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Das Geheimnis der Jadekette - Fandorin ermittelt Kriminalerzaehlungen

Das Geheimnis der Jadekette - Fandorin ermittelt Kriminalerzaehlungen

Titel: Das Geheimnis der Jadekette - Fandorin ermittelt Kriminalerzaehlungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Akunin
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Errichtung einer Kirche zum Gedenken an den heiligen Pankrati und das Geschlecht der Baskakows hergeben und ins Kloster gehen, um für die Baskakowschen Sünden zu Gott zu beten. Nicht schlecht, was?«
    Und sie lachte wieder, diesmal ohne zu husten, trotzdem angestrengt, ohne Fröhlichkeit.
    »Wohnt Krascheninnikow im Haus?«, fragte Tulpow und beschloss, sich für den Anfang den Verwalter genauer anzusehen.
    »Wo denken Sie hin! Er hat ein Häuschen im Garten. Und noch eine Wächterhütte am Teich, die er ›Kabinett‹ nennt. Dorthin zieht er sich zur Lektüre gottgefälliger Bücher zurück und verbittet sich jede Störung. Nicht mal seine Tochter darf in sein ›Kabinett‹. Er ist Witwer, lebt mit seiner Tochter zusammen«, fügte die Hausherrin zur Erklärung hinzu. »Ein hübsches Mädchen, eine richtige russische Schönheit.«
    »Mister Papachin« lebte auf.
    »Ja, Krascheninnikows Tochter ist eine wahre Rosenknospe. Schade, mit solch einem Papa wird sie verkümmern. Der Kontorist Serjogin wollte um ihre Hand anhalten, hat sich aber gleich an der Pforte einen Kinnhaken eingefangen.« Papachin schwenkte die Faust wie beim Boxen. »Krascheninnikow wird seine Tochter keinem Mann zur Frau geben, bis sie eine alte Jungfer ist, und dann kann sie höchstens noch Nonne werden. Ach, man müsste sie herausputzen, ihr dies und das beibringen, mit ihr nach Paris zur Ausstellung fahren, da würde sie aufblühen!«
    Nach dieser Äußerung zu urteilen, pflegten die Hausherrin und Papachin einen freien Ton. Obwohl der Industrielle die Worte »dies und das beibringen« mit einem vielsagenden Zwinkern begleitete, zeigte sich Warwara Iljinitschna nicht entrüstet und wies ihn nicht zurecht, sondern lächelte. Tulpow vermerkte auch dieses Detail.
    Es war an der Zeit, auf das Wesentliche zu kommen.
    »Ich habe hier zwei widersprüchliche Ansichten zu dem traurigen Ereignis gehört, das sich vor einem Monat zugetragen hat.« Der Sekretär schielte verstohlen zur Hausherrin – verdüsterte sich ihr Gesicht bei der Erwähnung des Vorfalls? Nein, es verdüsterte sich nicht. »Herr Blinow vertritt die Auffassung, dass an der Geschichte nichts Übernatürliches sei, und hält das Gerücht von der prophetischen Skarpea für Aberglauben …«
    »… der geeignet ist, die künftigen Sommergäste zu vergraulen«, hakte Papachin ein, »und den Anbruch des goldenen Zeitalters in Pachrinsk zu behindern. Hat Ihnen Herr Blinow ausgemalt, was für ein wunderbares und aufgeklärtes Leben uns alle hier in zweihundert Jahren erwartet? Nein? Na, dann wird er’s noch tun.« Papachin lachte. »Alles Quatsch. Die Sommergäste pfeifen auf unsere Provinzmärchen. Sie brauchen Sauerstoff, eine Hängematte, eine Badeanstalt und frische Milch. Unser Vorsitzender ist ein Schwätzer und Dummkopf. Wissen Sie, dass er voriges Jahr in den Fernen Osten gereist ist, mit dem Plan, vom Handel mit Tigerfellen reich zu werden? Ein schöner Händler! Die chinesischen Chunchusen hätten ihm beinahe den Kopf abgeschnitten. Aber was soll’s, den Verlust hätte er kaum bemerkt.«
    »Herr Papachin giftet so, weil Blinow ihn bei den Wahlen überrundet hat«, erklärte Warwara Iljinitschna vergnügt, und es war nicht zu spüren, ob die Erinnerung an den Semstwo-Träumer ihr Gewissen wenigstens etwas belastete.
    Der Tatar lächelte schadenfroh nur mit den Lippen und nickte mit dem Turban, doch die Wahlen interessierten Tulpow nicht, und er lenkte das Gespräch wieder auf das Ausgangsthema.
    »Und den anderen Gesichtspunkt hat mir der eher romantisch gestimmte Herr Petrow dargelegt. Ihr Verwalter hat mir die Schlangenspur im Garten gezeigt«, verfolgte Tulpow seine Linie und betrachtete sein Spiegelbild im Samowar (komisch sah er aus: die Wangen zwei kleine Melonen wie bei dem Japaner Masa, und die Ohren zwei Eierkuchen). »Beeindruckend. Reptilien von solchen Ausmaßen gibt es in unserem Land wohl nicht. Ich hätte gern gewusst, Warwara Iljinitschna, wie Sie über die Skarpea denken. Haben Sie keine Angst?«
    Er wandte abrupt den Kopf und fixierte die Hausherrin mit scharfem Blick. Diesen Trick hatte er von seinem Chef gelernt. Wer kein reines Gewissen hat, verliert mitunter die Fassung.
    Warwara Iljinitschna ließ Tulpows Blick von sich abprallen. Sie kicherte wieder, die reinste Kichererbse, und das bei ihrer Schwindsucht. Wahrscheinlich hatte der unverhoffte Reichtum ihren Verstand doch etwas getrübt.
    »Warum sollte ich Angst vor ihr haben? Frau Baskakowa, die Ärmste,

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