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Das Geheimnis der Jaderinge: Roman (German Edition)

Das Geheimnis der Jaderinge: Roman (German Edition)

Titel: Das Geheimnis der Jaderinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
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zustand, hervor, einen goldfarbenen Kopfputz,
von dem Perlen aus Bernstein hinabhingen. Verglichen mit den
prächtigen Hüten der Könige und Generäle war
Yazis Exemplar höchst schlicht, stellte lediglich einen kleinen,
liegenden Drachen dar, aber sie hatte es trotzdem selten getragen, da
sie Schmuck allgemein als überflüssig und hinderlich
empfand. Nun schüttelte sie ihr Haar aus und setzte den
Drachenhut auf. Die prächtig herausgeputzten Konkubinen der
Rongs stiegen vor ihrem inneren Auge auf. Plötzlich sehnte Yazi
eine von ihnen herbei, um Ratschläge zu erbitten, wie sie ihr
eigenes Aussehen etwas gefälliger gestalten konnte.
         »Mutter,
woran denkst du die ganze Zeit?«, vernahm sie Chuntians Stimme
im Hintergrund und fuhr herum.
         »Nun,
wie gefalle ich dir?«, wandte sie sich mit einem leicht
verkrampften Kichern an ihre Tochter. Chuntian starrte ihr verwirrt
ins Gesicht, als fürchte sie, die Mutter sei von einer Krankheit
befallen.
         »Mutter,
die Generalin Pofu ist hier und du träumst vor dich hin, anstatt
sie zu beachten«, flüsterte sie. Yazi zuckte zusammen und
warf den Hut sogleich wieder in ihre Truhe. Scham trieb ihr das Blut
in die Wangen, während sie sich reumütig vor Pofu
verneigte, die auf einem Schemel in der Zimmerecke hockte. Das
Gesicht der Generalin schien auf einmal viel älter als sie es in
Erinnerung hatte. Eingefallene Wangen hoben ein spitzes Kinn stärker
hervor. Die Lippen glichen zwei dünnen Strichen, umrahmt von
tiefen Falten an den Mundwinkeln.
         »Bitte
vergib mir meine Unhöflichkeit«, redete Yazi sogleich
drauflos. »Dieser Lao Wai, für dessen Sicherheit ich
verantwortlich bin, will alles Mögliche über unseren
Lebenswandel wissen und ich dachte, ich sollte ihm den Drachenhut
einer Hauptmännin vorführen.«
         Sie
erschrak selbst, wie leicht ihr diese Ausrede eingefallen war, denn
das Lügen gehörte für gewöhnlich nicht zu ihren
Verhaltensweisen. Doch Pofu schien nicht wirklich hingehört zu
haben, sie starrte nur weiter mit zusammengepressten Lippen vor sich
hin. Yazi wurde unwohl.
         »Ist
etwas geschehen?«, fragte sie leise. Es dauerte eine gefühlte
Ewigkeit, bis Pofu antwortete.
         »Kurz
vor dem Ende der Stunde des Affen waren einige Soldaten von Yang
Xiuqing, dem Ostkönig, hier, um Jinjing zu verhaften.«
         Yazis
Beine waren plötzlich so schwach, dass auch sie sich setzen
musste.
         »Warum?
Wegen der Scherze, die sie gemacht hat?«
         Pofu
hob ratlos die Hände.
         »Sie
gaben keine Gründe an, doch es muss daran liegen. Ihr wird
Aufsässigkeit und Respektlosigkeit gegenüber dem vierten
Gottessohn vorgeworfen. Das macht sie zu einer Verbündeten der
Dämonen.«
         Yazi
presste die Hände an ihre Schläfen, um dem Sturm in ihrem
Kopf Einhalt zu gebieten. Ein paar tiefe Atemzüge halfen ihr,
etwas ruhiger zu werden.
         »Sie
war tatsächlich frech«, meinte sie nach einer Weile.
»Dafür wird sie eine Strafe bekommen, vermutlich
Stockschläge. Das wird ihr eine Lehre sein, sich in Zukunft
vernünftiger zu verhalten.«
         Yazi
wollte nicht daran denken, wie sehr ihr Jinjings Frechheit manchmal
gefallen hatte.
         »Zur
Besserung wird sie keine Gelegenheit haben«, erwiderte Pofu
tonlos. »Der Ostkönig wünscht ihren Tod. Er schickt
seine Gegner als himmlische Fackeln zu Gott.«
         Yazis
Magen zog sich zusammen. Sie hatte von diesen Hinrichtungen gehört,
es aber bisher vermeiden können, dabei Zeugin zu sein. Fragen,
wie sie abliefen, hatte sie ganz bewusst nicht gestellt, denn es
hatte in letzter Zeit zu viele Entwicklungen gegeben, die ihr
missfielen. Nun blickte sie ratlos in Pofus Gesicht, der es sichtlich
schwerfiel, diese Todesart zu erklären.
         »Sie
werden mit Öl übergossen und öffentlich angezündet«,
flüsterte sie schließlich.
         Yazi,
die in den letzten Jahren Ströme von Blut hatte fließen
sehen, roch wieder das verbrannte Fleisch der Mandschu-Frauen vor dem
Stadttor. Ihr Magen revoltierte dagegen, sie krümmte sich und
hustete Schleim, da ihr Magen völlig leer war. Die Krämpfe
hörten nicht auf. Sie wollte schreien und um sich schlagen. Sie
wollte aus unerfindlichen Gründen zu dem weizenhaarigen Lao Wai
laufen, um sich an seiner Güte zu wärmen. Sie wollte
plötzlich wieder ein junges Bauernmädchen sein, das keine
anderen Sorgen kannte, als die tägliche Arbeit zur Zufriedenheit
seiner Eltern zu

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