Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Geheimnis der Jadekette - Fandorin ermittelt Kriminalerzaehlungen

Das Geheimnis der Jadekette - Fandorin ermittelt Kriminalerzaehlungen

Titel: Das Geheimnis der Jadekette - Fandorin ermittelt Kriminalerzaehlungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Akunin
Vom Netzwerk:
ja, die hat, als sie vom Tod ihres Sohnes erfuhr, immerzu gesagt: ›Ich bin die Letzte der Baskakows, ich bin die Letzte der Baskakows‹, und hat geweint und geweint …«
    Noch das Lächeln im Gesicht, schluchzte das Fräulein ohne jeden Übergang, schniefte und schloss mit den Worten: »Ich bin keine Baskakowa, mir tut die Skarpea nichts.«
    »Sagen Sie das nicht, liebste Warwara Iljinitschna«, erwiderte Papachin und drohte ihr mit dem Finger. »Ihnen gehört jetzt der Baskakowsche Schatz aus der Zaubertruhe, also erben Sie auch die Familienreliquie.« Er fletschte die kräftigen, verräucherten Zähne, riss die Augen auf und zischte wie eine Schlange. »Wir Papachins haben übrigens auch unser Familiengespenst. Hinterm Ofen der Tante hauste die alte Truchoruschka. Ein winziges graues Wesen, das hin und her huschte. Als Kind hatte ich entsetzliche Angst vor ihr. Hier hat jedes Haus seinen Geist, so ist das seit alters. Das liegt an der Gegend, mein Herr. Wen wundert’s – das Faule Moor ist in der Nähe. Was willst du, Serjogin?«
    Die Frage war an jemanden gerichtet, den Tulpow nicht sah. Er drehte sich um und erblickte im Halbdunkel, wo die Lampe nicht hinreichte, einen gebeugten Mann, der seltsam gekleidet war: Jackett und Krawatte, aber Stiefel bis zu den Knien. Auf dem Arm hatte er eine große rötliche Katze, die er unterm Kinn kraulte. Sie blinzelte selig.
    »Ich habe Warwara Iljinitschna etwas mitzuteilen, nicht Ihnen«, antwortete der unansehnliche Mann würdevoll und warf einen Seitenblick auf den uniformierten Beamten. »Der Verwalter hat heute morgen auf dem Postamt eine Briefsendung abgeholt, von derBehörde in Meshewoje, und hat Ihnen kein Wort davon gesagt. Ich halte es für meine Pflicht als ehrlicher Mensch …«
    »Na endlich!«, rief die Hausherrin erfreut. »Die Bescheinigung über die Vermessung des Grundstücks?«
    »Die allerneueste, vom vorigen Jahr.«
    »Gott sei Dank! Jetzt kann ich verkaufen. Und auf nach Menton! Nach Paris! Nach Marienbad!«
    Wawara Iljinitschna sprang auf und wirbelte durchs Zimmer – der Saum ihres bescheidenen Kleids, das sichtlich noch aus dem früheren Leben stammte, versuchte sich zu einer Glocke zu entfalten, umbaumelte aber nur kläglich die Beine des Fräuleins.
    Papachin zwinkerte Tulpow vertraulich zu, wies mit dem Kopf auf Serjogin und sagte: »Er intrigiert gegen seinen Vorgesetzten, der Schelm. Denkt, Warwara Iljinitschna nimmt ihn mit ins Ausland. Mitsamt seiner Mieze. Jetzt, wo es mit dem Heiraten nicht geklappt hat, ersetzt ihm die Mieze die Braut.«
    »Die Kreatur ist oft viel anständiger als mancher Handelsherr, stimmt’s, Mieze?« Der Kontorist küsste die Katze auf die Nase. »Warwara Iljinitschna ist gütig, sie nimmt uns beide ganz bestimmt mit nach Paris.«
    »Sie ist ja auch deine einzige Hoffnung.« Papachin grinste und erklärte Tulpow: »Er weiß, wenn ich Baskakowka kaufe, schmeiß ich ihn raus, in hohem Bogen.«
    »Das mit dem Kaufen ist noch nicht raus«, konterte Serjogin, ohne den Millionär anzusehen. »Herr Machmetschin bietet mehr als Sie.«
    »Warwara Iljinitschna!«, wandte sich Papachin mit dröhnender Stimme an das tanzende Fräulein. »Meine Liebe! Wollen Sie Baskakowka wirklich diesem Kumys-Trinker mit dem kahlrasierten Schädel verkaufen? Eine Sünde wär das, wirklich, eine Sünde!«
    Die Hausherrin hielt im Tanzen inne und antwortete fröhlich: »Überhaupt keine Sünde, sondern gerecht. Von einem Tataren ist es gekommen, nun geht es wieder zu einem Tataren.«
    Machmetschin legte bei diesen Worten die Hand an die Stirn und dann an die Brust und öffnete zum ersten Mal die Lippen.
    »Machmetschin steht zu seinem Wort. Anderthalb Millionen. Wenn Sie es wünschen, schaffen meine Leute das Geld morgen herbei, der Kaufbrief hat noch Zeit.«
    Papachin hieb mit der Faust auf den Tisch, dass die Tassen klirrten.
    »Er wird hier eine Moschee bauen, wird Sie mit den Popen entzweien. Ich biete eine Million sechshundert.«
    »Was gehen mich die Popen an?«, rief Warwara Iljinitschna lachend; es machte ihr offenbar Spaß, die beiden Geldsäcke gegeneinander zu hetzen. »Ich fahre nach Europa und setze meinen Fuß nie wieder in diese Gegend.«
    »Ganz genau«, stimmte der Kontorist zu und küsste seine Katze auf das puschlige Bäckchen.
    Machmetschin zuckte die Achseln.
    »Wozu eine Moschee? Die bau ich in unserer Vorstadt, hier mach ich Geschäfte. Eine Million siebenhunderttausend.«
    Tulpow wurde es langweilig. Es war ohnehin

Weitere Kostenlose Bücher