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Das Geheimnis der Inselrose - Historischer Roman

Titel: Das Geheimnis der Inselrose - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Bemühungen zwecklos waren. »Nun denn«, lenkte er ein, »herzlichen Gruß auch
an Ailt. Er weiß, wo die Kate steht. Alsdann, immer am Strand lang.« Er hob zum Abschied die Hand.
    »Vielen Dank! Wir sehen uns sicher noch öfter«, erwiderte Jeels freundlich und trat aus der Vogtei in die Sonne.
     
    Mit gerunzelter Stirn sah der Vogt ihm nach. »Leicht wird der Fremde sich hier bestimmt nicht tun«, dachte er. Um die Kate rankten sich Geheimnisse. Die alten Insulaner erzählten ihren Enkelkindern, dass in früherer Zeit eine Frau dort gelebt habe, die sich in Vollmondnächten in ein Meerweib, eine Seejungfrau, verwandelte. Sie munkelten, dass das Meerweib viele böse Taten beging, doch bei abnehmendem Mond habe sie stets Gutes vollbracht. Das Meerweib mit den Zauberhänden, so nannten die Alten sie. Doch davon hatte er dem jungen Mann lieber nichts erzählen wollen.

7
    L ange fuhren sie schweigend am Strand entlang. Die schon tief stehende Sonne hatte das Meer mit roten und goldenen Farben übergossen. Kleine Wellen brachen sich schäumend am Strand. Muscheln und Quallen schillerten im Sonnenlicht, ausgespien von der See, um mit der nächsten Flut wieder eins mit ihr zu werden. Scharen von Möwen flogen kreischend über den Strand, immer auf der Suche nach Nahrung.
    Mit großen Augen saugte Jeels all die neuen Eindrücke auf. Er würde es lieben! Nein, widersprach er sich, er liebte es schon jetzt. Vielleicht fühlte er sich so sehr mit dem Meer verbunden, weil alles Leben aus dem Wasser kam. Aber es mochte auch sein, dass es andere Gründe gab. Gründe, die zu erforschen er auf die Insel gekommen war.
    »Da hinten ist es.« Ailt streckte den Arm aus. »Wir müssen absteigen.«
    Sie verließen den Strand und Ailt führte das Pferd hinter sich her durch den Sand. Jeels folgte ihm, während Benno neugierig vor ihnen her stromerte. Lange mussten sie laufen, bis endlich ein Haus mit Strohdach in Sicht kam, das zwischen den Dünen hervorlugte. Inselgras und stacheliges Gestrüpp umwucherten die Kate.
    »Das sieht ja gar nicht mal so wild aus«, rief Jeels optimistisch. »Ich hätte es mir schlimmer vorgestellt.«
    Sie ließen den Karren stehen und schulterten das Gepäck.
Ein hoher Zaun mit breiten Querlatten, von denen viele herausgerissen oder morsch geworden waren, verlief rund um das Haus und den kleinen Garten. Das Tor hing lose in den Angeln und ließ sich nur schwer öffnen. Die Kate selbst sah alles in allem recht gut aus. Die Lehmwände waren weiß gekalkt, und es gab drei Türen, je eine nach Norden, Süden und Südosten. Sie hatten genau wie die Fensterrahmen einen grünen Anstrich. Im Gegensatz zu den Häusern im Dorf besaß dieses sogar einen Schornstein.
    »Sehr gut«, dachte Jeels zufrieden, »da muss der Rauch nicht zur Tür hinaus.«
    Mitten in dem vernachlässigten Garten stellte Jeels seine Koffer ab. Er holte drei Schlüssel aus der Tasche und betrachtete sie liebevoll. »Die wurden von meinem Vater lange in Ehren gehalten. Nur einmal im Jahr schickte er sie dem Verwalter«, erklärte er Ailt. »Ich bin gespannt, ob sich die Türen noch öffnen lassen.«
    Mit ernstem Gesicht schob er den ersten Schlüssel ins Schloss. Ein wenig widerstrebte die Tür, doch nach leichtem Druck ließ sie sich aufschieben. Der Hausflur war dämmrig und kühl. Jeels ging hinein und zog den Eingang zur Südseite auf. Helles Licht flutete ihnen entgegen. Der Wohnraum war weiß gekalkt, zwar klein, aber gemütlich. An den Wänden befanden sich zwei Schlafkojen, die hinter verstaubten karierten Vorhängen verborgen waren. Auch die Wanduhr war von einer so dicken Staubschicht bedeckt, dass man auf ihr die Zeit nicht mehr ablesen konnte. Es gab im Raum zwei Bänke und einen Tisch. Jeels bemerkte, dass die Tischdecke aus gleichem Stoff war wie die Alkovenvorhänge. Er trat an eins der Fenster und begutachtete den schmalen Kamin mit den Delfter Kacheln, der daneben an der Wand stand. Ein frei stehender Schrank mit geschliffenem Glas und ein Ofen vervollständigten das Mobiliar.

    Benno schien sich in dem Raum nicht wohlzufühlen. Er blieb knurrend vor einer der Butzen stehen, doch Jeels, der darauf brannte, das ganze Haus in Augenschein zu nehmen, zog ihn mit fort in die Küche. Auch in diesem Raum befand sich eine Schlafkoje. Mit Spinnweben verhangene binsengeflochtene Stühle standen um einen Holztisch.
    »Na, da werden Sie zumindest kochen können.« Ailt wies zufrieden auf ein aus Stein gefertigtes längliches Viereck mit

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