Das Geheimnis der italienischen Braut
Garten durchquert hatte, drehte sie sich um und kam zurück.
Wie hatte er vergessen können, dass sie immer das letzte Wort haben musste? Dann sollte sie es auch haben, ihm war es egal. Es machte jedenfalls das, was sie getan hatte, nicht besser.
„Für wen ich mich halte? Das kann ich dir genau sagen.“ Sie deutete ein Lächeln an. „Für das arme, bedauernswerte Mädchen, das auf dich vor dem verlassenen Farmhaus den ganzen Nachmittag gewartet und sich einsam, allein und völlig hilflos gefühlt hat.“
„Du weißt doch, dass ich deinen Brief nicht erhalten habe“, wandte er ein. „Also kannst du jetzt nicht mir die Schuld geben.“
In ihren Augen blitzte es einen kurzen Augenblick triumphierend auf. „Ich habe dich an dem Nachmittag gesehen, Romano!“
Na und? Was wollte sie damit andeuten? Es ging doch darum, dass er nicht gekommen war.
„Als ich beschloss, nicht länger zu warten, bin ich zur Hauptstraße zurückgegangen, und da habe ich dich gesehen.“ Sie machte eine vielsagende Pause. Er zuckte jedoch nur die Schultern, und sie fuhr fort: „Du bist auf der Vespa fast an mir vorbeigefahren – mit Francesca Gambardi.“
Daran hatte er gar nicht mehr gedacht. Jetzt wusste er auch, welchen Nachmittag sie meinte. Er hatte endlich Francescas ständigem Drängen nachgegeben, sie einmal zu einer Fahrt auf seinem Motorroller einzuladen. Irgendwie hatte er sogar gehofft, sie könnte die Lücke füllen, die Jackie hinterlassen hatte, nachdem er begriffen hatte, dass sie nichts mehr mit ihm zu tun haben wollte.
Es war keine gute Idee gewesen und hatte auch nicht funktioniert. Francesca hatte ihn nicht ablenken können, denn bei jedem Blick und jeder Berührung hatte er sich gewünscht, es wäre Jackie, die ihn auf diesem Ausflug durch die traumhaft schöne Landschaft begleitete. Am Ende hatte er Francesca nach Hause gebracht, ohne sie auch nur ein einziges Mal zu küssen.
Jackie irrte sich, wenn sie glaubte, er hätte eine Affäre mit Francesca gehabt. Natürlich hatte er nicht vergessen, wie eifersüchtig sie auf dieses Mädchen gewesen war, und konnte sich gut vorstellen, wie es für sie ausgesehen haben musste. Doch wenn sie ihn gefragt hätte, hätte sich alles aufgeklärt. Sie hatten eben beide einen Fehler gemacht.
„Hast du mir deshalb verschwiegen, dass du schwanger warst? Nur weil du mich mit einer anderen gesehen hast? Ich finde, das ist eine armselige Ausrede, Jackie.“
Sie versteifte sich und sah aus, als hätte er ihr eine Ohrfeige verpasst. Sie erholte sich jedoch rasch wieder und konterte: „Ich war überzeugt, du hättest meinen Brief bekommen, schon vergessen? Und ich glaubte, du wüsstest, dass ich schwanger war und auf dich wartete, um alles Weitere mit dir zu besprechen. Als ich dich dann mit ihr sah, war für mich alles klar.“
Wahrscheinlich ist nicht alles nur schwarz oder weiß, gestand er sich insgeheim ein. Er fand das alles sogar ziemlich kompliziert, es war schwierig, die Übersicht zu behalten, wer was wann gewusst hatte. Jackie war schon immer etwas hitzköpfig und vorschnell im Urteilen gewesen. Auch wenn ihm ihre Reaktion nicht gefiel, konnte er sie verstehen. Hingegen konnte er nicht verstehen, dass ein einziger unglücklicher Zufall über seine und ihre Zukunft entschieden hatte.
„Du hast offenbar nicht daran gedacht, mich zu fragen und die Wahrheit herauszufinden. Du hättest ja warten können, bis du dich beruhigt hattest. Auch nach der Geburt des Babys oder an seinem ersten oder irgendeinem anderen Geburtstag hättest du noch mit mir reden können. Hat Kate dich nie gefragt, wer ihr Vater ist? Will sie es nicht wissen?“
Sie blickte ihn nur schweigend an.
Vielleicht war Kate so wie ihre Mutter. Vielleicht hatte Jackie sie dazu erzogen, genauso hart und selbstbewusst wie sie zu werden, was er sich leider allzu gut vorstellen konnte. Eine elegante Wohnung in einem der feineren Wohngegenden Londons, Mutter und Tochter beide sehr kultiviert und chic, sie gingen zum Essen aus, man traf sie auf Modenschauen, ja, das passte. Doch dass die beiden viel lachten oder Spaß hatten, konnte er sich nicht vorstellen.
Jackie hatte ihn damals auf Trab gehalten. Es war nicht immer leicht gewesen, mit ihr zurechtzukommen. Wie hätte er reagiert, wenn er es mit zwei so schwierigen Frauen zu tun gehabt hätte? Er ließ die Gedanken wandern und vergaß alles um sich her.
„Ich habe bei ihrer Geburt und in den Tagen danach immer an dich gedacht“, riss Jackies Stimme ihn
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