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Das Geheimnis der Inselrose - Historischer Roman

Titel: Das Geheimnis der Inselrose - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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und warf ihm wütend schaumgekrönte Wellen entgegen.
    »Kommt zurück!«, brüllte Krischan gegen den Wind.
    Die Köpfe der Kinder flogen in seine Richtung. Unsicherheit war auf ihren Gesichtern zu lesen. Der im Wasser Stehende ließ das Boot los und wandte sich ihnen zögernd zu.
    »Ich nehm den Jungen«, schrie Jeels Krischan zu. »Versuche du, das Boot zu erwischen!«
    Jeels watete ins Wasser, dem Kind entgegen. Die Kälte ließ ihn nach Luft schnappen. In Sekundenschnelle hatte sich seine Kleidung vollgesogen. Das Wasser zerrte an ihm, und er kam nur mühsam voran. Schließlich hatte Jeels das Kind fast erreicht und streckte die Arme nach ihm aus. Da riss ihn eine hohe Welle ganz plötzlich von den Füßen. Er hörte den Jungen schreien. Wasser schlug über seinem Kopf zusammen, drang in seine Lunge. Für einen Moment überkam ihn Panik. Doch dann rappelte Jeels sich hustend und keuchend wieder auf. Seine Augen suchten die Wasseroberfläche ab. Wo war der Junge? Jeels zwang seine Füße voran. Mit den Händen durchwühlte er fieberhaft das Wasser. Und dann bekam er einen Arm zu fassen. Jeels zog, und der Kopf des Jungen tauchte aus dem Wasser auf. Er hustete und schrie und klammerte sich panisch an Jeels fest, der den Kleinen schützend an sich drückte.
    Jeels holte tief Atem, dann wandte er sich um. Mit dem einen Arm hielt er den Jungen fest, unter Zuhilfenahme des anderen kämpfte er sich durch die Wellen. Langsam und unter
Aufbietung all seiner Kraft gelang es ihm, zum Strand zurückzuwaten.
    Insulaner kamen ihm schreiend entgegen. Vielleicht hatte Onno sie informiert. Eine Frau rannte weinend ins Wasser und riss ihm das Kind aus den Armen. Andere wiesen mit weit aufgerissenen Augen aufs Meer. Jeels wandte sich erneut der See zu. Krischan stand weit draußen im Wasser und hielt sich mit rudernden Armen mühsam aufrecht. Immer wieder brachten die heranrollenden Wellen ihn aus dem Gleichgewicht. Das kleine Boot mit dem schreienden Kind hatte sich weiter von ihm und der Insel entfernt. Krischan hieb mit den Fäusten in die Luft, als wolle er das Wetter beschwören, doch den Wellen konnte er nicht Einhalt gebieten.
    Eine Frau rang die Hände. »Es ist mein Dertlef«, rief sie fassungslos und brach in Tränen aus. »So helft ihm doch!«
    »Wir werden es versuchen.« Ein grauhaariger Alter legte ihr beruhigend eine Hand auf die Schulter. Schneller als Jeels es für möglich gehalten hätte, wurde ein Boot herbeigeschafft und zu Wasser gelassen. Innerhalb kürzester Zeit hatten sich fast alle Insulaner am Strand eingefunden. Für die Rettungsaktion wurden kräftige Männer gesucht. Krischan watete schwankend aus dem Wasser und ging dann entschieden auf die Männer zu, die das Boot besteigen wollten. Sein Gesicht war weiß wie eine Wand, doch seine Stimme klang fest.
    »Ich will mitfahren!«
    Auf einen Wink hin vervollständigte er die Mannschaft. Jeels’ Augen hingen an dem bärtigen Hünen. Er wusste sofort, welche Bilder seinem Freund gerade durch den Kopf gehen mussten. Erst gestern hatten all die schrecklichen Erinnerungen an die Nacht, als sein Vater starb, in ihm emporgedrängt. Welche Überwindung musste ihn jetzt dieser Schritt kosten.
    »Diesmal will er nicht machtlos danebenstehen«, ging es Jeels durch den Sinn.

    Unter anfeuernden Rufen legten sich die Männer ins Zeug. Von den Zuschauern hielten viele die Augen geschlossen, weil die Spannung schier unerträglich war. Andere pressten angstvoll ihre Fäuste gegen die Wangen.
    Das Boot kämpfte sich durch ein Meer aus Schaum und Gischt vor, doch so sehr die Männer sich auch bemühten, der Abstand zu dem schreienden Jungen verringerte sich kaum. Immer wieder warf die vom Wind aufgepeitschte See sie zurück. Ein Aufstöhnen ging durch die Menge am Strand, als beide Boote von einer besonders hohen Welle überspült wurden.
    Es schien, als sei alle Mühe umsonst, doch dann - ganz plötzlich - schien das Meer nachzugeben. Die See beruhigte sich, der Wind wurde schwächer. Jetzt fiel das Rudern leichter. Mit wenigen Schlägen erreichten die Männer das Boot mit dem Kind. Krischan und ein anderer Insulaner kletterten zu Dertlef hinüber. Ruder wurden ihnen gereicht, und innerhalb kürzester Zeit kehrten beide Boote unbeschadet zum Strand zurück.
    Dort wurde der verängstigte Junge von seiner Mutter in die Arme geschlossen. Er zitterte und schluchzte immer noch. »Wir wollten doch nur so mutig sein wie die Großen und das Boot retten.«
    Niemand brachte es

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