Das Geheimnis der italienischen Braut
zurückzuziehen. Im Gegenteil, er legte ihr die Arme um die Taille und presste sie an sich, ehe er seine Wange an ihre Stirn legte.
Die Musik wechselte, und sie tanzten immer weiter. Es gefiel Jackie, sich an ihn zu schmiegen, wenn auch nur für einige gestohlene Augenblicke. Fast ihr ganzes Leben hatte sie sich bemüht, nicht von dem hohen Podest herunterzufallen, auf das sie sich selbst gestellt hatte. Jetzt war sie es leid, es war zu anstrengend, und sie war unendlich müde.
Schweigend bewegte sich Romano mit ihr im Rhythmus der Musik. Es war ein wunderbares Gefühl, mit einem Mann zu tanzen, der so stark und zuverlässig war.
Sie war dankbar, dass er ihr Zeit ließ, die Ereignisse des Nachmittags zu verarbeiten.
Eine Frage ließ ihr jedoch keine Ruhe. Warum hatte sie sich damals nicht intensiver bemüht, mit ihm darüber zu reden, dass sie schwanger war? Dass sie ihm nur diesen einen Brief geschrieben hatte, konnte sie im Nachhinein nicht mehr verstehen. Hatte sie ihn wirklich für einen verantwortungslosen jungen Mann gehalten, der junge Mädchen verführte, ohne sich jemals um die Folgen seines Handelns zu kümmern?
Ja und nein. Sie hatte es angenommen, weil sie es hatte glauben wollen. Alles andere wäre viel zu gefährlich gewesen. Nur weil sie ihn hasste, hatte sie alle Brücken hinter sich abbrechen können. Wenn sie noch einmal versucht hätte, mit ihm zu reden, hätte er sie wieder verletzen können. Sie hatte jedoch nicht noch einmal zurückgewiesen werden wollen. Deshalb war sie den Weg des geringsten Widerstands gegangen und hatte sich ihrem selbstgerechten Zorn überlassen, ohne weder die eigenen Beweggründe wirklich zu verstehen noch die Folgen zu übersehen.
Dass sie damals erst fünfzehn gewesen war, war keine Entschuldigung. Immerhin war sie alt genug gewesen, um schwanger zu werden. Also musste sie auch die Verantwortung für alles, was damit einherging, übernehmen. Obwohl sie nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt hatte, hatte sie versagt und sich für etwas entschieden, was aus ihrer heutigen Sicht völlig falsch war.
Ob alles anders geworden wäre, wenn sie mit Romano geredet hätte, würde sie nie erfahren. Vielleicht hätte ihre Beziehung es ausgehalten, vielleicht hätten sie als Teenager versucht, ihr Kind allein großzuziehen. Aber vielleicht war es für Kate besser gewesen, bei Adoptiveltern aufzuwachsen, die in geordneten Verhältnissen lebten und sie offenbar sehr liebten.
Lieben sie meine Tochter etwa mehr, als ich sie hätte lieben können? überlegte sie.
Wie immer bei diesem Gedanken verkrampfte sich ihr der Magen.
„Jetzt sind wir in Sicherheit.“
Jackie hob langsam den Kopf. „Wie bitte?“
„Deine Mutter unterhält sich mit deinem Onkel.“
Das konnte nicht sein. Ihre Mutter und Luca sprachen doch gar nicht miteinander.
Romano blieb stehen.
Am liebsten hätte sie jedoch stundenlang mit ihm weitergetanzt, statt in die Wirklichkeit zurückzukehren. Sie ließ die Hände sinken, trat einige Schritte zurück und wusste nicht, wie sie sich einigermaßen würdevoll zurückziehen sollte.
Am Ende entschied sie sich dafür, das zu tun, was sie am besten konnte: Sie würde das Problem auf praktische Art lösen. Zwischenmenschliche Beziehungen waren einfach zu schwierig. „Gut, lass uns morgen weiterreden, wenn wir beide Zeit hatten, über alles nachzudenken.“
Er warf ihr einen rätselhaften Blick zu. „Einverstanden“, stimmte er zu. „Ist alles okay, Jackie?“
Sie straffte die Schultern. „Natürlich. Ich bin nur etwas müde.“
Er deutete ein Lächeln an. „Ich rufe dich morgen an.“ Dann nickte er ihr kurz zu und verschwand.
Was habe ich ihm getan? überlegte sie verblüfft. Wo waren sein Charme und sein gutes Benehmen geblieben? Dass er eine Frau einfach stehen ließ, ohne sie auf die Wange zu küssen oder zumindest eine originelle Bemerkung zu machen, die sie zum Lachen brachte, sah ihm gar nicht ähnlich.
Sie entschloss sich, sich einen ruhigen Platz zu suchen, wo sie sich hinsetzen und den Migräneanfall vertreiben konnte, der sich ankündigte. Als sie zwischen den Gästen hindurch den Ballsaal durchquerte, entdeckte sie ihre Mutter, die sich mit ihrem Bruder Luca unterhielt. Also hatte Romano recht gehabt.
„Ich weiß deine Aufrichtigkeit zu schätzen“, hörte Jackie ihren Onkel sagen.
„Ich meine es wirklich ernst, Luca. Es tut mir sehr leid, dass ich dir mit der Szene, die ich gemacht habe, die Geburtstagsfeier verdorben habe. So
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