag das daran, daß Frauen unmittelbar das unvergleichliche und erstaunliche Wunder der Geburt eines Kindes erlebten. Für eine Frau, die in ihrem eigenen Körper Leben schaffen konnte, schienen Zeitreisen im Vergleich dazu ein geringeres Wunder zu sein. Männer jedoch … Männer versuchten immer eine rationale Erklärung für die Dinge zu finden.
Nachdem der Hawk ihr erzählt hatte, welche sonderbaren Neuigkeiten Grimm auf Burg Comyn erfahren hatte, hatte Lydia Adrienne aufmerksam studiert und besonders auf irgendwelche Zeichen von Labilität oder auffälligem Verhalten geachtet. Durch ihre eingehende Beobachtung war sie jetzt nur noch mehr davon überzeugt, daß Adrienne so sehr bei gesundem Verstand war, wie man nur sein konnte. Sie war zu der Schlußfolgerung gelangt, daß dieses Ereignis in ihrer Vergangenheit, bei dem Adrienne durch irgend etwas zutiefst verletzt worden war, was auch immer das gewesen sein mochte, keineswegs ihrem Verstand geschadet hatte – Adrienne war dadurch gestärkt worden, wie erhitzter Stahl. Oh, Lydia wußte, daß sich da eine sehr einsame junge Frau hinter Adriennes zeitweise sarkastischem Humor und ihrer manchmal kühlen Fassade versteckte, aber Lydia hatte die Erfahrung gemacht, daß finstere Mauern meist einen Schatz hüteten, und ein Schatz war ihre Schwiegertochter wahrhaftig. Lydia hatte sie unglaublich liebgewonnen und war fest entschlossen, von ihrem Sohn und dieser bezaubernden jungen Frau Enkelkinder zu bekommen.
Der Gedanke, daß der gesamte Clan der Comyn an einer seltsamen Geisteskrankheit litt, ergab keinen Sinn. Lydiakannte Althea Comyn noch gut aus der Zeit, die sie vor Jahren zusammen bei Hofe verbracht hatten. Sie war eine praktische, weltkluge Frau, und obwohl sich Althea über die Jahre immer mehr zurückgezogen hatte, war sie doch pragmatisch und nüchtern
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