Das Geheimnis der italienischen Braut
möchte ich nicht reden. Jedenfalls haben die Dinge eine … interessante Wendung genommen. Ich wollte eigentlich erst heute mit ihm sprechen, aber die Situation erforderte sofortiges Handeln, um es einmal so auszudrücken.“
Scarlett musste laut lachen.
„Was hast du?“, fragte Jackie ärgerlich. Immerhin hatte sie versucht, die Sache einigermaßen diskret zu umschreiben.
„Wenn Gefühle im Spiel sind, hörst du dich immer sehr sachlich und steif an, genau wie …“
„Wage es nicht, es auszusprechen“, unterbrach Jackie sie.
„… wie unsere mamma “, beendete ihre Schwester den Satz unbeeindruckt.
„Ich bin ganz anders als sie! Du bist diejenige, die ihr am ähnlichsten ist“, gab Jackie zurück.
Scarlett zuckte die Schultern. „Was soll ich dazu sagen? Ich habe mich damit abgefunden. Das bedeutet natürlich nicht, dass es mir gefällt, andererseits verschließe ich auch nicht die Augen vor der Wahrheit.“
„Das tue ich auch nicht“, protestierte Jackie und schenkte sich einen Kaffee ein.
Ihre Schwester stand auf. „Liebes, du bist Weltmeisterin im Verdrängen“, stellte sie fest, ehe sie verschwand.
„Unsinn!“, rief Jackie hinter ihr her. „Du hast ja keine Ahnung, wovon du redest.“
Sie war überzeugt, dass sie recht hatte, denn sie irrte sich selten. Mit Romano zu schlafen, als sie noch gar nicht reif genug für eine intime Beziehung gewesen war, war der einzige Fehler, den sie bisher in ihrem Leben gemacht hatte. Und vielleicht noch die Sache mit dem Brief, wenn man das als Fehler bezeichnen konnte. Es wäre allerdings besser gewesen, sie hätte ihm persönlich gesagt, dass sie schwanger war. Das hatte sie ihm gegenüber ja auch schon zugegeben. Und ganz richtig war es auch nicht, dass sie nie wieder versucht hatte, sich mit ihm in Verbindung zu setzen.
Seit sie Kontakt mit ihrer Tochter hatte, hatte sie sich verändert. Sie war jetzt eher bereit, die Vergangenheit aufzuarbeiten, wovor sie bisher immer zurückgeschreckt war. Das bewies doch, dass sie sich mit der Wirklichkeit auseinandersetzen wollte, oder etwa nicht?
Wie steht es mit Romano? schien eine kleine innere Stimme zu fragen. Mit ihm hatte sie ebenfalls alles geklärt. Er lehnte Kate nicht ab, und das war ein guter Anfang.
Aber was empfindest du für ihn? meldete sich die kleine innere Stimme schon wieder. Sekundenlang schloss sie die Augen, um nachzudenken.
Ich liebe ihn nicht, fühle mich jedoch zu ihm hingezogen, gestand sie sich dann ein.
Und schon wieder hatte sie sich bewiesen, wie ehrlich sie sich selbst gegenüber war.
Allerdings brachte es ihre Pläne etwas durcheinander, dass sie sich zu Romano hingezogen fühlte. Sie hatte sich vorgestellt, mit ihm zusammen für Kate so etwas wie ein zweites Elternpaar zu sein, ohne dass es zu einer Neuauflage der damaligen Beziehung kam.
Sie hatten vereinbart, sich so wie früher vor dem alten Farmhaus zu treffen. Einen besseren Ort, um allein und ungestört miteinander zu reden, konnten sie sich nicht vorstellen. Deshalb fuhr Jackie jetzt in ihrem Mietwagen den holprigen Weg hinauf, bis es nicht mehr weiterging und sie den Rest zu Fuß zurücklegen musste.
Auf den ersten Blick schien sich nichts verändert zu haben. Als sie jedoch genauer hinsah, merkte sie, dass alles noch verwahrloster war. Die im Wind und Sturm umgestürzten Olivenbäume hatte niemand weggeräumt. Das Dach des alten Gebäudes war fast vollständig abgedeckt, die Fensterscheiben waren zerbrochen, und in den Mauerritzen wuchsen Wildblumen, sodass die Spalten immer breiter wurden.
Romano saß schon auf der Steintreppe vor der Haustür. Mit den hängenden Schultern sah er aus wie ein gebrochener Mann. Ihn einmal so zu erleben hätte sie nie für möglich gehalten. Sie hatte geglaubt, ihn könnte nichts wirklich erschüttern und er würde alles mühelos wegstecken.
Warum hatte sie es so weit kommen lassen? Es kam ihr so schrecklich unsinnig vor, dass sie nicht viel früher mit ihm gesprochen hatte. An Kate hatte sie überhaupt nicht gedacht, als sie sich entschlossen hatte, dass sie nichts mehr mit ihm zu tun haben wollte. Es war reiner Egoismus gewesen. Sie hatte sich selbst schützen wollen. Zu allem Überfluss hatte sie sich auch noch eingeredet, sie handle absolut selbstlos.
Dass sie damals erst fünfzehn gewesen war, wollte sie nicht mehr als Entschuldigung gelten lassen.
„Romano?“
Sein Lächeln erreichte seine Augen nicht, und sein Blick wirkte kühl und unbeteiligt. „Ich möchte sie
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